Heiko Mell 01.01.2016, 12:51 Uhr

Sollte man eine Insolvenz bei der Bewerbung erwähnen?

Das mittelständische Unternehmen, bei dem ich seit … Jahren als Leiter … … tätig bin, hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Bisher habe ich jedoch noch keine Kündigung erhalten.

1. Soll ich jetzt ein Zwischenzeugnis beantragen oder mich ohne Nachweise über die derzeitige Tätigkeit woanders bewerben?

2. Wie formuliert man den Insolvenztatbestand in einem Zeugnis?

3. Erwähne ich im Bewerbungsschreiben das Insolvenzverfahren? Wie könnte man das formulieren?

Antwort:

Sie als Ingenieur sind juristischer Laie. Also dürfen Sie sich auch wie ein solcher benehmen. Halten Sie sich gar nicht erst mit feinsinnigen Unterschieden auf zwischen „Antrag auf …“ und „Eröffnung des …“ und dergleichen, obwohl es die beim Thema Insolvenz gibt.

Für jeden Angestellten gilt: Existenzbedrohende wirtschaftliche Schwierigkeiten des arbeitgebenden Unternehmens sind stets ein ernstes Warnsignal, die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes ist gefährdet, die Vorbereitung und gegebenenfalls Einleitung von Maßnahmen (z. B. Bewerbungen) ist angesagt. Das gilt auch, wenn von Insolvenz noch keine Rede ist.

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Niemand kann es dem Angestellten übel nehmen, wenn er in dieser Phase in Vorstellungsgesprächen seine Sorge um den Fortbestand des Arbeitsplatzes deutlich macht. Allerdings muss er aufpassen: Noch sind das alles nur Gerüchte und Vermutungen; nach dem Prinzip, dass man sich niemals schlecht oder sogar geschäftsschädigend über seinen Arbeitgeber äußert, ist Zurückhaltung angesagt. Schließlich ist der Bewerber noch immer in der Loyalitätspflicht gegenüber dem ihn bezahlenden Unternehmen.

Also nicht: „Der Laden ist praktisch pleite“, sondern mehr mit Andeutungen arbeiten, Vermutungen als solche bezeichnen, die eigene Verpflichtung zur Loyalität offen betonen – und dennoch anklingen lassen, dass man beispielsweise jetzt keine Entwicklungsperspektiven mehr sieht, dass die Realisierung geplanter größerer Investitionen nicht mehr sicher zu sein scheint etc.

Und in die schriftliche Darstellung (Anschreiben) nimmt man besser nur auf, was öffentlich bekannt ist („allgemeine Umsatzrückgänge in der Branche mit den zu erwartenden Gegenmaßnahmen des Unternehmens bewegen mich zur Neuorientierung“) oder man schreibt, was schon in der Presse gestanden hat.

Eine völlig andere Situation ergibt sich, wenn der Arbeitgeber Insolvenzantrag gestellt – also laienhaft gesehen das Wort „Pleite“ selbst in den Mund genommen hat. Das ist dann die offizielle Entlastung von etwaigen Illoyalitätsvorwürfen, diese Antragstellung darf erwähnt werden; sie gilt als Aufforderung an die Mitarbeiter, sich anderweitig umzusehen – und wird von jedem Bewerbungsempfänger als Begründung akzeptiert und verstanden.

Also zu 1: Sofort bewerben, auch ohne Zwischenzeugnis. Nur keine Angst, die Regel lautet: Niemand muss ein Zwischenzeugnis haben.

Parallel dazu – aber unbedingt auch sofort – bitten Sie um Ausstellung eines Zwischenzeugnisses. Beachten Sie: Mit dem Insolvenzantrag beginnt das Auseinanderbrechen der Firma, täglich gehen Mitarbeiter weg, eines Tages mag auch Ihr Chef plötzlich nicht mehr da sein. Also bitten Sie Ihren Vorgesetzten um ein solches Dokument, warten Sie nicht auf den „Dienstweg“ über die Personalabteilung (die hat jetzt auch andere Sorgen).

Zu 2: Solange die Insolvenz nicht endgültig amtlich bestätigt wurde (bisher ist in Ihrem Falle ja nur ein Antrag gestellt), scheuen sich viele Firmen, das Katastrophenwort überhaupt offiziell hinzuschreiben. Man könnte zwar völlig problemlos in ein Zwischenzeugnis schreiben: „Die Ausstellung des Zwischenzeugnisses erfolgt auf Wunsch von Herrn Lehmann im Zusammenhang mit dem von uns gestellten Insolvenzantrag.“ Aber wenn sich das Unternehmen dabei besser fühlt, reicht auch ein kommentarloser Hinweis: „… erfolgt auf Wunsch von Herrn Lehmann.“ Wenn Sie dann in Anschreiben und Lebenslauf den Insolvenzantrag erwähnen, geht das völlig in Ordnung, der Leser glaubt Ihnen das auch ohne Bestätigung im Zwischenzeugnis.

Zu 3: Also ja. Beispiel: „Kürzlich (oder: am …) hat mein Arbeitgeber leider Insolvenzantrag stellen müssen.“ Das versteht jeder – und jeder kann Ihre Motive nachvollziehen.

Kurzantwort:

Der Bewerber muss sehr vorsichtig damit sein, Gerüchte oder Vermutungen über wirtschaftliche Probleme seines Arbeitgebers „unter die Leute zu bringen“. Hat diese Firma aber Insolvenzantrag gestellt, darf er das offen sagen – und als Grund für die Bewerbung angeben.

Frage-Nr.: 1720
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 50
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2002-12-20

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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