Heiko Mell 19.03.2018, 11:11 Uhr

Sollte ich mit einer unabgeschlossenen Dissertation in ein Unternehmen einzusteigen oder diese Arbeit außerhalb eines Angestelltenverhältnisses fertigstellen?

Frage/1:

Nach meinem Hochschulstudium an der TU … hatte ich vor ca. fünf Jahren eine befristete Stelle mit Promotionsmöglichkeit an einer Außenstelle eines Universitätsinstituts angenommen. Diese Außenstelle wurde vor einem Jahr geschlossen.

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Dies hat mich vor die Wahl gestellt, entweder mit einer unabgeschlossenen Dissertation in ein Unternehmen einzusteigen oder diese Arbeit außerhalb eines Angestelltenverhältnisses fertigzustellen. Ersteres schien mir weder für den potenziellen Arbeitgeber noch für die Qualität der Doktorarbeit eine gute Lösung zu sein. Daher habe ich entschieden, diese in Vollzeit nach der Beschäftigung am Institut zu finalisieren.

Rein formell bin ich somit arbeitslos, wobei in anderen Disziplinen zum Teil gänzlich ohne Anstellung promoviert wird.

Wie wird diese Konstellation in der Industrie bewertet? Welche Zeitspanne nach Vertragsende ist noch akzeptabel? Falls meine Entscheidung aus Ihrer Sicht deutlich negativ gewertet wird: Wie sähe eine geeignete Kommunikationsstrategie aus?

Antwort/1:

Ich versuche einmal einen ganz vorsichtigen Einstieg: Studenten, die mit dem Dipl.-Ing. TU oder Master ihre Studien beenden und in die Praxis eintreten, haben so gut wie niemals besondere Probleme – über die speziellen Schwierigkeiten und Fragen der Doktoranden jedoch ließen sich mühelos Bücher schreiben. Das Thema prägt diese Reihe seit 1984. Jetzt müsste nur noch jemand sagen können, warum das so ist.

Erlaubt ist diese Annahme: Irgendetwas an der heutigen Gestaltung des Promotionsprojektes ist nicht so klar und eindeutig, wie es sein sollte. Stimmen Sie dem lieber zu. Denn sonst bleibt nur noch die Vermutung: Die Doktoranden selbst sind die eher schwierigen Menschen, sie ziehen die Probleme förmlich an. Das aber will niemand sagen und niemand (der Betroffenen) hören.

Versuchen wir es einmal so: Ein Mensch ist entweder Student oder gerade Diplomand/Masterand oder Entwicklungsingenieur oder schon Abteilungsleiter – jeweils der höchste erreichte Status gilt, der Rest ist Vergangenheit (natürlich war auch der Abteilungsleiter einmal Student, aber das ist vorbei).

Der „arme“ Doktorand hingegen ist in der Regel irgendwo angestellt, gern als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Umfeld des öffentlichen Dienstes. Und zusätzlich verfolgt er sein Promotionsprojekt, denkt er. Und sieht sich in der Regel vor allem als Angestellter, der grundsätzlich den üblichen Regeln für Industrieangestellte unterworfen ist und eben zusätzlich noch das „Sahnehäubchen“ des Doktoranden trägt.

Wer die Hochschul-/Institutslaufbahn anstrebt, mag das so sehen. Die Industrie als künftiger Arbeitgeber jedoch sieht das eher nicht so.

Versuchen Sie doch einmal, ein paar Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter (öffentlicher Dienst) am Institut zu arbeiten und gar kein Promotionsvorhaben zu verfolgen, keinen Doktor anzustreben, am Schluss der Tätigkeit natürlich auch keinen vorweisen zu können – und auf der Basis als Bewerber Begeisterungsstürme in der Industrie zu entfachen.

Nein, für ein klassisches Unternehmen mit wirtschaftlichen Zielen und Interessen steht in jener Phase das Promotionsprojekt des Kandidaten im Mittelpunkt seines Interesses. Es geht um das Dissertationsthema, um die wissenschaftliche Vertiefung eines Fachthemas und das dabei gesammelte Wissen und Können. Die „begleitende“ Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter während dieser Zeit ist metierüblich, nährt und kleidet den Kandidaten in jener Phase – und bringt ihm und seinen primären Vorhaben natürlich auch noch zusätzliche Erfahrungen (es sei denn, er hätte nur Vorlesungen vorbereitet oder Förderanträge gestellt). Aber vorrangig geht es dem Unternehmen in jener Phase um die Realisierung des Ziels, dafür akzeptiert es ja auch eine Anstellung nach den Regeln des öffentlichen Dienstes, die es sonst kaum als Empfehlung ansieht.

Also: Ein Vorhaben von zentraler Bedeutung wie die Promotion sollte nicht scheitern, eine vorzeitige Beendigung der Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter aus sachlichen Gründen ist demgegenüber weniger bedeutsam. Damit ist auch klar, geehrter Einsender, dass Ihre Grundentscheidung richtig war: Die Fertigstellung der Dissertation aus formeller Arbeitslosigkeit heraus ist nicht so schlimm (solange Ihre finanziellen Reserven oder anderweitigen Einkünfte zum Leben ausreichen).

Übrigens, die Warnung scheint mir erforderlich zu sein, gilt das alles nicht in gleichem Maße für eine Industriepromotion bei gleichzeitiger Anstellung durch ein Unternehmen. Die ähnelt der späteren Beschäftigung als Dr.-Ing. eines solchen Betriebes doch so sehr, dass schon hier die späteren Regeln deutlich stärkere Bedeutung haben.

Frage/2:

Inzwischen habe ich einen Entwurf meiner Dissertation fertiggestellt. Ich muss jedoch feststellen, dass sich passende Einstiegspositionen in der Industrie kaum termingenau finden lassen. Ursprünglich hatte ich eine Übergangsfrist von drei Monaten eingeplant, inzwischen sind bereits sechs Monate seit Vertragsende vergangen.

Zu wieviel Kompromissbereitschaft bei der Stellensuche würden Sie mir raten?

Antwort/2:

Sie haben ja noch ein zweites Problem: Industrieunternehmen suchen, sofern sie entsprechend interessiert sind, einen – fertigen – Dr.-Ing. Sie hingegen sind im Moment nur ein Master mit fertigem Entwurf einer Dissertation. Was kann alles noch geschehen, bis Sie mit dem Projekt fertig sind!

Unternehmen wollen in der Regel keine Kandidaten anstellen, die evtl. auf Wunsch des betreuenden Professors noch erhebliche Umschreibereien vornehmen müssen, während ihre Arbeitskraft doch schon dem Unternehmen gehört. Und nachher gefällt dem Professor das alles gar nicht oder er stirbt. Nein, gesucht ist der – fast – fertige Dr.-Ing. Allenfalls die mündliche Verteidigung (kostet nur einen Tag) sollte im Idealfall noch ausstehen.

Also treiben Sie Ihr Projekt so weit und so schnell wie möglich voran. In Ihrem Fall ist der Unterschied für Ihren „Marktwert“ zwischen sechs oder neun Monaten formeller Arbeitslosigkeit nicht besonders groß.

Service für Querleser:

Aus der Sicht der Industrie ist der Doktorand zwar in der Regel irgendwo angestellt (z. B. als wissenschaftlicher Mitarbeiter im öffentlichen Dienst), im Mittelpunkt ihres Interesses aber steht die erfolgreiche Vollendung des Promotionsprojekts. Sie sucht den Dr.-Ing., nicht den ehemaligen Institutsangestellten mit befristetem Vertrag im öffentlichen Dienst.

Frage-Nr.: 2.934
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 11
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2018-03-16

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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