Mit einer Tankfüllung durch Europa 27.11.2025, 18:00 Uhr

Gas-Lkw schafft 1000 km – welche Technik dahintersteckt

Ein Iveco-Lkw ist mit einer einzigen CNG-Tankfüllung von Belgien bis nach Spanien gefahren. Wie ist das möglich – und wie klimafreundlich ist die Technologie wirklich?

Der neueste Iveco S-Way mit CNG-Antrieb. Foto: IVECO S.p.A

Der neueste Iveco S-Way mit CNG-Antrieb.

Foto: IVECO S.p.A

Von der belgischen bis zur spanischen Grenze mit nur einer Tankfüllung Erdgas: Der Iveco S-Way CNG hat die 1000-kn-Marke geknackt. Zwei Fachjournalisten fuhren die Strecke laut Iveco diesen Sommer unter realen Bedingungen: 30 t Gesamtgewicht, mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 21 kg CNG (Compressed Natural Gas) pro 100 km.

2011, als Iveco seine ersten CNG-Sattelzugmaschinen auf den Markt brachte, war eine solche Reichweite undenkbar. Was hat sich seitdem verändert – und wie schneiden CNG-Lkw eigentlich im Vergleich zu Wasserstoff, Batterie und Co. ab?

72 % mehr Tankkapazität seit 2011

Der wichtigste Faktor: mehr Platz für das Gas. Die neuen Tankpakete des S-Way bieten eine Gesamtkapazität von 1240 l – mindestens 190 kg CNG. Gegenüber der vorherigen Generation ein Plus von 18 %, verglichen mit 2011 sind es sogar 72 %.

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Bei den Tanks handelt es sich um Typ-1-Stahlzylinder mit einem Betriebsdruck von 200 bar. Sie sind robust, aber schwer. Damit der italienische Hersteller die Nutzlast seines Lkw trotzdem konkurrenzfähig hält, sind Effizienzgewinne beim Antrieb umso wichtiger.

Multi-Fuel-Motor mit vorausschauendem Getriebe

Das Herzstück ist der xCursor 13 von FPT Industrial. Der 12,9-l-Motor ist auf derselben Basis für Diesel, Methan und künftig Wasserstoff ausgelegt. Die CNG-Version leistet laut Iveco 500 PS. Anders als Dieselmotoren komme er ohne aufwendige Abgasnachbehandlung mit Harnstoff (SCR) aus.

Gekoppelt ist der Motor an das ZF TraXon, ein 12-Gang-Automatikgetriebe. Es schaltet GPS-gestützt: Das Getriebe „kennt“ die Strecke und passt seine Gangwechsel vorausschauend an Steigungen und Gefälle an. Hinzu kommen weitere Details, die den Lkw, effizienter machen sollen – etwa ein Luftkompressor, der nur bei Bedarf läuft, oder Kameras statt Außenspiegel.

Der S-Way CNG setzte „einen neuen Maßstab“, kommentierte Giandomenico Fioretti, bei Iveco verantwortlich für alternative Antriebe. Die zurückgelegte Strecke von 1000 km beweise, „dass Erdgas eine echte Alternative zum Diesel im Fernverkehr ist“.

Europaweit können Gas-Lkw laut Iveco an rund 4300 Bio-LNG- und etwa 800 Bio-CNG-Tankstellen auftanken. Foto: Iveco S.p.A.

Europaweit können Gas-Lkw laut Iveco an rund 4300 Bio-LNG- und etwa 800 Bio-CNG-Tankstellen auftanken.

Foto: Iveco S.p.A.

CNG, LNG, Bio-LNG: Was ist was?

Anders als das bei 200 bar komprimierten CNG wird LNG (Liquefied Natural Gas) auf – 162 °C gekühlt und verflüssigt. Das erhöht die Reichweite: Laut einem jüngst vorgelegten Factsheet der Deutschen Energie-Agentur (dena) schaffen LNG-Trucks bis zu 1600 km mit einer Tankfüllung.

Oft heißt es, gasbetriebene Lkw hätten eine bessere Klimabilanz als ihre Diesel-Pendants. Doch das hängt von der Herkunft des Gases ab. So reduziert der Einsatz von fossilem Erdgas die CO₂-Emissionen gegenüber Diesel mit 4-18 % nur geringfügig, wie das International Council on Clean Transportation (ICCT) in einer Analyse feststellt.

Wie umweltfreundlich ist der Gasantrieb?

Wirklich klimaschonend ist ein CNG- oder LNG-Fahrzeug nur, wenn es Biomethan aus Gülle, Bioabfall oder Klärschlamm nutzt. Laut der dena sind bei Gülle-basiertem Biomethan sogar Negativemissionen möglich. Denn das Methan, das sonst aus der Gülle in die Atmosphäre entweichen würde, wird stattdessen als Kraftstoff verbrannt.

