Heiko Mell 02.01.2016, 10:41 Uhr

Noch kein Jahr dabei – und schon zwei Katastrophen

Frage/1: Ich habe vor gut einem Jahr mein Masterstudium im Maschinenbau abgeschlossen und nach halbjähriger Suche meine erste Stelle als Berechnungsingenieurin für Strukturmechanik in der Automobilbranche (Dienstleister) angetreten. Grundsätzlich hatte ich ein gutes Gefühl bei der Stelle; das Arbeitsklima und die Kollegen passten, ich fühlte mich sehr wohl im Unternehmen. Jedoch kamen mir da bereits Zweifel, ob diese Stelle bzw. diese Thematik die richtige für mich war, weil ich zunehmend das Gefühl hatte, überfordert zu sein und ich auch mit der Einarbeitung ein wenig unzufrieden war. Um das vorwegzunehmen: Mein damaliger Arbeitgeber hat meine Kündigung nach drei Beschäftigungsmonaten mit großem Bedauern aufgenommen.

 Frage/2:Da ich ursprünglich aber ohnehin eher auf der Suche nach Stellen im Bereich Strömungssimulation war (hatte in diesem Bereich an der Hochschule gearbeitet), hielt ich die Augen weiterhin offen, wurde fündig und bekam bei der Firma XY sehr zügig die Zusage für einen entsprechenden Job. Ich sagte dem künftigen Abteilungsleiter ausdrücklich, dass ich in dem Bereich CFD noch intensive Einarbeitung benötigen würde. Mir wurde Einarbeitung zugesichert, man erwartete nicht, dass ein Berufseinsteiger schon Expertenwissen mitbringt. 

Ich kündigte den alten Job, wechselte den Wohnort und fing neu an. Ich hatte das Gefühl, einen Glücksgriff getan zu haben. Nach wenigen Wochen machte mein neuer Chef mir klar, dass ich weit hinter den Erwartungen zurückbleibe und nicht die erwartete Leistung zeige. Ich wurde von der Strömungssimulation abgezogen und nur noch für strukturmechanische Berechnungen eingesetzt. Ich fing an, den Jobwechsel zu bereuen, fühlte mich in der Abteilung nicht wohl, kam mit dem Chef und den Kollegen nicht wirklich klar und wurde zunehmend unglücklicher.

Ich bin mir darüber klar geworden, dass mir Berechnung und Simulation absolut nicht liegen und ich viel lieber mehr mit anderen Menschen zusammenarbeiten würde.

Nun hat mir mein Chef eröffnet, dass er mich nach der Probezeit nicht übernehmen wird. Ich sei für Berechnungen nicht wirklich geeignet, ich solle mich in anderen Bereichen umschauen. Auch er hat sich bemüht und eine Stelle in der Firma für mich organisiert.

Aber ich fühle mich in der Gegend absolut unwohl. Auch in dieser Firma laufen einige Dinge nicht optimal. Was tue ich jetzt?

Antwort:

Antwort/1: Ich kann nicht erwarten, dass Sie diese Serie von Beginn an lesen – sie ist älter als Sie. Aber wenn es Ingenieurstudenten der letzten Semester gäbe, die dieses Informationsangebot nicht wahrnähmen oder nie darauf gestoßen wären, dann würde ich mir schon ein mildes Kopfschütteln erlauben. Damit wir uns nicht missverstehen: Ich erwarte nicht, dass alle Menschen diese Beiträge lieben, aber das darin enthaltene Wissen über berufliche Zusammenhänge sollten Berufsanfänger schon haben. Hier steht es komprimiert und kostenlos. Und Sie, geehrte Einsenderin, hatten dieses Wissen nicht. Halten wir einmal fest: Sie waren nach dem Studium ein halbes Jahr arbeitslos. Das war ein Warnsignal: Jobs sind derzeit für mich schwer zu bekommen – habe ich einen, hege und pflege ich ihn und gebe ihn nicht leichtfertig wieder her. Nie, unter keinen Umständen hätten Sie nach drei Monaten diese „mühsam errungene Kostbarkeit“ wieder wegwerfen dürfen. Schon gar nicht, wenn die positiven Elemente dieses Beschäftigungsverhältnisses auch in Ihren Augen derart überwogen und auch Ihr Chef Sie gern behalten hätte. Da kniet man sich hinein, beißt sich durch, bittet ggf. die netten Kollegen und den netten Chef um Hilfe. Aber man geht nicht wegen solcher Bagatellen nach nur drei Monaten. Und man weiß ja, dass sich spätestens ab Studienende alles, was man „berufsrelevant“ tut, unauslöschbar in den Lebenslauf hineinfrisst. Und sich zu den Dingen hinzuaddiert, die später mit hoher Sicherheit auch noch geschehen. Dann bleibt nur noch eine zusätzliche Warnung auszusprechen: Menschen „tun es immer wieder“ (H. Mell). Wer in seinem ersten Arbeitsverhältnis nach drei Monaten ans Ende kommt, der neigt dazu, auch in weiteren Verhältnissen nach kurzer Zeit ans Ende zu kommen. Also fängt man erst gar nicht damit an: MAN TUT ES EINFACH NICHT! 

Antwort/2: Sie sind zwei Mal mit Ihren „Berechnungen“ gescheitert, die Sie für Ihre Berufung hielten. Schreiben Sie die fürs Leben ab, Sie haben sich fundamental geirrt. Fangen Sie jetzt bloß nicht an, Ihre weit gestreute ungezielte Unzufriedenheit auf alles auszudehnen, was sich in Ihrem Umfeld so bewegt – nun ist es die „unmögliche“ Gegend, die „nicht optimale Firma“, der Chef, die Kollegen und was weiß ich. Wenn Sie bei dieser Grundhaltung bleiben, kann man Ihnen weitere Katastrophen vorhersagen. Sie können natürlich tun, was Sie für richtig halten. Aber auch ich kann sagen, was ich denke:

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1. Ketten Sie unter keinen Umständen eine zweite extrem kurze Dienstzeit an eine erste noch extrem kürzere. Bei Ihrem Typ haben Sie nicht die geringste Gewissheit, dass Ihre nächste Wahl Sie zufriedener macht. Bleiben Sie also in diesem zweiten Unternehmen.

2. Nehmen Sie intern an, was Ihr Chef da herausgesucht hat. Tun Sie den neuen Job und bleiben Sie drei Jahre engagiert (das kann jeder, wenn er will) dabei.

3. Vergessen Sie für die nächsten Jahre Fragen wie

– was habe ich für ein Gefühl?

– bin ich zufrieden und glücklich?

– wäre ich anderswo noch zufriedener?

– sind Chef und Kollegen richtig nett?

Tun Sie einfach Ihren neuen Job – mit allem, was Sie einsetzen können.

4. Lesen Sie alle – im Internet – greifbaren Artikel von mir, am besten kaufen Sie mein aktuelles Buch „Spielregeln für Beruf und Karriere“ (4. Aufl.). Sie werden dadurch nicht glücklicher (ich auch nicht), aber Sie machen künftige Fehler dann auf höherem Niveau.

5. Jeder von uns, die wir ein einigermaßen erfolgreiches Berufsleben hinter uns gebracht haben, musste Zeiten durchstehen(!), in denen die Umstände hart, die Bedrohungen existenzgefährdend und die Zukunftsaussichten ungewiss waren. Aber wir sind nicht immer gleich weggelaufen.

Kurzantwort:

Frage-Nr.: 2735
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 5
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2015-01-29

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten. Auf Wikipedia erfahren Sie mehr zu Heiko Mell

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