Schiffbau 26.03.2010, 20:45 Uhr

Frisierte Supertanker  

Supertanker und große Frachter liegen zwar wie Bretter auf dem Wasser, doch unter ihren bauchigen, fast viereckigen Rümpfen herrschen schwierige Strömungsverhältnisse. Sie bekommen kaum Druck auf die Schraube und müssen enorme Kraft auf den Antrieb verwenden. Der Hamburger Weltmarktführer für Schiffsruder, Becker Marine Systems, hat sich des Problems angenommen und eine Lösung entwickelt, mit der die großen Pötte bis zu 8 % weniger Kraftstoff verbrauchen. VDI nachrichten, Hamburg, 26. 3. 10, sta

Kein Schiff in Sicht. Nichts hämmert, keine Flex kreischt. Hier am Firmensitz der Becker Marine Systems GmbH & Co. KG ist es eher still. Auch Schweißblitze sucht man beim Hamburger Weltmarktführer für Schiffsruder vergebens. Allenfalls qualmen hier Köpfe von Ingenieuren. Gefertigt wird nur in Bilbao, Singapur und bei über 100 Zulieferern in aller Welt.

Geschäftsführer Dirk Lehmann empfängt in seinem geräumigen Büro. Der Ingenieur hat hier 2002 im Zuge eines Management-Buy-in das Ruder übernommen und den Betrieb auf Wachstumskurs gebracht: Als er kam, lag der Jahresumsatz bei 12 Mio. € – zuletzt waren es fast 100 Mio. €. Der Schlüssel zu diesem Erfolg steht als maßstabsgetreues Modell auf Lehmanns Schreibtisch: ein Schiffsruder aus grünem Kunststoff. Hinter ihm an der Wand wird die reale Größe sichtbar. Ein großformatiges Foto zeigt ein halbes Dutzend Arbeiter, die in einem 7 m großen Ruder umherkreuchen und Verstrebungen schweißen.

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Bei genauerem Hinsehen wirkt das Modell eher missraten. Asymmetrisch, in sich krumm mit einem Versatz auf halber Höhe. Diese seltsame Form ist das Ergebnis intensiver Forschung und Entwicklung. Und sie ist Teil einer Lösung, mit der Lehmann und seine Leute bauchigen Supertankern und riesigen Massengutfrachtern den ungeheuren Durst nach Schweröl austreiben wollen. Der Weg dazu führt über exakten Analyse der Strömung am Rumpf. „Dickbauchige Tanker oder Frachter liegen wie Schuhkartons im Wasser“, erklärt der Firmenlenker. Die Anströmung an der Antriebseinheit sei alles andere als ideal, weil der Rumpf das Wasser verdränge. Am Ruder, direkt hinter dem Propeller, sei die Strömung erst recht ungünstig. Das Wasser kommt dort mit korkenziehermäßigem Drall an. Diese verdrehte Anströmung nehmen die Hightech-Ruder der Hamburger exakt auf, und tragen so zur Wendigkeit und Effizienz der Schiffe bei.

Doch das allein reicht Lehmann nicht. „Um wirklich etwas zu erreichen, muss man das gesamte Antriebssystem an die Strömung am Rumpf anpassen“, sagt er. Zusammen mit Friedrich Mewis, einem erfahrenen Potsdamer Professor für Antriebssysteme, kam er darauf, noch einen Schritt vor Schraube und Ruder anzufangen. „Schon die Anströmung an den Propeller ist bei den bauchigen Schiffen schwierig“, erklärt er. In ihren Diskussionen entwickelten sie die Idee, das Wasser gezielt auf die Schraube zu lenken, um den Wirkungsgrad des Antriebs zu erhöhen.

Der Gedanke ist an sich nicht neu. Auch andere Hersteller experimentieren dafür mit Leitblechen oder mit Düsenringen am Rumpf. Sie leiten das Wasser auf den Propeller um. „Unsere Entwickler haben das Prinzip in Strömungssimulationen mit Computational Fluid Dynamics (CFD-) Software analysiert, Schiffe und Propeller moduliert – und anfangs eine Enttäuschung nach der anderen erlebt“, berichtet er. Denn was theoretisch einleuchtend klang, ließ die Wirkungsgrade in den Simulationen sinken.