Der Markt hat sich verschoben: Nach Angaben des Verbands „Die Gas- und Wasserstoffwirtschaft“ lag der Bio-LNG-Anteil an deutschen Tankstellen im ersten Halbjahr 2025 bei 98 %. Fossiles LNG spielt demnach praktisch keine Rolle mehr.

Doch auch Biomethan birgt ein Klima-Risiko: Auf dem Weg zum Tank kann Methan entweichen. Dadurch schmilzt der ökologische Vorteil schnell dahin, denn Methan ist ein deutlich schädlicheres Klimagas als CO2. Wie hoch die Verluste in der Praxis sind, ist aber umstritten.

Fazit: Hat der Gas-Lkw eine Zukunft?

Die Testfahrt des Iveco S-Way zeigt: Die CNG-Technologie hat durchaus Potenzial für den Fernverkehr. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen für die Branche: Biogas-Fahrzeuge zahlen fast die gleiche Maut wie Diesel, also inklusive der CO2-Komponente. Batterie- und Wasserstoff-Lkw sind hingegen bis mindestens 2026 befreit.

Für Spediteure bleibt die Frage: Welcher Antrieb passt? Batterieelektrische Lkw haben laut dena die niedrigsten Kraftstoffkosten und den besten Wirkungsgrad, aber begrenzte Reichweiten von aktuell 300 bis 600 km. Hinzu kommen lange Ladezeiten. Wasserstoff-Lkw tanken schnell und schaffen bis zu 800 km, die LH2-Variante von Daimler Trucks sogar bis zu 1000. Dafür sind sie mit aktuell etwa 84 € pro 100 km am teuersten, und die Tankinfrastruktur ist dünn.

Ohne eine Anerkennung der CO₂-Einsparung fehlt momentan noch der wirtschaftliche Anreiz für Gas-Lkw – und langfristig könnten batterieelektrische Antriebe die effizientere Wahl sein. Doch dass Hersteller wie Iveco die Technologie weiterentwickeln, deutet darauf hin, dass sie in bestimmten Nischen Anwender finden könnte. Man sollte den Gas-Lkw nicht vorzeitig abschreiben.

FAQ: Gas-Lkw

Wie weit kommt ein Gas-Lkw?
CNG-Lkw schaffen 600 bis 800, LNG-Lkw 1.000 bis 1.600 km.

Wie viele Gas-Lkw und -Tankstellen gibt es in Deutschland?
Laut dena sind rund 7000 CNG- und LNG-Lkw mit mehr als 12 t zulässiger Gesamtmasse in Deutschland zugelassen. Für sie gibt es rund 670 Bio-CNG-Tankstellen, beim Bio-LNG sind es nach Zahlen des BDEW etwa 150 bis 160.

Welche Hersteller produzieren Gas-Lkw?
Iveco gilt als einer der ersten Serienproduzenten und bietet seit 2011 CNG- und LNG-Lkw an. Auch Scania und Volvo haben Gas-Varianten im Programm. Andere Hersteller wie Daimler Truck und MAN setzen inzwischen stärker auf batterieelektrische Antriebe.

Was ist der Unterschied zwischen CNG und LNG?
CNG wird bei 200 bar komprimiert und gasförmig gespeichert. LNG wird auf – 162 °C verflüssigt – die höhere Energiedichte erlaubt eine größere Reichweite.

Ist Bio-LNG klimaneutral?
Bilanziell ja, wenn es aus Gülle, Bioabfall oder Klärschlamm entsteht. Allerdings können Methanemissionen bei Produktion und Transport den Vorteil schmälern: Methan wirkt 80-mal schädlicher als CO₂.

Was kostet Bio-LNG im Betrieb?
Die Kraftstoffkosten beziffert die dena auf etwa 29 € pro 100 km. Das ist günstiger als Diesel mit 46 Euro. Allerdings zahlen Gas-Lkw eine ähnliche Maut wie Diesel, was den Kostenvorteil schmälert.

Warum sind Gas-Lkw nicht mautbefreit?
Anders als Batterie- und Wasserstoff-Lkw werden Gas-Fahrzeuge regulatorisch wie Verbrenner behandelt – unabhängig davon, ob sie Biomethan tanken. Die CO₂-Einsparung wird nicht angerechnet.

Quellen: dena, BDEW, ICCT, Iveco

Ein Beitrag von:

  • Magnus Schwarz

    Magnus Schwarz schreibt zu den Themen Wasserstoff, Energie und Industrie. Nach dem Studium in Aachen absolvierte er ein Volontariat und war mehrere Jahre als Fachredakteur in der Energiebranche tätig. Seit Oktober 2025 ist er beim VDI Verlag.

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