Erneuerbare Energien 13.01.2023, 13:12 Uhr

Photovoltaik-Industrie schlägt Alarm: Große Abhängigkeit von China

Ist eine nachhaltige europäische PV-Produktionsindustrie noch möglich? Europäische Solarindustrie fordert sofortige Maßnahmen zum Wiederaufbau der Photovoltaik-Wertschöpfungskette.

PV-Anlage

Auch im Bereich Erneuerbare Energien sind europäische Produzenten von China abhängig.

Foto: PantherMedia / AndrewLozovyi

Die Abhängigkeit von China ist enorm. Der Lieferstopp aus China könnte der deutschen Industrie enorme Probleme bereiten. Die Tagesschau hat diese Abhängigkeit gar als „gefährlich“ bezeichnet. Dabei geht es nicht nur um Kinderwagen, Smartphons oder Arzneimittel… Auch im Bereich Erneuerbare Energien sind europäische Produzenten von China abhängig.

Haben Sie eventuell gewusst, dass z. B. die meisten Komponenten und Produkte innerhalb der Photovoltaik-Lieferkette in China hergestellt werden?

Basis für Solarzellen kommt aus China?

Wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) mitteilt, verfügen die Chinesen beispielsweise über 96 Prozent der weltweiten Produktionskapazität für Silicium-Wafer. Und das ist nicht mehr und nicht weniger – die Basis für Solarzellen.

Deshalb fordert eine Gruppe von Interessenvertretern der PV-Industrie die Politik dazu auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um noch größere Abhängigkeit im PV-Energiesektor zu verringern. Dabei geht es um faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen in der vorgelagerten Wertschöpfungskette. Darüber haben Vertreter der europäischen Photovoltaik-Industrie (darunter – der Polysiliciumhersteller WACKER, der Solarzellen- und Modul-Hersteller Meyer Burger, die Siliciumingot- und Waferhersteller NorSun und Norwegian Crystals, der Anlagenhersteller für Siliciumingots und Solarzellen ECM Group sowie die Forschungsinstitute Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme und Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP) diskutiert. Sie haben nach Lösungen bzw. Möglichkeiten gesucht, um eine europäische PV-Wertschöpfungskette aufzubauen und die bestehenden Kapazitäten zu schützen.

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Für die Herstellung von Solarzellen, Photovoltaik-Modulen und Photovoltaik-Kraftwerken braucht man Silicium, Ingots und Silicium-Wafer. Mögliche Lieferunterbrechungen dieser Komponenten lassen sich nicht ausschließen. Deshalb gefährdet die Abhängigkeit von einem einzigen Land die Lieferketten und nicht zuletzt die Produktion.

Wichtig sei, faire Bedingungen für die Industrie zu schaffen.

Politik muss aktiv werden, um Abhängigkeiten von China zu minimieren

Dabei haben die Akteure aus der Industrie folgende Maßnahmen als wirksam bezeichnet:

  • Subventionen für Investitionen in Produktionskapazitäten
  • Förderung der Herstellung von PV-Produkten
  • garantierter und wettbewerbsfähiger Strompreis
  • Vergünstigungen für niedrige CO2-Emissionen bei der Herstellung von Produkten

„Wir sind davon überzeugt, dass eine nachhaltige europäische PV-Produktionsindustrie mithilfe staatlicher Unterstützung zur Förderung der Installation und des Betriebs von PV-Produktionsstätten belebt werden kann“, sagte Prof. Dr. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer ISE. „Dies würde die starke Energieabhängigkeit Europas deutlich verringern und gleichzeitig wirtschaftliche Wertschöpfung sowie Arbeitsplätze schaffen“, erklärte er weiter.

Carsten Rohr, Chief Commercial Officer bei NorSun plädierte dabei für die Schaffung eines richtigen politischen Rahmens und mehr finanzielle Unterstützungsmechanismen. Nur so kann man Investitionen in die PV-Wertschöpfungskette in Europa attraktiver machen, „insbesondere für Investitionen und energieintensive vorgelagerte Produktionsschritte wie die Ingot- und Waferproduktion“.

„Eine zeitlich begrenzte Industriepolitik, die gezielt die Renaissance einer produzierenden Industrie für erneuerbare Energien fördert, ist strategisch klug und dringend notwendig. Industrien, die in Europa angesiedelt sind, sichern eine bezahlbare Energieversorgung und zahlen hier auch Steuern – wenn sie anderswo angesiedelt werden, geht Europa am Ende doppelt leer aus“, resümierte Gunter Erfurt, CEO der Meyer Burger Technology AG. Dabei hob er hervor, dass „der Energiesektor von nationalem Sicherheitsinteresse ist. Deshalb müsste die Solarindustrie mit ihren Fertigungsstätten in Europa zu einer politischen Priorität werden“.

Auch beim Abbau der nötigen Mineralien von China abhängig

Auch die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet mit einem rasanten Wachstum sauberer Energietechnologien und hat vor einer Abhängigkeit von wenigen Ländern, bzw. vor Risiken in den derzeitigen Versorgungsketten gewarnt. Mindestens 70 Prozent der Produktionskapazitäten bei Solarmodulen, Windkraftanlagen und Batterien für Elektrofahrzeuge entfielen auf die drei größten Herstellerländer, vor allem China. Auch was den Abbau kritischer Mineralien betrifft, sieht die Situation nicht anders aus.

„Wenn alles, was bis heute angekündigt wurde, gebaut wird, betragen die Investitionen in die Herstellung sauberer Energietechnologien zwei Drittel dessen, was auf dem Weg zur Klimaneutralität benötigt wird“, zitiert dpa die Worte von dem IEA-Direktor Fatih Birol. „Der derzeitige Schwung bringt uns der Erreichung unserer internationalen Energie- und Klimaziele näher – und es wird mit Sicherheit noch mehr kommen.“

China investiert über 50 Milliarden Dollar (48,6 Milliarden Euro) in Photovoltaik-Produktionskapazitäten

Nun entsteht die berechtigte Frage: Kann die Abhängigkeit von China die Entwicklung bzw. Ausbau der Erneuerbaren Energien verlangsamen oder gar stoppen? Und nicht nur das: Werden deutsche Kunden bei der Preisgestaltung China ausgeliefert und ihre Solarprojekte wegen Lieferverzögerungen verschieben müssen?

Einigen Medien zufolge hat China in den vergangenen zehn Jahren über 50 Milliarden Dollar (48,6 Milliarden Euro) in Photovoltaik-Produktionskapazitäten investiert. Und Europa? Zehnmal so wenig. „Das Ausmaß der geografischen Konzentration in globalen Lieferketten erzeugt potenzielle Herausforderungen, die die Regierungen angehen müssen“, forderte Fatih Birol noch vor einigen Monaten.
Ja, China hat zweifelsohne dafür gesorgt, dass Solarstrom zur günstigsten Energiequelle der Welt geworden ist. Aber gleichzeitig brachte China langsam viele andere Länder in diesem Bereich in seine Abhängigkeit.

Nun ist es an der Zeit, soweit es noch geht, die Abhängigkeit von Photovoltaik-Importen aus China zu minimieren. Es ist fünf vor 12 und das Schreckgespenst Deindustrialisierung nimmt weitere reale Züge an.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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