Forschung für den Komfort: Wie DLR und Deutsche Bahn das Zugklima verbessern
Die Deutsche Bahn (DB) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forschen gemeinsam seit 2020 an der Verbesserung des Reisekomforts und der Klimatisierung in Zügen. Diese Kooperation wurde nun um weitere drei Jahre verlängert.
Im Sommer ist es zu heiß, im Winter zu kalt. Ein Fahrgast friert, weil er gerade nach drei Stunden Fahrt eingeschlafen ist, während einem anderen zu warm ist, weil er zum Zug rennen musste. Wie kann man die Temperaturen so einstellen, dass sich alle wohlfühlen? Bahnreisende wünschen sich im Winter wohlig warme Luft und im Sommer angenehme Kühle – geruchsneutral und frisch.
Seit 2020 erforschen die Deutsche Bahn (DB) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam, wie eine komfortable, effektive und energieeffiziente Klimatisierung erreicht werden kann. Jetzt haben die Deutsche Bahn (DB) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben ihre Kooperation zur Verbesserung des Reisekomforts und der Klimatisierung in Zügen für weitere drei Jahre verlängert.
Doch was genau wird erforscht und wie? Unter realen Bedingungen, also in Zügen, die auf dem deutschen Schienennetz unterwegs sind, sind solche komplizierten Forschungen kaum möglich. Aber die Deutsche Bahn und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt haben eine Lösung gefunden. Ihr Name: DIRK.
Was ist DIRK?
Ein ICE-Wagen wurde mit moderner Sensortechnik ausgestattet und zu einem „Demonstrationsfahrzeug für Innovationen im Reisendenkomfort und Klimatisierung“ (kurz DIRK) umgebaut. Mit anderen Worten: DIRK ist ein umgebauter ICE-2-Wagen der 2. Klasse, Modell Bpmz 802.9, mit 74 Sitzplätzen. Bis 2019 war er im regulären Betrieb der DB, bevor er Anfang 2020 zu einem stationären Versuchsfahrzeug umgerüstet wurde.
Das DIRK-Fahrzeug steht auf dem Gelände der DB Systemtechnik in Minden, Westfalen. Dort werden die neuen Technologien unter realen Bedingungen erprobt und weiterentwickelt, damit sie später in anderen Zügen der Deutschen Bahn eingesetzt werden können.
DB und DLR testen Klimatechnik unter realen Bedingungen
DIRK hat eine flexible Klimaregelung und ist mit modernen Messgeräten ausgestattet. Diese erfassen Daten zu Klimaanlage, Stromverbrauch, Temperaturen, Luftgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und Luftqualität. Bei Bedarf kann der Wagen auch mit Geräten zur Rauchvisualisierung, Strömungsanalyse, Infrarot-Thermografie und Spurengasanalyse erweitert werden.
Hier werden neue Technologien getestet, um den Komfort der Reisenden zu erhöhen und den Energieverbrauch der Klimaanlage zu senken. Denn: Die Klimatisierung des Fahrgastraums zählt zu den größten Energieverbrauchern in Zügen und kann im Extremfall bis zu 30% des Gesamtenergieverbrauchs ausmachen. Daher können Einsparungen in diesem Bereich erheblich zur Senkung der Betriebskosten eines Zuges beitragen.
Sensibilität für Luftqualität steigt
In diesem Wagen werden nicht nur die Temperaturen der Raumluft und Oberflächen gemessen, sondern auch die Luftbewegungen, Luftfeuchtigkeit und die Luftqualität anhand des CO2-Gehalts. Außerdem wurden im DIRK Befragungen durchgeführt, in denen Probanden ihr Temperaturempfinden bei unterschiedlichen Einstellungen der Klimaanlage beschrieben haben.
„Die Sensibilität für Luftqualität und ein komfortables Raumklima ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Wir haben mit dem DIRK viele wertvolle Hinweise zu einer wirksamen Luftbehandlung und – Verteilung in Eisenbahnwagen geben können. Damit konnten Eisenbahnunternehmen nicht nur für noch mehr Wohlbefinden bei den Reisenden sorgen, sondern auch die Energie fürs Heizen und Kühlen noch effizienter einsetzen“, erklärte Christoph Kirschinger aus der Geschäftsführung der DB Systemtechnik, des Ingenieurbüros der DB.
In den kommenden Jahren werden Experten im Demonstrationsfahrzeug DIRK weiterhin verschiedene Aspekte erforschen, darunter die sichere und effektive Bekämpfung von Aerosolen in der Raumluft. Im Rahmen eines gemeinsamen, von der EU geförderten Forschungsprojekts werden sie neue Filter-, Lüftungs- und Klimatisierungskonzepte unter den realen Bedingungen eines ICE-Wagens auf ihre Wirksamkeit überprüfen.
Alle denkbaren Außen- und Umgebungsbedingungen nachstellen
Da DIRK sich auf dem Gelände der DB Systemtechnik in Minden befindet, kann er in die benachbarte Klimakammer MEikE geschoben werden. Dies ermöglicht die einzigartige Kombination, alle denkbaren Außen- und Umgebungsbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung) zu simulieren. So können längere, betriebsnahe und realistische Untersuchungen zum thermischen Komfort und zur Luftqualität in Schienenfahrzeugen durchgeführt werden, ohne dass ein Fahrzeug aus dem Betrieb genommen werden muss.
Der Wagen ist mit Standardmesstechnik ausgestattet, die etwa 100 Messpunkte umfasst. Diese erfassen Temperatur (Raumluft, Zuluft, Oberflächen), relative Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, CO2-Gehalt, Energieverbrauch und Luftvolumenstrom.
Bewertung des individuellen thermischen Komforts
Für die Bewertung des individuellen thermischen Komforts wurden zwei verschiedene Systeme verwendet. Das erste System nutzte Infrarot-Thermografie und ein kalibriertes thermisches Modell eines Menschen. Das zweite System, das „Equites Messsystem“ (Comlogo) genannt wird, bestand aus 16 Sensoren, die an einer Testpuppe befestigt waren und lokale Wärmeströme erfassten.
Um zu untersuchen, wie sich Energiesparmaßnahmen auf den thermischen Komfort auswirken, wurden Sitzpuppen mit Equites-Sensoren (Comlogo) gemäß DIN EN ISO 14505-2 verwendet.
„Im DIRK, unserem Demonstrator für Innovationen bei Reisendenkomfort und Klimatisierung, bringen wir die Grundlagenforschung des DLR und das Bahn-Know-how der DB Systemtechnik produktiv zusammen. Ich freue mich, dass dieses zukunftsweisende Projekt heute in die Verlängerung geht. Komfort an Bord ist ein entscheidender Faktor, um noch mehr Menschen fürs Bahnfahren zu begeistern“, resümierte Dr. Hiie-Mai Unger, Vorsitzende der Geschäftsführung der DB Systemtechnik.
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