Energiekrise: Solar- und Windenergiebranche fehlen tausende Fachkräfte
Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KoFa) am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat den Fachkräftebedarf in der deutschen Solar- und Windenergiebranche untersucht und stellte fest: Der Fachkräftemangel ist gewaltig. Vor allem im handwerklichen Bereich gibt es große Beschäftigungspotenziale.

Allein in der Solar- und Windenergiebranche fehlen etwa 216.000 Fachkräfte.
Foto: PantherMedia / juanbuades
In Zeiten der Energiekrise hat der Ausbau der Erneuerbaren Energien eine enorme Bedeutung. Aber gibt es genug Fachkräfte dafür? Allein um die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Wind- und Solarenergie bis zum Jahr 2030 zu erreichen und den schnelleren Ausbau von Wind- und Solarenergie zu forcieren, muss auch die Zahl der einzusetzenden Fachkräfte in diesen Bereichen steigen.
In der KoFa Studie wurde u.a. untersucht, welche Fachkräfte dafür benötigt werden und was noch interessanter ist, ob sie auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind. Schließlich muss man die bereits passend qualifizierten Mitarbeitenden für die Wind- und Solarenergie nicht nur akquirieren können, sondern auch weitere Fachkräfte qualifizieren und Nachwuchskräfte gewinnen und sie auch ausbilden.
In der Solar- und Windenergiebranche fehlen 216.000 Fachkräfte
„Die Studie macht vor allem deutlich, dass in der Energiewende eine große Chance liegt. Die Branchen der Erneuerbaren Energien bieten quer über alle Ausbildungsniveaus hinweg zahlreiche, sichere Arbeitsplätze in zukunftsfesten Bereichen“, kommentierte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie BWE die Ergebnisse der Studie. Wegen der dezentralen Strukturen der Erneuerbaren seien die Arbeitsplätze nicht nur auf die Metropolregionen konzentriert, sondern über das ganze Land verteilt. Allein in der Solar- und Windenergiebranche fehlen etwa 216.000 Fachkräfte.
In der KOFA-Studie 3/2022 wurde unter anderem untersucht, welche Berufsbilder für den Ausbau der Solar- und Windenergie notwendig sind. Wichtig dabei ist auch die Frage, wie es derzeit in diesen Branchen mit den Fachkräften aussieht. Es wurden dabei 190 Berufe identifiziert, die für den Ausbau der Solar- und Windenergie benötigt werden. Für die Hälfte davon wurde bereits jetzt ein Fachkräftemangel festgestellt.
Offene Stellen können nicht besetzt werden
Der Studie zufolge gibt es über alle relevanten Berufe hinweg in vielen Branchen sehr viele offene Stellen, die bereits heute nicht besetzt werden können. Denn: In ganz Deutschland gibt es dafür unter den Arbeitslosen keine passend qualifizierten Kräfte.
Ein Beispiel: Mittlerweile wünschen sich viele Hausbesitzer eine Solaranlage auf das Dach ihrer Häuser installieren zu lassen. Für den Ausbau der Solarenergie in Privathaushalten werden in erster Linie Handwerker eingesetzt. Die Anlagen auf Dachflächen werden vor allem von Dachdeckern oder Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikern installiert, während Elektriker die Anlagen ans Stromnetz anschließen. Geht es dabei um einen größeren Solarpark, kommen zusätzlich Ingenieure und Ingenieurinnen zum Einsatz.
Große Fachkräftelücken über alle Branchen hinweg
Beim Ausbau der Windenergie werden vor allem Ingenieure, Servicetechniker und Fachkräfte aus Bauberufen benötigt. Der Bau einer Windkraftanlage erfordert viele Fachkräfte sowohl mit beruflichen als auch akademischen Abschlüssen aus den Bereichen Metallbau, Hochbau, Tiefbau, Beton- und Stahlbau, Wasserbau und Bauelektrik. Für den Betrieb und die Wartung von Anlagen seien Servicetechniker und Servicetechnikerinnen nötig. Sie verfügen meist über einen technischen oder handwerklichen Berufsabschluss (z. B. Elektro- und Energietechnik, Mechanik, IT). Für die Wartung und den Betrieb kommen auch IT-Experten und Ingenieure (z. B. aus den Fachrichtungen Maschinenbau oder Elektrotechnik) zum Einsatz.
Elektrik-Fachkräfte – Nadelöhr für die Energiewende
Besonders wichtig seien der Studie zufolge in der Wind- und Solarenergie-Branche Elektrik-Fachkräfte. Sie werden sogar als „Flaschenhals“ bezeichnet. Grund dafür sei ihre Qualifikation, die aufgrund der gesetzlichen Regelungen und des Arbeitsschutzes für die Arbeiten mit Starkstrom alternativlos ist. Sie werden auch stark in anderen Bereichen nachgefragt.
Aber auch die Bereiche Informatik, Bauplanung, Maschinenbau und Mechatronik sind dieser Studie zufolge stark nachgefragt. Außerdem wurden in der Studie große Fachkräftelücken in der Bauelektrik, der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie der Informatik festgestellt.
Wie kann man dem Fachkräftemangel entgegenwirken?
Die Studie spricht verschiedene Handlungsempfehlungen an: sowohl für Unternehmen als auch für die Politik. Dabei kann man auf folgende Maßnahmen setzen:
- In Berufsorientierung investieren
- Frauen für die Solar- und Windenergieberufe begeistern
- Attraktive Arbeitsbedingungen gestalten
- Imagekampagne für die Branche aufsetzen
- An- und Ungelernte über Teilqualifikationen qualifizieren
- Ausbildungsmarketing für Solar- und Windenergieberufe ausbauen
- Matching zwischen Auszubildenden und Ausbildungsstellen verbessern
- Stabile Rahmenbedingungen für die Branche schaffen
- Gesellschaftliche Akzeptanz des Ausbaus der erneuerbaren Energien weiter verbessern
- Betriebe beim Einstieg in die erneuerbaren Energien unterstützen
- Aus- und Weiterbildung für die Energiewende fördern
- Interesse für Technik fördern und Berufsorientierung früh beginnen
- Mehr Fachkräfte in Genehmigungsbehörden einsetzen
- Internationale Fachkräfte sowie Auszubildende und Studierende gewinnen
Erneuerbare Energien als Jobgarant
„Der Ausbau der Erneuerbaren Energien, insbesondere der beiden Leistungsträger Windenergie und Photovoltaik, wird in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Die Bundesregierung hat hier auf Jahrzehnte hinweg ambitionierte Ziele gesetzt. Das macht die Erneuerbaren in vielerlei Hinsicht zu Zukunftsbranchen: notwendig für den Aufbau eine unabhängigen und nachhaltigen Energieinfrastruktur, aber auch auf Jahre hinweg ein sicherer Jobgarant in allen Bereichen des starken Wertschöpfungsnetzwerkes“, kommentierte Albers. Die Politik muss daran arbeiten, diese Potenziale zu entfesseln. „Der ambitionierte Ausbau der Erneuerbaren Energien liefert Wertschöpfungs- und Beschäftigungschancen“, resümierte Präsident des Bundesverbands WindEnergie BWE.
Ein Beitrag von: