CO₂-Nachteil 30.10.2025, 18:00 Uhr

Elektroauto vs. Verbrenner: Neue Studie zur Klimabilanz

Elektroautos starten mit CO₂-Nachteil. Nach zwei Jahren drehen sie das Rennen: weniger Emissionen, weniger Schadstoffe, geringere Klimaschäden.

E-Auto oder Verbrenner

E-Auto vs. Verbrenner: Elektroautos starten mit CO₂-Nachteil – holen aber nach zwei Jahren auf und fahren dann klimafreundlicher.

Foto: Smarterpix / tomwang

Elektroautos starten mit einem CO₂-Nachteil, weil die Batterieproduktion energieintensiv ist. In den ersten zwei Jahren liegen sie rund 30 % über einem vergleichbaren Verbrenner. Danach kippt die Bilanz: Spätestens ab Jahr zwei verursacht das Elektroauto über den gesamten Lebenszyklus weniger CO₂ als der Benziner – und der Abstand wächst mit der Zeit. Zusätzlich sinken Luftschadstoffe wie Kohlenmonoxid und Stickoxide.

Ein weiterer Punkt: Rechnet man Klima- und Gesundheitsfolgen in Geld um, kosten Verbrenner über ihre Lebensdauer zwei- bis dreieinhalbmal so viel gesellschaftlichen Schaden wie Stromer. So die Ergebnisse einer US-Studie in Kurzfassung. Doch beginnen wir von vorne.

Der Streitfall in Zahlen

Sie kennen die Diskussion. Das Elektroauto sei doch gar nicht so grün. Die Batterie muss mit viel Energie gebaut werden. Lithiumabbau frisst Ressourcen. Und der Strom kommt ja auch nicht nur aus Sonne und Wind.

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Eine neue Analyse von Forschenden der Duke University hält jetzt dagegen – aber nicht im Stil einer Werbebroschüre, sondern mit einem kompletten Lebenszyklus-Vergleich: Rohstoffe, Produktion, Betrieb, Strommix, alles drin. Das Ergebnis ist eindeutig: Verbrenner liegen nur am Anfang vorn. Spätestens nach zwei Jahren kippt die Bilanz. Ab dann fährt das Batterieauto klimafreundlicher – und der Vorsprung wächst mit jedem weiteren Kilometer.

Die Studie wurde am 29. Oktober 2025 im Fachjournal PLOS Climate veröffentlicht. Federführend war Pankaj Sadavarte. Mit im Team: Drew Shindell und Daniel Loughlin. Die Gruppe betrachtet Elektro-Pkw (batterieelektrische Fahrzeuge, BEV) und klassische Verbrenner (Benziner) und rechnet die Emissionen bis 2050 durch.

Erstmal schluckt das E-Auto mehr CO₂

Der erste Befund klingt unangenehm für alle, die jetzt schon elektrisch fahren: In den ersten beiden Nutzungsjahren verursacht ein Elektroauto über den gesamten Lebenszyklus rund 30 % mehr CO₂ als ein vergleichbarer Benziner. Grund ist vor allem die Batterie. Die Herstellung von Lithium-Ionen-Zellen erfordert Energie. Für Lithium, Nickel, Kobalt & Co. müssen Rohstoffe gefördert, aufbereitet und in komplexen Prozessen weiterverarbeitet werden. Das kostet CO₂.

Auch der Aufbau des Fahrzeugs selbst fällt etwas schwerer ins Gewicht. Das Team beziffert die Emissionen, die ein Auto „im Rucksack“ trägt, also bevor es überhaupt das erste Mal vom Hof rollt. Eine batterieelektrische Limousine bringt hier einfach mehr Startlast mit als ein Verbrenner.

Und dann dreht sich das Bild

Nach rund zwei Jahren Nutzung hat das Elektroauto diesen Rückstand aber aufgeholt. Ab dann liegen die kumulierten Emissionen des Elektro-Pkw niedriger als die des Verbrenners. Und zwar dauerhaft. „Nach dem zweiten Jahr […] kippt die Bilanz“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Ab diesem Punkt sammelt der Stromer CO₂-Vorteile Kilometer für Kilometer.

Der Grund ist simpel: Ein Verbrenner pustet bei jeder Fahrt CO₂ aus dem Auspuff. Das Elektroauto stößt lokal nichts aus. Sein Strom kommt zwar nicht zu 100 % aus erneuerbaren Quellen. Aber die Stromerzeugung wird Jahr für Jahr sauberer. Kohlekraftwerke gehen nach und nach raus. Solar, Wind und Gas verdrängen alte Kohleblöcke. Damit sinkt der CO₂-Rucksack jeder weiteren Kilowattstunde, die in die Batterie geladen wird.

Die Forschenden rechnen das durch und kommen auf zwei zentrale Zahlen:

  • Im Jahr 2030 spart jede zusätzliche Kilowattstunde Batteriekapazität im Fahrzeug durchschnittlich 220 kg CO₂ ein.
  • Im Jahr 2050 liegt dieser Effekt immer noch bei 127 kg CO₂ pro Kilowattstunde.

Übersetzt heißt das: Mehr Batterie im Auto ist nicht automatisch „mehr Last fürs Klima“. Mehr Batterie kann sogar helfen, CO₂ einzusparen – zumindest dann, wenn die Fahrzeuge lange gefahren werden und der Strommix weiter dekarbonisiert.

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Lebenszyklus statt Auspuff-Debatte

Spannend an der Studie: Sie schaut nicht nur auf den Auspuff (Tank-to-Wheel). Sie schaut auch auf alles, was vorher passiert (Well-to-Tank) – also Förderung von Erdöl, Raffinerie, Transport des Kraftstoffs, genauso wie Zellfertigung, Montage der Batterie und Fahrzeugproduktion. Kurz: Jede Tonne CO₂, die irgendwo entlang der Kette anfällt, landet in der Bilanz.

