Heiko Mell 11.02.2024, 14:36 Uhr

Mit dem Chef in die Selbstständigkeit?

Heiko Mell, der renommierte Karriereberater, widmet sich eingehend der Frage seines Lesers bezüglich des Schrittes in die Selbstständigkeit zusammen mit dem eigenen Chef. In seinem fundierten Ratgeber erörtert er die verschiedenen Aspekte und Herausforderungen einer solchen Partnerschaft.

Partnerschaft

Die Selbstständigkeit mit dem Ex-Chef birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen.

Foto: PantherMedia / tatsianama

3.246. Frage/1:

Ich arbeite in der Tochtergesellschaft eines XY-Unternehmens. Wir haben mehrere Niederlassungen, von denen eine von unserem Geschäftsführer geleitet wird. Dort ist er mein direkter Chef; ich leite immer wieder wechselnde Projektteams.

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Mein Chef und ich arbeiten seit vielen Jahren erfolgreich, eng und gerne zusammen. Auch menschlich verstehen wir uns ausgezeichnet. Er hat allerdings Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten in der Firmengruppe. Mächtige Feinde schießen mittlerweile offen gegen ihn. Bisher verschafften ihm allerdings unsere guten Geschäftsergebnisse einen Schutzschirm. Ich halte es nur noch für eine Zeitfrage, bis entweder er geht oder man sich von ihm trennt.

Nun hat mein Chef in einigen unserer Gespräche davon gesprochen, ein Sachverständigenbüro zu gründen. Das nötige Wissen und das Interesse am Fachgebiet wären bei ihm vorhanden. Bei mir ebenfalls, insofern wäre es denkbar, dass er mich fragt, ob ich mitmachen würde. Was mich auch tatsächlich reizen könnte.

Loyalitätspflicht gegenüber dem Unternehmen

Antwort/1:

Also hat er Ihnen bisher noch kein konkretes Angebot gemacht. Aber gehen Sie einmal davon aus, dass er an Ihrer Mitarbeit bei diesem Vorhaben interessiert ist, sonst hätte er nicht mit Ihnen darüber gesprochen. Vielleicht scheut er auch aus verständlicher Vorsicht die klaren Worte Ihnen gegenüber: Wenn er Ihnen ein Angebot machte, die Firma zu verlassen, verstieße er klar gegen seine Loyalitätspflicht dem Unternehmen gegenüber. Wenn er ohnehin auf der „Abschussliste“ steht und die Abwerbung eines seiner Mitarbeiter publik würde, könnte das für die nächsthöhere Ebene das Fass zum Überlaufen bringen.

Also wartet er auf Ihre Anfrage an ihn – dann fühlt er sich besser. Juristisch ist das kaum von Belang – man braucht keinen Grund, um einen Geschäftsführer zu entlassen. Aber auch die Konzernzentrale fühlt sich besser, wenn sie der Öffentlichkeit gegenüber eine Begründung geben kann.

Gemeinsamer Schritt vom früheren Ex-Chef und Ex-Mitarbeiter in die Selbstständigkeit

Frage/2:

Fachlich läge eine Sachverständigen-(SV)-Tätigkeit entlang des „roten Fadens“ meines Lebenslaufes. Nur der Wechsel weg vom operativen Geschäft würde einen „Versatz“ zur Seite hin bedeuten.

Wie beurteilen es die Empfänger eines Lebenslaufes bei eventuellen späteren Bewerbungen, wenn man dem früheren Chef in die Selbstständigkeit gefolgt ist und es dann schiefgeht? Dabei wären für mich diese beiden Varianten denkbar:

  1. Gemeinsamer Schritt vom früheren Ex-Chef und Ex-Mitarbeiter in die Selbstständigkeit, etwa als Partner o. ä., also kein (offizielles) Chef-Mitarbeiter-Verhältnis mehr.
  2. Ich als Ex-Mitarbeiter trete als Mitarbeiter in das vom Ex-Chef gegründete Büro ein, wir begründen ein neues Chef-Mitarbeiter-Verhältnis.

Variante 1 birgt sicher mehr Probleme in sich. Über Abstecher aus dem Angestellten-Verhältnis in die Selbstständigkeit haben Sie bereits geschrieben. Ich erinnere mich an Ihre Aussage, dass ein solcher Schritt auch etwas über die nicht gegebene Zufriedenheit mit dem Angestelltenstatus aussagt und eine spätere Rückkehr erschwert. Aber deutet ein solcher Wechsel von mir nicht auch auf besondere Zufriedenheit des Vorgesetzten mit seinem Mitarbeiter hin?

