Neuronale Netze machen Sensoren sensationell effizienter und robuster
Sensoren sind aus modernen Autos nicht mehr wegzudenken. Sie sind die Basis für Fahrassistenz- und Sicherheitssysteme – künftig kommt noch das autonome Fahren hinzu. Forschende der TU Graz haben es mit einem KI-System geschafft, die Sensoren deutlich zu verbessern. Als nächstes sollen sie noch robuster werden.
Je genauer Sensoren funktionieren, desto zuverlässiger sind auch die Daten, die sie liefern. Das sind zum Beispiel Position und Geschwindigkeit von Objekten. In modernen Fahrzeugen geht ohne Sensoren heutzutage nahezu nichts mehr. Alle Assistenz- und Sicherheitssysteme basieren auf deren Informationen. Aber: Ganz gleich, ob Kameras, Lidar, Ultraschall oder Radar, Sensoren sind auch anfällig für Einflüsse, sei es durch die Umwelt, Witterungsverhältnisse oder andere Störfaktoren. Sie erzeugen ein sogenanntes Rauschen. Das wiederum beeinflusst die Qualität der Sensordaten oder konkret gesagt: Funktioniert die Radarmessung des Abstandswarners im Fahrzeug nicht zuverlässig, unterstützt das Sicherheitssystem den Fahrer nicht ausreichend.
Sensoren und Halbleiter weiter gefragt
Ein Forscherteam unter der Leitung von Franz Pernkopf vom Institut für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation an der Technischen Universität Graz (TU Graz) arbeitete deshalb gemeinsam mit Partnern von Infineon ein neuartiges KI-System. Es basiert auf einem neuronalen Netzwerk. Der Vorteil: Gegenseitige Überlagerungen bei Radarsignalen können so reduziert werden und vor allem sei dies dem aktuellen Stand der Technik weit voraus.
Sensortechnologie: Neuronale Netze sind effizienter
Die Idee der Forschungsgruppe: das Rauschen automatisch unterdrücken. Dafür haben sie sogenannte Modellarchitekturen auf Basis gefalteter neuronaler Netzwerke entwickelt, kurz CNN. „Diese Architekturen sind der Schichtenhierarchie unseres visuellen Kortex nachempfunden und werden bereits erfolgreich in der Bild- und Signalverarbeitung eingesetzt“, erläutert Pernkopf. Diese CNNs können eine Menge: zum Beispiel visuelle Informationen filtern, Zusammenhänge herstellen und ein Bild vervollständigen. Das gelingt aufgrund von Mustern, die dem System vertraut sind. Obwohl es sich um komplexe Datenverarbeitungsschritte handelt, sind neuronale Netzwerke in puncto Speicherplatz deutlich effizienter als andere Systeme. Doch damit sie auch beim autonomen Fahren in die Radarsensoren integriert werden können, müssen sie beim Datenvolumen noch weiter abspecken. Nach aktuellem Stand sprengen sie in dem Einsatzfeld doch noch die möglichen Kapazitäten.
Die Forschenden der TU Graz haben genau dafür die passende Lösung gefunden. Der Weg dorthin war allerdings nicht ganz einfach. Zuerst haben sie einige neuronale Netzwerke mit verrauschten Daten und gewünschten Ausgangwerten trainiert. Das Experiment sollte dazu dienen, die besonders kleinen und schnellen Modellarchitekturen zu erkennen. Das gelang, indem sie einerseits den Speicherplatz und andererseits die Anzahl der Rechenoperationen pro Entrauschungsvorgang betrachteten. Sobald die effizientesten Modelle feststanden, komprimierten sie diese weiter. Dafür verringerten sie die Bitbreiten. Das Ergebnis stellte die Forschenden zufrieden: Sie hatten ein KI-Modell geschaffen, das sowohl eine hohe Filterleistung aufwies als auch nur wenig Energie benötigte. Zugleich waren die Entrauschungsergebnisse auf dem Level eines F1-Scores, welches das Maß für die Genauigkeit eines Tests angibt. 89% entsprechen einer Objekterkennungsrate von beinahe ungestörten Radarsignalen. Es war den Forschenden also gelungen, die Störsignale fast komplett aus dem Messsignal zu eliminieren.
Robustere Sensoren dank neuronaler Netze
Das KI-Modell auf Basis neuronaler Netze wies am Ende eine Bitbreite von 8 Bit auf und nimmt damit 218 Kilobytes Speicherplatz in Anspruch. Die Performance lag dabei auf dem Niveau anderer vergleichbarer Modelle, die dafür allerdings 32 Bit benötigen. Die Forschenden haben den Speicherplatz um rund 75% verringert. Damit ist dieses Modell dem aktuellen Stand der Technik weit voraus. Nach Einschätzung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gäbe es noch Potenzial für weitere Optimierungen. „Für unsere erfolgreichen Tests nutzen wir ähnliche Daten, die wir zum Trainieren verwendet hatten. Wir wollen das Modell nun derart verbessern, dass es auch dann noch funktioniert, wenn das Eingangssignal signifikant von gelernten Mustern abweicht“, erklärt Pernkopf. Das hätte zugleich den Effekt, die Radarsensoren deutlich robuster zu gestalten – vor allem gegen Störungen aus der Umgebung. Bisher hätten kleinste Veränderungen der Messdaten dafür gesorgt, dass Objekte gar nicht oder falsch erkannt wurden. Undenkbar, was im Anwendungsfall autonomes Fahren dann passieren könnte.
Damit das System künftig mit derartigen Herausforderungen zurechtkommt und darüber hinaus sogar bemerkt, wann die eigenen Vorhersagen eher unsicher sind, trainieren die Forschenden es weiter. Ihr primäres Ziel sei es deshalb herauszufinden, wie Vorhersagen bestimmt werden und welche Faktoren besonders beeinflussen. Dafür müssen sie allerdings den komplexen Vorgang innerhalb des neuronalen Netzwerks nachvollziehen können. Das soll durch einen Transfer gelingen: indem die komplexe Modellarchitektur in ein lineares Modell übertagen würde, soll es deutlich vereinfacht werden. „Wir wollen das Verhalten von CNNs ein Stück weit erklärbarer machen. Uns interessiert nicht nur das ausgegebene Ergebnis, sondern auch dessen Schwankungsbreite. Je kleiner die Varianz, desto sicherer ist das Netzwerk.“
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