Automobilbau 27.08.2010, 19:48 Uhr

Die bunte Welt der Fahrzeug-Lackierer wird grüner

Gut ein Viertel aller CO2-Emissionen im Laufe eines Autolebens entsteht, bevor der Zündschlüssel zum ersten Mal gedreht wird – nämlich in der Fertigung. Die Lackierer müssen über die Hälfte davon auf ihre Kappe nehmen. Anlagenbauer und Forschungsinstitute wollen den Energiehunger der Lackierstraßen künftig zähmen. Ihre Ideen könnten Automobilfabriken verändern.

Rost war gestern. Heute bleiben Autos jahrelang makellos. Warum? Ralf Völlinger führt es an einer haushohen Versuchsanlage vor. Der Automat greift sich einen Karosserierohbau, tunkt ihn in ein Becken mit warmem, unter elektrische Spannung gesetzten Lack und lässt das Auto einen Salto darin schlagen.

„Damit sämtliche Hohlräume geflutet werden, folgt die Tauchkurve Algorithmen, die wir für jedes Modell einzeln in Testreihen und Simulationen erarbeiten. Zusätzlich sorgen Düsen für optimale Strömung im Becken“, so Völlinger. Der Executive Director der Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co. KG ist hier oben auf der Versuchsanlage sichtlich in seinem Element.

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Eisenmann ist der zweitgrößte Lackieranlagenbauer der Welt. Quer durch Stuttgart, kaum 60 km entfernt, sitzt mit der Dürr AG der Weltmarktführer. Beide arbeiten daran, der Qualitätsrevolution der 80er- und 90er-Jahre eine Energierevolution folgen zu lassen. Aktuell braucht es zu viel Strom, um die Autos in brillante Farben zu hüllen. Eine große Lackierstraße zieht rund 150 000 MWh jährlich – so viel wie eine Stadt mit 100 000 Einwohnern. Vier riesige Öfen durchläuft jede Karosserie, jeweils gefolgt von Abkühlphasen.

Der Wechsel aus Heizen und Kühlen ist nicht einmal der größte Posten der Energiebilanz. Energiefresser Nummer eins ist die Luftaufbereitung. Denn egal ob Sommer oder Winter, Regen- oder Trockenzeit – Lackierprozesse setzen konstante Luftfeuchte und Temperaturen sowie partikelfreie Luft voraus. Pro Stunde müssen 500 000 m3 Prozessluft aufbereitet werden – das Volumen der Arena auf Schalke.

So kommt es, dass ein Viertel der CO2-Emissionen von Autos entsteht, ehe ihr Motor erstmals startet. Lackieren ist der teuerste und energieaufwändigste Teil der Produktion. Dürr und Eisenmann arbeiten längst dagegen an. Die von Völlinger vorgeführte kathodische Tauchlackierung (KTL) ist ein Beispiel dafür. Salti in kurzen, tiefen Becken ersetzen Tauchtouren durch lange, allmählich abfallende Becken. Weniger Lack muss unter Strom gesetzt und dabei auf 30 °C heruntergekühlt werden. Und es geht schneller. Gut 70 Karosserien schafft die Anlage pro Stunde.

Auch die Wirkungsgrade beim Lackieren sind heute nicht mehr mit früheren Werten vergleichbar. Gingen in den 70er-Jahren noch 65 % des Lacks daneben, sind es heute dank elektrostatischer Verfahren unter 20 %. Und Lackwechsel vom Fahrzeug zu Fahrzeug haben die Hersteller derart perfektioniert, dass dabei weniger als 10 ml verloren gehen.

Völlinger weist an fast jeder Anlage in der Halle auf hohe zweistellige Effizienzfortschritte hin. „Dahinter steckt viel Detailarbeit und inzwischen stehen ganze Prozessarchitekturen auf dem Prüfstand“, sagt er. Geschlossene Wasserkreisläufe sind etabliert. Nun ist die Luft dran. Als Schlüsseltechnologie gilt die Trockenabscheidung jener 20 % Lack, die trotz Elektrostatik und ms-genauer, softwaregesteuerter Anpassung des Sprühstrahls an die Karosserieform ins Leere laufen. „Bisher haben wir den Overspray nass ausgewaschen“, erklärt Völlinger. Wirksam war das. Doch die Luft kühlte dabei ab und sog sich mit Wasser voll. Eine gigantische Energiesenke, die in großen Anlagen (über 150 000 Karosserien pro Jahr) gut 50 000 MWh jährlich schluckt.

Im trockenen Prozess sind es noch 11 000 MWh, zudem braucht es 87 % weniger Wasser. Das spart fast zwei Drittel der Betriebskosten. Dafür haben die Eisenmann-Entwickler das Prinzip der Elektrostatik auf die Luftaufbereitung übertragen. Die Prozessluft durchströmt eine Kaskade hochspannungsführender Metallgitter und Trennwände, an denen eine zähe Flüssigkeit hinabrinnt. Hier docken über 99 % der geladenen Lacktröpfchen an.

