Warum jetzt der perfekte Zeitpunkt für IT-Fachkräfte ist
Die Nachfrage an IT-Fachkräften und Quereinsteigern aus anderen MINT-Berufen ist so groß wie nie. Daraus ergeben sich neue Berufsbilder und Chancen für Absolventinnen und Absolventen – und wer jetzt mit dem Weg in die Selbstständigkeit liebäugelt, hat gute Karten.
Digitale Transformation – so lautet die Zauberformel, mit der die deutsche Wirtschaft ihren Zukunftserfolg zu beschwören versucht. Nur: Es fehlt an Menschen, die die Formel umsetzen könnten. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Studie des Digitalverbands Bitkom zum Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte. Demnach ist branchenübergreifend die Zahl freier Stellen für ITler 2021 auf 96.000 gestiegen. Das sind 12 Prozent mehr als im Vorjahr.
Ende 2021 konstatierten zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland einen Mangel an IT-Fachkräften. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass sich der IT-Fachkräftemangel in Zukunft noch weiter verschärfen wird.
IT-Ingenieur: Oft gesucht, selten gefunden
„Digitalisierung ist die Antwort auf Pandemie, Standortwettbewerb und Klimakrise, aber es fehlt an Expertinnen und Experten, um die Digitalisierung zu gestalten und zu treiben. Der IT-Fachkräftemangel trifft im Übrigen nicht nur die Wirtschaft, sondern auch den Staat, der bei der Besetzung von IT-Jobs oft das Nachsehen hat“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Tatsächlich fehlen vor allem auch im Bereich der IT-Sicherheit Expertinnen und Experten, etwa für den Schutz kritischer Infrastrukturen gegen Cyberangriffe, die immer aggressiver und zahlreicher werden.
Bis 2030 fehlen zwei Millionen MINT-Fachkräfte
„Der aktuelle Fachkräftemangel ist momentan in allen Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen ein großes Thema. Generell muss hier ein Umdenken bei der Akquise von Fachpersonal stattfinden. Andernfalls werden wir im internationalen Wettbewerb nicht bestehen können“, sagt Timo Lehne, Geschäftsführer von SThree. Die Personalberatung hat die aktuelle Situation in ihrer Studie „MINT-Fakten 2022“ zusammengefasst. Demnach fehlen bis 2030 in Deutschland rund zwei Millionen MINT-Fachkräfte, bis 2040 werden es 5 Millionen sein.
Um dem entgegenzuwirken, müsse Deutschland bürokratische Hürden abbauen, sagt Timo Lehne. „Dazu gehört beispielsweise, dass das Anwerben von Fachkräften aus dem europäischen sowie internationalen Ausland einfacher gestaltet wird. Dafür müssen besonders in der Verwaltung Schritte eingeleitet werden, die es für Experten aus dem Ausland attraktiver machen, ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlegen.“
Ein weiteres wichtiges Thema sei die Förderung von Frauen in IT-Berufen, die immer noch von Männern dominiert werden. Vor allem aber müsse man sich von allzu strikten Regularien bei der Personalsuche verabschieden, findet Lehne. Er glaubt, dass Quereinsteiger künftig wesentlich bessere Chancen haben werden. „Wir müssen uns von der Vorstellung eines ‚perfekten Lebenslaufs‘ verabschieden.“
Cybersicherheit: Diese Skills brauchen Sie im Security-Team
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sieht Lehne in Bezug auf den Arbeitsmarkt auch als Chance. „Unsere Arbeitswelt hat sich grundlegend gewandelt. Remote Work, vor nicht einmal zwei Jahren nur für wenige ein Thema, ist heute Standard.“ Die Pandemie wirke wie ein Beschleuniger für die Digitalisierung, IT-Expertise sei mehr denn je gefragt. „Viele Unternehmen mussten von einem auf den anderen Tag auf digitale Prozesse, Geschäftsideen und Formen der Zusammenarbeit umstellen. Das hat die Digitalisierung sehr deutlich ins Bewusstsein aller gerückt.“
Digitalisierung und Transformation werden oft missverstanden
Das gelte keineswegs nur für Großkonzerne, sagt etwa Anja Hendel, die einst Autobauer Porsche fit für die digitale Transformation gemacht hat und jetzt in der Geschäftsführung der VW-Tochter Diconium ist. Auch mittelständische Betriebe würden in naher Zukunft mit zunehmender Dringlichkeit IT-Fachkräfte suchen. „Gerade im Mittelstand ist es superwichtig, sich die Zeit zu nehmen und damit auseinanderzusetzen“, so Hendel.
