Heiko Mell 02.01.2016, 03:59 Uhr

Ist es wirklich so, dass eine Promotion zur Führung qualifiziert?

Ihre Aussage in Frage 2.406: „Sehen Sie zu, dass Sie “Leiter“ werden. Bei Ihrer Ausbildung und Ihrem Alter (Dr.-Ing. …)“ hat mich zum Nachdenken gebracht. Ist es wirklich so, dass eine Promotion zur Führung qualifiziert? Keine Frage, im Management schmücken sich viele mit Dr.- und Prof.-Titel.

Aber ist eine Promotion nicht eine fachliche Vertiefung? Man wird dadurch doch eher „Spezialist“ als Leiter. Klar, wie das Abiturzeugnis ein Reifezeugnis sein soll, so könnte auch ein Diplom bzw. eine Promotion entsprechend gewertet werden. Aber wieviel Aussagekraft hat so ein Titel, wenn es um unternehmerisches Denken, Handeln und Entscheiden geht?

Und ist man, wenn man sich denn als toller Spezialist einen Namen gemacht hat, nicht am besten als Fachreferent, Gruppen- oder Projektleiter ohne Personalverantwortung aufgehoben?

Antwort:

Wie gut, dass ich so ganz ohne Bosheit oder andere Eigenschaften von diesem Kaliber bin. Fangen wir einmal so an: Während der Promotionszeit, genauer: beim Erstellen der Dissertation, lernt man das vertiefte wissenschaftliche Arbeiten – ich glaube, darüber besteht Einvernehmen.

Spätestens dabei lernt man auch höheren Ansprüchen genügendes Zitieren – das Herausreißen kurzer Zitate fällt eher nicht darunter. In Frage 2.406 ging es um Geld, Geld und noch mehr Geld. Und jener promovierte Einsender hatte sich bitter beklagt, dass er zu wenig verdiente. Seine Kernfrage lautete: „Und wie müsste ich … vorgehen, wenn ich heute … einem Gehalt näherkommen will, das Sie offenbar für angemessen halten?“ Kurz, er wollte wissen, wie er Beträge erreichen kann, die ich beispielhaft genannt hatte. Und da hieß es bei mir: „Der Aufstieg – die Beförderung – ist also die Basis, um höhere Gehälter zu erreichen.“

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Später kam in meiner Antwort das Zitat aus Ihrer Einsendung. Dann schrieb ich noch: „Bei Ihrer Ausbildung und Ihrem Alter (Dr.-Ing. mit Ende 30) wäre das ja absolut ‚normal‘ im Sinne von üblich. Selbstverständlich müssen Sie das nicht tun – aber anders ist an deutliche Gehaltsverbesserung nicht heranzukommen.“Ich finde, so sieht das doch schon ganz anders aus.

Jetzt fangen wir einmal bei und mit Ihrem dritten Satz völlig neu an: Grundsätzlich ist die Promotion kein Beweis für Managementbegabung, schon gar nicht für die „höheren Weihen“ wie unternehmerisches Denken und Handeln. Sie engt den Dr.-Ing. aber auch in überhaupt keiner Weise etwa auf Spezialistenjobs ein. Sagen wir es so: Die Promotion ist eine im Hinblick auf Führungsqualitäten eigentlich völlig neutrale Angelegenheit.

Eigentlich – bei diesem Wort ist immer Vorsicht geboten. „Uneigentlich“ jedoch ist schon ein bisschen was „dran“ an dem, was Sie in Abrede stellen: Es beginnt mit dem guten Examen, das ja auch nichts beweist, aber die Karriere fördert: Promotionskandidaten haben ein solches; der Dr. ist u. a. ja auch die von außen (ohne Vorlage irgendwelcher Papiere) sichtbare Bestätigung des nicht zu verachtenden Tatbestands „Ich habe meine Uni-Zeit vorzeigbar abgeschlossen“. Das ist ein Anfang, noch nicht mehr, aber eben ein Anfang. Außerdem steht die bestandene Promotion selbst für eine gewisse Leistung – und für ein halbwegs harmonisches Auskommen mit dem zuständigen Professor, der eine ähnliche Funktion für die Doktoranden hat wie später der betriebliche Chef. Also bis dahin schadet ein „Dr.“ keinesfalls, vorsichtig gesagt.

