Fachkräftemangel 10.05.2023, 09:52 Uhr

Ohne Fachkräfte keine Zukunft: Warum Deutschland auf Einwanderung angewiesen ist

Der Fachkräftemangel ist ein anhaltendes Problem in Deutschland und betrifft insbesondere die Bereiche Ingenieur- und Informatik. Der VDI startet nun ein Pilotprojekt, um ausländische Ingenieur*innen besser zu integrieren.

Fachkräftemangel

Zuwanderung als Antwort auf den Fachkräftemangel?

Foto: PantherMedia / Gorodenkoff

Mit 170.300 unbesetzten Stellen im Bereich der Ingenieurswissenschaften verschärft sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt enorm. Es herrscht ein Mangel an Bauingenieurinnen, Informatikerinnen und Elektrotechnikingenieur*innen, was sich in allen Bereichen bemerkbar macht. Öffentliche Bauprojekte können nicht vorangetrieben werden und Digitalisierungsprojekte bleiben auf der Strecke. Im Maschinenbau fehlen Ingenieure. Selbst für die Windenergiebranche stellt der Fachkräftemangel ein enormes Problem dar. Mit anderen Worten: für die Industrie ist der Fachkräftemangel das Problem Nr. 1.

Ohne qualifizierte Fachkräfte, wird es schwierig, Innovationen voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erhalten. Dazu kommt noch die Tatsache, dass die Zahl der Studienanfänger in der ingenieurwissenschaftlichen Kernflächen massiv abnimmt.

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Die Zahl der MINT-Studierenden sinkt

„Mit dem demografischen Wandel nimmt die Zahl der Studienanfänger*innen in ingenieurwissenschaftlichen Kernfächern, Maschinenbau oder Elektrotechnik in den letzten Jahren massiv ab“, sagte Dieter Westerkamp, VDI-Bereichsleiter „Technik und Gesellschaft“. „Im Studienjahr 2016 betrug die Zahl der MINT-Studierenden im ersten Hochschulsemester bundesweit noch rund 143.400 und sank stark auf 125.600 im Studienjahr 2022 ab. In den kommenden Jahren ist folglich mit einem deutlichen Rückgang der Absolventenzahlen zu rechnen“, kommentierte Prof. Dr. Axel Plünnecke vom IW in Köln diese Entwicklung.

Der Fachkräftemangel spitzt sich mit jedem Tag weiter zu. Es gibt viele Möglichkeiten, dieser Herausforderung zu begegnen. Ja, die Zeit drängt, denn der Fachkräftemangel, den wir heute spüren, wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen. Deshalb muss man schnell handeln, um das Problem noch in den Griff zu bekommen.

Auf eine starke Zuwanderung von ausländischen Fachkräften setzen

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Nutzung des Fachkräfte-Potenzials am Standort Deutschland. Auch Frauen müssten mehr für Ingenieur- und Informatikerberufe motiviert werden. Zudem müssen ausreichende Aus- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung gestellt werden, um das vorhandene Potenzial optimal zu nutzen. Eine weitere Option besteht darin, auf eine starke Zuwanderung von ausländischen Fachkräften zu setzen. Denn es ist offensichtlich, dass ohne Einwanderer diese Lücke nicht geschlossen werden kann.

Angesichts dieser Situation sieht Dieter Westerkamp es als positive Entwicklung an, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Maßnahmen ergreifen möchte, um die Einwanderungskriterien und bürokratischen Hürden zu entschärfen. „Es ist ein erster wichtiger Schritt. Deutschland muss sich fit machen für den weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe“, sagt Westerkamp. “Darüber hinaus müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um die internationalen Fachkräfte, die wir mühsam gewonnen haben, auch länger in Deutschland zu halten. Wir müssen eine Willkommenskultur entwickeln“, so er weiter.

Einwanderung von Fachkräften als Chance

Doch wenn Deutschland erfolgreich sein will, muss es die Einwanderung von Fachkräften als Chance sehen und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. „Nur mit einer qualifizierten Zuwanderung können wir Wohlstand und zukünftiges Leben und Arbeiten in Deutschland sichern“, resümierte Westerkamp.

Dabei sind eine schnellere Bearbeitung der Visa-Anträge, einfaches Anerkennungsverfahren und eine attraktive Willkommenskultur für Fachkräfte notwendig, um die Hürden für eine Einwanderung zu reduzieren.

Und nicht nur das: Eine weitere wichtige Maßnahme, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, besteht darin, ausländische Studierende verstärkt nach Deutschland zu holen und noch wichtiger – sie zu halten. Deshalb sollte man ihnen nach dem Studium attraktive Jobangebote unterbreiten. Deutschland muss auch für bereits gut ausgebildete Fachkräfte attraktiv werden. Diejenigen, die bereits erfolgreich sind und viel in ihrem Beruf in Deutschland erreicht haben können als Vorbilder fungieren und weitere Fachkräfte motivieren nach Deutschland zu ziehen, hier zu studieren und hier später zu arbeiten.

Pilotprojekt von VDI

Das Ziel ist klar: Eine nachhaltige Beschäftigung ausländischer Ingenieure und Studierender in Deutschland. Deshalb hat der VDI gemeinsam mit dem Bundesarbeitsministerium ein Pilotprojekt gestartet, um zugewanderte Ingenieure in verschiedenen Bezirken besser zu integrieren. Es sind drei Maßnahmen geplant: Erstens eine Qualifizierungsreihe, um Brücken zu Zukunftstechnologien zu schlagen. Zweitens ein Mentoring- und Coaching-Programm, bei dem Mitglieder des VDI ausländischen Ingenieurinnen und Ingenieuren helfen, sich in die Arbeitswelt und Gesellschaft zu integrieren. Und drittens Netzwerk-Veranstaltungen vor Ort, die den Austausch zwischen ausländischen und deutschen Ingenieurinnen und Ingenieuren auf Augenhöhe fördern sollen. Die VDI-Bezirksvereine in Aachen, Bochum und Ostwestfalen-Lippe sind die ausgewählten Pilotstandorte für das Projekt.
Der VDI möchte damit zeigen, dass eine nachhaltige Integration von ausländischen Fachkräften möglich ist.

Mehr zu diesem Thema können Sie im Ingenieurmonitor lesen. Er beleuchtet im speziellen Teil „Ausländische Beschäftigte“ die Auswirkungen der Zuwanderung auf die Fachkräftesicherung in den Ingenieur- und Informatikerberufen.

Mehr zum Thema Fachkräftemangel finden Sie auch in unserem neuen Karriereführer.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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