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Dafür brauche es Menschen, die gestalten und Prozesse neu denken wollen. Denn es gehe nicht einfach nur darum, mehr digitale Technik zu nutzen. Die Begriffe Digitalisierung und digitale Transformation würden häufig missverständlich synonym gebraucht. „Es geht ja nicht darum, einfach Analoges ins Digitale zu überführen, also zum Beispiel Papier einzusparen. Das wäre reine Digitalisierung. Sondern es geht darum, wie sich unsere Arbeit verändert, was das mit uns Menschen macht und welchen Nutzen uns das bringt. Wir digitalisieren ja nicht um der Digitalisierung Willen, sondern weil wir für uns alle ein besseres Leben schaffen wollen. Das ist dann digitale Transformation“, so Hendel.
ITler haben ganz neue Möglichkeiten
Für Absolventinnen und Absolventen aus MINT-Fächern und IT-Studienrichtungen ergäben sich so ganz neue Möglichkeiten und Berufsbilder. „Egal, ob beim Thema Automatisierung, Digitalisierung oder Supply Chain, es wurde in den letzten Jahren deutlich, in welchen Bereichen Deutschland massiven Nachholbedarf hat.“ Jetzt werde endlich der Grundstein für viele notwendige Entwicklungen und Investitionen gelegt. „Viele Unternehmen sind jetzt bereit, die digitale Transformation voranzutreiben. Das war längst überfällig“, so Lehne.
IT-Probleme im Homeoffice selbst lösen? Keine gute Idee
Doch in welchem Unternehmen steckt am meisten Zukunft für Berufseinsteigerinnen und -Einsteiger? Für welche Branche sollte man sich entscheiden? „Viele Studierende streben nicht mehr den klassischen Karriereweg an, bei dem sie die Karriereleiter hinaufsteigen mit dem einzigen Ziel, irgendwann Chefin oder Chef zu sein“, sagt Anja Robert vom Career Center der RWTH Aachen. Vielmehr gehe es vielen darum, etwas nachhaltig zu verändern, etwa bei einem Start-Up. Und auch der Weg in die Selbstständigkeit komme für nicht wenige infrage: Die Unabhängigkeit und Freiheit von engen Strukturen in manchen Großkonzernen reize zahlreiche Absolventinnen und Absolventen.
Drei Gründe für den Weg ins Freelancertum
Aber wie hoch ist das Risiko? Ist es ratsam, zum Beispiel als IT-Fachkraft ins Freelancertum einzusteigen? „Aus Unternehmenssicht sind Freelancer eine unverzichtbare Ressource, um Projekte auf qualitativ hohem Niveau termingerecht abliefern zu können. Sie bringen wertvolles Wissen und vielfältige Erfahrungen mit. Dadurch sind sie nicht nur Helfer in der Not bei knappen Personalkapazitäten, sondern oft auch Treiber von Transformation“, sagt Timo Lehne. „Wenn MINT-Absolventinnen und -Absolventen mit dem Gedanken spielen, in die Freiberuflichkeit einzusteigen, dann ist aktuell ein sehr guter Zeitpunkt dazu. Wer seine Chance nutzen möchte, kann sich freuen, denn die Nachfrage wird nochmals steigen.“
So bekommen Sie das nötige IT-Know-how
Natürlich gebe es auch einige Herausforderungen, denen sich potenzielle Freelancer nach wie vor stellen müssen – aber gerade im Augenblick eine ganze Reihe an Vorteilen. Vor allem drei Punkte, die besonders für eine Tätigkeit als Freiberufler sprechen, nennt Lehne:
- Unabhängigkeit: „Als eigener Chef können Freelancer selbst darüber entscheiden, welche Projekte sie annehmen möchten und welche Anzahl an Stunden investiert werden sollen. Sie können wählen, ob Sie mehrere Projekte gleichzeitig annehmen oder ihren Fokus auf ein bestimmtes legen. Außerdem haben sie freie Hand bei der Urlaubsplanung.“
- Abwechslungsreichtum: „Als Freiberuflerin oder Freiberufler haben Sie es immer wieder mit wechselnden Projekten, Auftraggebern und gegebenenfalls Branchen zu tun. Das ist nicht nur auf persönlicher Ebene spannend, denn Freelancer erreichen so ein großes Spektrum an Wissen und Erfahrung und erhalten Einblick in unterschiedlichste Themen, Abteilungen und Unternehmen.“ Erfahrungen, die sehr wertvoll für die weitere Karriere sein können.
- Freiheit und Flexibilität: „Dieser Punkt ist mitunter der wichtigste Grund für viele Fachkräfte, in die Selbstständigkeit zu wechseln oder sich von Anfang an dafür zu entscheiden. Mit Blick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist dies ein großer Vorteil. Geschäftsreisen können selbst geplant werden, Arbeitszeiten werden selbst festgelegt und es besteht die Chance, Auftraggeber immer erst kennenzulernen, bevor man sich dafür entscheidet, für einen längeren Zeitraum für diesen zu arbeiten.“
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