Dann sind – wie Sie selbst festgestellt haben – viele Manager Dr.-Ing. Diese ziehen, wenn sie junge Leute fördern, häufig solche zu sich heran, die ein bisschen so sind wie sie, also auch promoviert haben. Das garantiert noch keine Karriere, ist aber auch irgendwie hilfreich und fördernd.

Und nun der eigentliche Aufstieg: Ein Dr.-Ing. ist im Normalfall fachlich hochqualifiziert, ist er doch unbestreitbar Teil der Ausbildungselite seiner Berufsgruppe. Also, die Vermutung ist erlaubt und das kann man von ihm uneingeschränkt verlangen, wird er fachlich besonders hochwertige Arbeit leisten (wie bei Leuten mit guten Examen üblich).

Wie setzen sich im Regelfall technische Abteilungen zusammen? Ein oder zwei Dr.-Ingenieure, der eine oder andere nichtpromovierte TU/TH-Ingenieur, einige FH-Ingenieure. Wen befördern wir im Regelfall in die unteren Führungsebenen (Projekt-, Team-, Gruppenleiter)? Den, der die besten Sacharbeitsresultate abliefert. Wer leistet vermutlich besonders gute/wertvolle Sacharbeit? Also bitte.

Und: In der Technik vermeidet man es tunlichst, eine Beförderungshierarchie entgegen der Ausbildungshierarchie zu entwickeln: Also lässt man nur ungern und demzufolge selten einen FH-Ingenieur aus dem Team aufsteigen und Vorgesetzter von Dr.- und TH-Dipl.-Ingenieuren werden. Wer hat also besonders gute Chancen, in einem solchen gemischten Team in die unteren Führungsebenen aufzusteigen? Der Dr.-Ingenieur.

 

Erste Einschränkung: In einem homogenen Team mit lauter anderen promovierten Kollegen hilft das alles nicht.

Zweite Einschränkung: Wenn jemand nun nicht führen will oder nicht führen kann? Nun, wenn er nicht will, kann ich ihm auch nicht helfen. Dann darf er sich aber auch nicht wundern, dass sein Gehaltsniveau begrenzt bleibt. Nicht zu können, das muss man sehr viel ernster nehmen. Aber:

Das Führen eines Bereichs als Hauptabteilungsleiter mit drei unterstellten Abteilungsleitern, sieben Gruppenleitern und dreißig nachgeordneten Ingenieuren ist eine herausfordernde Managementaufgabe, die eines ausgeprägten Willens und eines ebenso ausgeprägten Talents zur Führung bedarf. Für die rein fachliche (also nicht disziplinarische) Leitung eines Teams oder einer Gruppe mit zwei bis fünf meist schlechter ausgebildeten Mitarbeitern gilt das in dieser Form so nicht. Das sollten mehr als 90 von 100 hochqualifiziert ausgebildeten Dr.-Ingenieuren eigentlich schaffen, dafür braucht es weder „stahlharten“ Willen, noch überragendes Talent. Den geleiteten Mitarbeitern gegenüber die besonders hochwertige fachliche Ausbildung und auf dieser Basis die besonders umfassende fachliche Qualifikation zu haben, ist eine recht gute Grundlage für die rein fachliche Führung in den unteren Ebenen.

Insofern haben Sie recht: Die Promotion beweist nichts. Aber gerade die ersten Schritte auf dem Weg nach oben fördert sie durchaus.

Kurzantwort:

Eine Promotion qualifiziert nicht zu Führung. Aber gerade in mittelständischen Strukturen erleichtert sie oft den Einstieg in die ersten Stufen einer entsprechenden Laufbahn.

Frage-Nr.: 2416
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 24
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2010-06-18

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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