Das Team simuliert dafür mehrere Szenarien für den US-Markt. In diesen Szenarien steigt der Anteil von Elektroautos an den Neuzulassungen unterschiedlich stark. Dann wird durchgerechnet, wie sich Verkehr, Stromerzeugung, Industrie und sogar Raffinerien gegenseitig beeinflussen.

Hintergrund: Wenn viele Menschen elektrisch fahren, sinkt die Nachfrage nach Benzin. Raffinerien laufen weniger. Gleichzeitig steigt der Strombedarf. Das zwingt das Stromsystem, nachzulegen. Genau diese Wechselwirkungen modelliert das Team.

Das Ganze läuft über das Modell GCAM-USA. Das ist ein integriertes Energiesystem-Modell, das Energie, Verkehr, Preise, Nachfrage und Emissionen zusammen betrachtet – nicht nur im Verkehr, sondern quer durch die Volkswirtschaft.

CO, NOx, Feinstaub: Luft wird sauberer

Elektroautos sind nicht nur eine CO₂-Frage. Es geht auch um Luftschadstoffe. Die Studie bewertet klassische Schadstoffe wie Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOₓ) und Schwefeldioxid (SO₂). Diese Substanzen stehen für Smog, Atemwegsbelastung, also ganz konkrete Gesundheitsrisiken.

Hier zeigt sich ein ähnliches Muster: Wenn mehr Batterieautos auf die Straße kommen, sinken die Emissionen aus Benzin- und Diesel-Pkw deutlich. In den ambitionierten Szenarien halbieren sich zum Beispiel die CO-Emissionen aus dem Bereich Pkw bis 2050 fast. Gleichzeitig verschiebt sich ein Teil der Emissionen Richtung Stromerzeugung. Kohlekraftwerke, die länger am Netz bleiben, können lokal SO₂ und NOₓ ausstoßen.

Aber: Dieser Effekt nimmt langfristig ab. Je stärker Kohle durch Wind, Solar, Gas und Kernkraft verdrängt wird, desto sauberer wird der Strom. In der Modellrechnung führt das dazu, dass auch NOₓ und SO₂ in Summe fallen. Spätestens 2050 zeigen die Szenarien deutlich niedrigere Werte pro Kilowattstunde Batterie.

Studienleiter Pankaj Sadavarte fasst das so zusammen: „Unsere Forschung zeigt, dass der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf batterieelektrische Fahrzeuge das Klima und die Luftqualität langfristig deutlich verbessern kann.“

Klimaschaden in Euro? Verbrenner wird teuer

Die Duke-Gruppe bewertet außerdem, was diese Emissionen gesellschaftlich kosten. Dafür nutzen die Forschenden den sogenannten „Social Cost of Atmospheric Release“, kurz SCAR. Hinter SCAR steckt eine Art Preisschild für Schadstoffe. Vereinfacht gesagt: Wie teuer wird es für die Gesellschaft, wenn wir heute eine weitere Tonne CO₂, NOₓ, SO₂ oder CO rausblasen? Das umfasst Klimafolgen, Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung usw.

Das Ergebnis ist deutlich: Ein Verbrenner verursacht über seine Lebensdauer 2- bis 3,5-mal so hohe „Schadenskosten“ wie ein vergleichbares Elektroauto. Oder in den Worten von Mitautor Drew Shindell: „Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verursachen unter Berücksichtigung von Klima und Luftqualität etwa zwei- bis dreimal mehr Schäden als Elektrofahrzeuge.“ Diese Spanne wächst in der Zukunft weiter, weil der Strommix sauberer wird, während die letzten Verbrenner weiter fossile Kraftstoffe verbrennen.

Aber bei uns ist der Strom doch anders …“

Jetzt kommt der typische Einwand aus Deutschland: „Ja gut, das sind US-Daten. In Europa ist das doch ganz anders.“ Stimmt – aber nicht im negativen Sinn.

Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI hat sich die Studie auf Anfrage angesehen und bewertet sie als insgesamt plausibel. Sein Fazit: Die Ergebnisse erscheinen realistisch. Für Europa sieht er die Lage tendenziell sogar noch leicht besser für Batterie-Pkw. Das liegt daran, dass viele Menschen mit E-Auto zu Hause laden – oft mit eigener Photovoltaik. Also mit selbst produziertem Ökostrom. Damit sinken die gefahrenen Kilometer „aus der Steckdose“ CO₂-technisch noch einmal deutlich. Er sagt: „Aber von den Pkw ist der Batterie-Pkw klar der umweltfreundlichste.“

Auch das Umweltbundesamt (UBA) bestätigt die grundsätzliche Richtung. Aus Sicht des UBA sind batterieelektrische Fahrzeuge Stand heute in der Klimabilanz besser als klassische Verbrenner – und auch besser als viele Brennstoffzellen-Pkw. Das UBA weist aber darauf hin, dass Rahmenbedingungen in Europa anders sind als in den USA: anderer Strommix, andere Fahrzeugflotten, andere Regulierung. Dennoch liefert auch eine vom UBA beauftragte Studie ähnliche Ergebnisse.

Das Fraunhofer ISI hat darüber hinaus mehr als 70 Studien gesichtet. Studienautor Martin Wietschel sagt dazu: „Generell gibt es in Deutschland noch eine relativ hohe Skepsis gegen das Elektroauto. Viele Gründe dafür können wir aus wissenschaftlicher Perspektive aber nicht nachvollziehen.“ (mit Material der dpa)

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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