Heiko Mell

Karriereberater Heiko Mell.

Variante 2 dürfte in einem ansonsten unauffälligen Lebenslauf ohne große Schwierigkeiten unterzubringen sein. Wie schätzen Sie meine Überlegungen ein?

Antwort/2:

Reduzieren wir erst einmal die 
Anzahl der zu betrachtenden Problemfelder – und schließen wir Ihre Variante Nr. 2 (Sie als Angestellter bei Ihrem dann selbstständigen Chef) aus. Das ist formal ein reiner Arbeitgeberwechsel, wobei sich allerdings Ihre Tätigkeit fühlbar verändern würde.

Es gibt allerdings in Ihren Ausführungen keinen Hinweis daraus, dass Sie etwa „schon immer“ vom Beruf des Sachverständigen geträumt hätten und nun kurz vor der Verwirklichung Ihres brennendsten beruflichen Wunsches stünden. Es heißt bei Ihnen nur: „Was mich auch tatsächlich reizen könnte.“

Das ist zu wenig, gerade auch im Hinblick auf die beträchtlichen Risiken, die mit einer „Firmenneugründung“ verbunden wären. Ihr Chef ist ja auch noch unbewährt in der Führung eines Sachverständigenbüros. Kann er Aufträge beschaffen? Es geht immer nur um Aufträge! Will und kann er Anfangsdurststrecken finanzieren und Ihr Gehalt garantieren, auch bei zunächst noch großen Auslastungslücken? (Brauchen Sie nicht auch noch eine besondere Qualifizierung, wenn Sie als Sachverständiger arbeiten wollen?).

Diese Variante Nr. 2 bringt Ihnen zu wenig, ich würde sie ausschließen.

Gefahr des Scheiterns

Bleibt Nr. 1: Der Wechsel vom Angestellten-Status zur Selbstständigkeit ist durch zwei höchst unterschiedliche Aspekte geprägt, von denen vor allem der erste eine große Versuchung darstellt: Dieser Wechsel ist sehr leicht und jederzeit nahezu problemlos durchzuführen – Sie können das mit dem kaputtesten Lebenslauf in jedem Alter realisieren, es geht grundsätzlich so gut wie immer.

Leider ist die Gefahr des Scheiterns sehr groß, vor allem dann, wenn Sie den Schritt nicht sorgfältig genug vorbereitet hatten. „Kein Kapital, um die erste Durststrecke durchzustehen“ und „keine Aufträge, die allein das Überleben garantieren“ sind auch hier die häufigsten Gründe. Wenn Sie scheitern, wollen Sie in der Regel zurück ins Angestelltenverhältnis – stoßen dabei aber auf diverse Bedenken bei den Bewerbungsempfängern. Am besten sehen Sie den Schritt in die Selbstständigkeit als „way of no return“ an, dann ersparen Sie sich Enttäuschungen.

Und in Ihrem Falle käme dann auch noch der „Seitensprung“ vom operativen Geschäft zur rein sachlich orientierten, stark an bestehenden Vorschriften und Regelwerken orientierten Sachverständigentätigkeit hinzu.

Sie bringen dann noch den Vertrauensbeweis und die daraus abzuleitende hohe Meinung ins Spiel, die Ihr bisheriger Chef Ihnen gegenüber demonstriert, wenn er Sie mit in die Selbstständigkeit nimmt. Das ist richtig; da spätere Bewerbungsleser ihn aber nicht kennen, können sie auch nicht den Wert seines Angebots abschätzen. Ein tolles Einser-Zeugnis Ihres bisher arbeitgebenden Konzerns hätte etwa den nämlichen Wert. Würde man Ihren Chef dort noch entlassen, bedeutete sein Wohlwollen sogar eher weniger.

Meine größten Bedenken aber liegen in der „Firmenkonstruktion“ für Ihre Variante Nr. 1. Einmal ist nicht geklärt, ob Ihr aktueller Chef Sie überhaupt als selbstständigen Partner haben will, aber das könnten Sie vorher herausfinden. Vermutlich würde er gern die Mehrheit der Anteile haben und seine gewohnte Rolle als Ihr Chef weiter spielen. Das wiederum geht, wie ich selbst erlebt habe, nicht in allen Rechtsformen, manche lassen nur gleichberechtigte Partnerschaften zu. Hier kann Sie ein Anwalt vorher beraten.