Lehmann und Mewis ließen sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. „Es konnte nicht sein, dass wir ineffizienter werden“, sagt er. Denn schon ein Düsenring an sich sorge bei langsamem Tempo ganz ohne Motor für Schub. Es musste eine Lösung geben, diesen Schub für einen effizienteren Antrieb zu nutzen. „Als wir dann anfingen, Düsenring und Leitbleche zu kombinieren, wurden die Wirkungsgrade schlagartig besser“, berichtet der Ingenieur. Das war die Geburtsstunde des Mewis-Duct: er sitzt unmittelbar vor der Schiffsschraube, fängt das Wasser mit großem Rohrdurchmesser ein und lenkt es durch die verjüngte hintere Öffnung des Rings direkt auf die Blätter der Propeller. In der Düse sorgen fünf in sich verdrehte, in unregelmäßigen Abständen angebrachte Leitbleche für Drall. Sie lenken das Wasser mit voller Wucht auf die Schraube. „Diese Maßnahme treibt die Wirkungsgrade wahnsinnig nach oben. Wir haben bei der Entwicklung Effizienzeffekte entdeckt, die über eine schlichte Addition der Einzelmaßnahmen hinaus gehen“, so Lehmann. Damit hat er anfangs selbst nicht gerechnet.

Heute ist er sich seiner Sache so sicher, dass sein Unternehmen für jedes mit dem Mewis-Duct aus- oder nachgerüstete Schiff konkrete Einspargarantien gibt. „Wenn wir die nicht einhalten, können die Reeder von ihrem Auftrag zurücktreten“, sagt er.

Um das Wasser genau auf die Schraube zu lenken, wird das System für jedes einzelne Schiff neu berechnet – wobei laut Lehmann neben Rumpf-Form und Schraube auch die Routen, Einsatzzwecke oder Beladung der Schiffe einfließen. „Unsere Kunden können bestimmen, ob der Mewis-Duct für volle Ladung optimiert wird, oder wir quasi eine Allround-Auslegung konzipieren.“

Inzwischen sind allein 15 Hydrodynamiker mit CFD-Analysen befasst und nähern sich jeweils mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) der Idealform der Unikate an. Aus aller Welt gehen Anfragen von Reedereien ein. Noch arbeitet der Mewis-Duct nur an vier „Pötten“. „Doch in diesem Jahr werden wir 15 weitere Schiffe ausrüsten und für 2011 sind 70 Einbauten vereinbart“, erklärt Lehmann zufrieden. Weitere 200 Anfragen seien in Bearbeitung, wobei tatsächlich für jedes einzelne Schiff neu gerechnet wird. „Das wird sich auch nicht ändern, weil die Schiffsformen viel unterschiedlicher sind als man gemeinhin denkt.“

Das Alles kostet deutlich mehr als bisherige Ansätze. Doch wenn ein Schiff an 220 Einsatztagen im Jahr mit durchschnittlich 17 Knoten unterwegs ist, sparen Reeder bei einem um 6 % erhöhten Wirkungsgrad 150 000 € jährlich. Weil Schweröl vermutlich teurer wird, als die aktuellen 300 €/t, dürfte auch das Einsparpotential steigen. Und nebenbei werden 50 t weniger Stickoxide und 1600 t weniger Kohlendioxid freigesetzt.

Wenn das System den Markt im jetzt vorgelegten Tempo durchdringt, kommt auf die 100 Mitarbeiter und die Zulieferer der Becker Marine Systems viel Arbeit zu. Zumal es nicht beim Berechnen bleibt. Die Simulationsergebnisse werden vor jedem Einbau an maßstabsgetreuen Modellen im Strömungskanal verifiziert. „Das Gleiche trifft übrigens auch für unsere Ruder zu – wobei hier zumindest Kleinserien für exakt identische Schiffe möglich sind“, erklärt Lehmann.

Berechnung, Versuche und Konstruktion nehmen pro Mewis-Düse rund acht Wochen in Anspruch. Der Bau und die Montage der 2 m bis 8 m großen Systeme dauert noch einmal so lange. Auch dabei ist trotz der Größe höchste Präzision gefragt. Denn um die angestrebte Effizienzsteigerung zu erzielen, kommt es auf die Winkel, Profile und die Verdrehung der Leitbleche sowie auf die mühsam errechnete Form der Düse an. Nur zwei Zulieferer, mit denen die Hamburger schon seit Jahrzehnten kooperieren, sind involviert. Sie schweißen die riesigen Systeme aus vielen bis zu 3 cm starken Stahlplatten zusammen, die in bis zu 2000 t schweren Pressen exakt in Form gebracht werden. Erst nach einer abschließenden Abnahme durch einen Klassifizierer dürfen die Mewis-Düsen dann an die Schiffe montiert werden, um ihren umwelt- und ressourcenschonenden Dienst anzutreten. P. TRECHOW

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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