E-Mobilität 16.01.2023, 10:39 Uhr

Strom to go: Induktives Laden von Elektrofahrzeugen

Induktives Laden von Elektroautos macht Stromer komfortabler und die Verkehrswende für Skeptiker akzeptabler. Die Technik funktioniert, jetzt muss sie nur auf, beziehungsweise unter, die Straße. Wir blicken auf interessante Innovationen

kabelloses Laden von E-Autos

Ist das die Zukunft: Kabelloses Laden von E-Autos während der Fahrt.

Foto: Panthermedia.net/chesky_w

Zu wenig Ladestationen. Kabelsalat an der Wallbox und dreckige Hände. Die Zukunft der Elektromobilität kann beschwerlich sein. Muss sie aber nicht: Denn E-Autos können auch kabellos, induktiv, geladen werden – wie elektrische Zahnbürsten oder Smartphones. Es gibt etliche spannende Ansätze, die das Thema auf das nächste Level heben: Nämlich nicht nur, wie bei BMW, Strom beim Parken tanken, sondern auch während der Fahrt. Wir stellen die interessantesten Projekte vor:

Wie funktioniert induktives Laden im Auto?

Beim induktiven Laden wird Energie über ein Magnetfeld durch die Luft übertragen. Ein Elektroauto lässt sich im Grunde wie ein Smartphone induktiv aufladen. Statt eines Kabels wird eine Spule in die Straße eingelassen, während eine zweite Spule im Fahrzeugboden eingebaut ist. Durch die Spule in der Straße fließt Wechselstrom, wodurch ein Magnetfeld entsteht. Nähert sich nun ein Auto dem Magnetfeld, fließt Strom, mit dem der Akku des Fahrzeugs gespeist wird.

Um E-Autos schnell und ohne große Ladeverluste auf diese Weise induktiv laden zu können, entwickeln große Autohersteller wie BMW, Stellantis oder VW, Forschungsinstitute sowie Start-ups alltagstaugliche und möglichst komfortable Ladetechnologien.

Wie Forschende Laden bequemer machen möchten

Im Projekt „eCharge“ wollen Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig mit Partnern aus der Autoindustrie, dem Verkehrswegebau und der Energie-Infrastruktur induktives Laden von Elektroautos während der Fahrt voranbringen. Klassisch, mit in der Fahrbahn eingelassenen Induktionsmodulen. Diese werden bei Neubau oder Sanierung in rund zehn Zentimetern Tiefe in den Asphalt verbaut und mit Steuereinheiten am Straßenrand verkabelt, um den Ladevorgang zu regeln, wenn sich ein entsprechend ausgestattetes Fahrzeug der stromspendenden Strecke annähert.

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Denkbar sei, so die Forschenden, dass Autobahnen mit jeweils 25 Kilometer langen Ladekorridoren versehen werden, auf denen Akkus um bis zu 20 Prozent während der Fahrt nachgeladen werden können. Im Projekt „eCharge“ werden überdies robuste Straßenbeläge für diesen Zweck sowie ein Abrechnungsverfahren entwickelt, sozusagen eine Lösung aus einer Hand.

So treiben große Autohersteller induktives Laden voran

Stellantis treibt die Entwicklung der DWPT-Technik (Dynamic Wireless Power Transfer) voran. Dabei werden ebenfalls Leiterschleifen unter dem Asphalt verlegt, die allerdings als direkter Energiespender für Elektroantriebe dienen. Ziel hierbei ist, dass die Technik gegebenenfalls auch bei E-Autos älteren Datums nachgerüstet werden kann. Die benötigen dafür ein Modul, durch das die von der Straßeninfrastruktur kommende Energie direkt auf den Elektromotor übertragen werden kann.

Vorteil: Es entstehen weniger Verluste und die Batterie wird geschont, weil die Energie direkt genutzt und nicht gespeichert wird, wodurch Ladezyklen verringert werden, die die Batterie altern lassen. Erste Tests mit einem Fiat 500e zeigten, dass sich der so ausgestattete Stromer mit zügiger Autobahngeschwindigkeit fortbewegen kann, ohne die Energie seiner Batterie anzapfen zu müssen. Die Ingenieurinnen und Ingenieure berichten, dass dabei die Effizienz des Energieflusses vom Asphalt zum Auto mit der Effizienz von Schnellladestationen vergleichbar sei. Und: Messungen der Magnetfeldstärke zeigten, dass es keinerlei negative Auswirkungen auf Passagiere oder Passanten (was in der Stadt wichtig ist) gebe.

Der VW-Konzern erprobt derweil unter anderem in einem Forschungsprojekt zu induktivem Laden von Elektroautos gemeinsam mit Forschenden des Oak Ridge National Laboratory der University of Tennessee wie effizient das Verfahren ablaufen kann. Bei Tests mit einem Porsche Taycan konnte bis zu 98 Prozent der aufgewendeten Energie induktiv aufgeladen werden.