Unbegrenzte Macht des Eigentümers

Dann aber sind wir beim Kern der Angelegenheit: Sie kennen Ihren Chef bisher nur als Angestellten, der seinerseits Vorgesetzte hat und sich innerhalb eines größeren Unternehmens an bestimmte Regeln und Gepflogenheiten hält, weil er das muss, wenn er dort einigermaßen komfortabel überleben will. Es ist denkbar, dass aus Ihrem so geschätzten, Ihnen langjährig vertrauten Chef ein völlig anderer Mensch wird – wenn er nun ein Büro leitet, das ihm (zumindest mehrheitlich) gehört, wenn er dort nahezu absolut souverän agieren kann und wo er weder der Richtlinienkompetenz von Vorgesetzten, noch den Ritualen einer größeren Gemeinschaft unterworfen ist. Als Eigentümer (oder Mehrheitseigner) der neuen Firma hat er intern nahezu unbegrenzte Macht – und Macht korrumpiert den Menschen nur allzu gern.

Ein willkürliches Beispiel: Bisher hat er ein ihm vorgegebenes Budget verwaltet, hat er Geld ausgegeben, das ihm nicht gehörte. Nun aber fehlt ihm jeder 100-€-Schein, den z. B. Sie kosten, Weihnachten in seiner privaten Geldbörse. Solche Wechsel der Gegebenheiten haben schon zu erstaunlichen Veränderungen bei Menschen geführt, denen man vorher so etwas nie zugetraut hätte. Ich weiß, wovon ich hier schreibe. Dieser plötzliche Machtzuwachs, der auf einmal keinem Regulativ mehr unterworfen ist, kann auch bei der Gestaltung der bürointernen Strukturen, bei der Aufgabenverteilung, der Festlegung von Verantwortungsbereichen und Vollmachten in einer für Sie negativen Art und Weise durchschlagen. Oder aber: Das Geschäft läuft sehr gut, Umsatz und Ertrag erreichen Höchstwerte. Ihr „alter Chef“ kennt Sie vielleicht als Mitarbeiter in der Einkommenskategorie von ca. 
85 000 €. Plötzlich aber muss er (so sieht er es dann) Ihnen vertragsgemäß 250 000 € auszahlen. Er mag Ihnen „alles“ gönnen, aber das ist dann doch „viel zu viel“, darüber könnte er sich maßlos ärgern, was wiederum Ihnen schaden würde.

Fazit: Sie beide „spielen“ heute nach vorgegebenen Regeln in einem größeren Rahmen. Sie können nicht wissen, wie sich das unter anderen Bedingungen entwickelt.

Und dann fällt mir bei Ihrer Darstellung der ganzen Angelegenheit noch auf, dass Sie doch mit ziemlich „gebremstem Schaum“ an die Angelegenheit herangehen. Weder der Sachverständigen-Status, noch die lockende Selbstständigkeit sind imstande, das große „Begeisterungs-Feuer“ bei Ihnen zu entfachen. Da wird sorgfältig abgewogen, da werden Pläne für den Fall des Scheiterns gemacht – das alles ist mir ein bisschen zu wenig, um jene auf ein klares Ziel kompromissarm ausgerichtete Einstellung erkennen zu können, die zu solch einem großen Schritt nun einmal dazugehört.

Was macht man im Falle einer Niederlage ?

Um es einmal überspitzt auszudrücken: Keiner der großen siegreichen Feldherren der Geschichte hat sich vorher überlegt, was er im Falle einer Niederlage macht; sie alle haben unerschütterlich an ihren Sieg geglaubt (die Schwäche dieses Beispiels liegt darin, dass auch die meisten der unterlegenen Feldherren vorher unerschütterlich an ihren Sieg geglaubt hatten, wie etwa Napoleon bei Waterloo).

Ich will es so zusammenfassen: Der Wechsel des Angestellten in einen anderen Bereich seines Arbeitgebers ist eine ernstzunehmende Veränderung. Der Wechsel in ein anderes Unternehmen ist ein großer, herausfordernder Schritt. Der Weg in die Selbstständigkeit jedoch ist ein Dimensionssprung, der sehr deutlich über die beiden anderen Wechsel hinausgeht. Das damit angestrebte Ziel muss man von ganzem Herzen wollen – und dann konsequent angehen.

Als kleiner „Test“ am Rande: Angestelltenstatus und Selbstständigkeit sind grundverschieden und stellen höchst unterschiedliche Anforderungen. Wer ohne „Reibungsverluste“ perfekt in die Selbstständigkeit hineinpasst, kann eigentlich kein „Vorzeige-Angestellter“ (gewesen) sein – und umgekehrt. Ihr Chef, mit seinen „mächtigen Feinden im Konzern“ im Rücken, die er trotz guter Gewinne hat, könnte diesen Test durchaus mit positivem Ergebnis bestehen, Sie eher nicht.

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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