Wie magnetischer Beton Batterien füllt

Das Münchner Startup Magment um Gründer Mauricio Esguerra hat einen Beton wickelt, durch den kostengünstiger als bei bisherigen Lösungen mit Spulen Fahrzeuge während der Fahrt induktiv geladen werden können. Der Clou: Auf diese Weise wird sogar Elektroschrott sinnvoll verwertet. Die Metalle von Bauteilen aus Computern & Co. werden extrahiert, kleingemahlen und mit Zement gebunden. Fertig ist der Magment. Magnetischer Zement. Mit Magment als Fahrbahnbelag lassen sich E-Fahrzeuge – vom eScooter über Gabelstapler bis zu Lkw – drahtlos während der Fahrt oder beim Parken induktiv laden.

Sofern ein, mit einer Spule am Wagenboden und entsprechender Ladeelektronik ausgestattetes, Fahrzeug über das Material fährt. Esguerra verspricht, dass bis zu 95 Prozent des gesendeten Stroms im Fahrzeug ankämen. Was auch daran liegt, dass der besondere Zement aus bis 90 Prozent elektrisch leitenden Teilchen vom Elektroschrott und keramischen Ferriten besteht. Die Zeit scheint reif für die Lösung – zumal so Batterien kleiner dimensioniert werden können, was nicht nur der Reichweite der Fahrzeuge zugutekommt, sondern auch knappe Ressourcen schont.

Weiterer Vorteil: Während andere Technologien des induktiven Ladens mit relativ kleinen Bodenkacheln arbeiten, die bruchanfällig und vor allen sehr teuer herzustellen sind, oder Spulen in der Fahrbahn verbaut werden, worunter der Wirkungsgrad leidet, wird das magnetische Material wie normaler Zement verarbeitet. Es ist zudem äußerst robust, weil die chemische Bindung durch die metallischen Teilchen noch stärker ist als bei Sand und Kies. Um das Material in gleichbleibender Qualität massenweise herzustellen, kooperiert das Startup mit der Schweizer Holcim AG, einem der größten Baustoffproduzenten der Welt.

Während andere induktive Lösungen nur sehr bedingt skalierbar sind, ist das für den unkompliziert zu verarbeitenden Zement kein Problem – auch nicht kostenseitig: „Im Vergleich zu konventioneller Technik lassen sich mit unserem Material induktive Fahrbahnen vier- bis fünfmal günstiger herstellen“, erklärt Esguerra. In den USA laden bereits im Rahmen eines Pilotprojektes auf einem Highway im Bundesstaat Indiana Lastwagen während der Fahrt ihre Batterien wieder auf. „Bei Temperaturschwankungen von minus 40 Grad bis plus 40 Grad ist das auch ein guter Härtetest für das Material“, sagt Esguerra. Er hat keinen Zweifel daran, dass die Fahrbahn auch widrigen Bedingungen trotzt und selbst bei hoher Belastung durch Schwerverkehr mindestens 25 Jahre haltbar sein wird.

Wie smarte Straßen für Strom sorgen

Das Berliner Start-up Solmove möchte die gute alte Asphaltstraße ins digitale Zeitalter befördern – als smarten Stromerzeuger, der dynamisch E-Fahrzeuge auflädt und den Verkehr intelligent lenkt. Außerdem sollen die Smart Streets im Winter dank solargespeister Heizung niemals glatt sein und könnten durch LEDs Warnhinweise geben oder Autofahrer zu freien Parkplätzen dirigieren. Über eingebaute Sensorik ließe sich das Verkehrsaufkommen analysieren und beispielsweise Ampeln entsprechend schalten, erklären die Gründer.

Erste Module sind gebaut und werden auf einem Radweg unweit von Köln, im Ort Erftstadt, erprobt. Dort wurde ein 90 Meter langer und 2,40 Meter breiter Radweg aus 130 Modulen gebaut. Die gut 200 Quadratmeter sollen jährlich 14.000 Kilowattstunden Strom erzeugen, was genügen würde, um vier Haushalte ein Jahr lang mit Energie zu versorgen.

Dabei hat Solmove das Rad gar nicht neu erfunden: Die Technologie beruht auf bewährter Photovoltaik, die mit einer innovativen, stabilen Glasoberfläche kombiniert, auf horizontalen Flächen verklebt werden kann. Die Module lassen sich, im Gegensatz zu anderen Solarstraßen, die aufwendig gegründet werden müssen, per Stecksystem einfach auf vorhandenen Wegen verlegen und anschließen. Die extrem stabile Glasoberfläche ist so gestaltet, dass sie Licht optimiert auf die darunter liegenden Solarzellen lenkt. Die Oberfläche ist so strukturiert, dass sie rutschfest ist und von ihr Regenwasser gut abfließt, was außerdem einen selbstreinigenden Effekt hat. Zwar wirft eine Solarstraße weniger Strom ab als eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, doch sie fügt sich besser in die Landschaft ein, und wird als multifunktionale Rollbahn erst richtig attraktiv.

Ein Beitrag von:

  • Chris Löwer

    Chris Löwer

    Chris Löwer arbeitet seit mehr als 20 Jahren als freier Journalist für überregionale Medien. Seine Themenschwerpunkte sind Wissenschaft, Technik und Karriere.

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