Dürr scheidet ebenfalls trocken ab, nutzt dafür aber Membrantechnik. Damit die feinporigen Filter nicht vom Lack verschmieren, werden sie regelmäßig mit Kalksteinmehl gepudert. Ist das Mehl gesättigt, folgt ein automatisierter Austausch. Laut Dürr können so 95 % der Prozessluft in die Lackierkabinen zurückgeleitet werden. Dabei soll es nicht bleiben. Durch schnellere Takte sollen die einmal erzeugte Wärme und Spannung besser genutzt werden. Beide Hersteller wollen die Prozessketten raffen.

Lacke werden dabei eine zentrale Rolle spielen. Sie sollen KTL und vorhergehende Zinkphosphatierung in einem Schritt ermöglichen oder Füllerlacke zum Ausgleich kleiner Unebenheiten überflüssig machen. „Damit entfällt eine Beschichtung samt Ofen und Kühlphase“, so Völlinger. Das spare Zeit, Material, Ausrüstung – und bis zu 25 000 MWh pro Jahr. Auch im weiteren Lackierprozess sind neue Lösungen aus der chemischen Industrie im Anmarsch. Etwa Lacke, die sich „nass in nass“ auftragen lassen. Werden sie marktreif, wäre auch die Ofen- und Abkühlphase zwischen Basis- und Klarlack obsolet. Weiteres Sparpotenzial sehen die Hersteller in kompakteren Lackierkabinen. Roboter stecken nur noch ihre Arme hinein oder fahren auf verschiedenen Höhenniveaus an den Karosserien entlang. Das spart Platz und Geld. Pro Meter, den die Wände an die Karosserien rücken, sinken die Betriebskosten um gut 100 000 € im Jahr.

Dieter Ondratschek, Abteilungsleiter Lackiertechnik am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, IPA, in Stuttgart, kennt all das. Seit 1975 begleitet der Ingenieur die Entwicklungen der Branche und gilt heute als Kapazität. Nun leitet er den Arbeitsbereich „energieeffiziente Lackiertechnik“ in der groß angelegten Innovationsallianz „Green Carbody Technologies“. Gefördert vom Bund, nimmt diese Allianz aus Autoherstellern, Zulieferern und Forschungsinstituten 100 Mio. € in die Hand, um den Energiebedarf der Autoproduktion zu halbieren.

„Wir wissen alle, dass es so wie bisher nicht weitergeht“, sagt Ondratschek. Lackieren sei noch zu aufwändig. Der Forscher hat jede Menge Ideen, um das zu ändern. Die Allianz will einige davon erproben. Ein Ansatz ist es, statt ganzer Karosserien nur noch Module zu lackieren. „Wir bekämen so viel einfachere Geometrien“, erklärt er. Davon erhofft er sich Kettenwirkung. Einerseits, weil mit simpleren Teilen die seit Jahrzehnten gehegte Vision denkbar wird, völlig verlustfrei zu lackieren. Andererseits, weil alternative Beschichtungen machbar werden. „Etwa Folienverfahren oder Lacke, die mit UV-Strahlung oder anderen Lichtquellen gehärtet werden“, sagt er. Ofen- und Kühlphasen könnten so entfallen, die Luftaufbereitung ließe sich massiv abspecken, und wo kein Lack mehr das Ziel verfehlt, sinken natürlich auch die Kosten und der Ressourcenverbrauch.

Nach 35 Jahren in der Branche weiß Ondratschek, dass solche Umbrüche nicht ad hoc passieren. „Ob wasserlösliche Lacke, Pulver- oder Nanolacke – stets hieß es, dass wir in zehn Jahren nur noch damit arbeiten“, erinnert er sich. Doch wirklich Revolutionäres habe sich unbeachtet abgespielt, ob in der Qualität, bei den Arbeitsbedingungen oder der Möglichkeit, Lackierprozesse zu simulieren und per IT zu steuern.

Obwohl der Forscher glaubt, dass die Lackiertechnik der Zukunft anders aussehen wird, als er sie sich heute vorstellt, wagt er einen Ausblick: „Künftig werden Karosserien als Spaceframes gebaut und dann mit Komponenten auf Basis von Carbonfasern, Kunststoffen, Aluminium und Magnesium beplankt. Das setzt natürlich neue Füge-, Verbindungs- und Handhabungstechnik voraus“, sagt er. Künftig werde mehr geklebt und geclipt als geschweißt. Und Fügeprozesse müssen so gestaltet werden, dass die beschichteten Bauteile dabei nicht zerkratzen. Statt kilometerlanger Anlagen mit Luftaufbereitung und Wärmetauschern werden kleine Lackiermodule in den Werken der Hersteller und Zulieferer stehen, aus denen es kräftig leuchtet, wenn verlustfrei aufgetragene Speziallacke zum Härten bestrahlt werden.

Doch wie reagieren die Autohersteller, wenn ihnen die Forscher Fabriken und sämtliche Prozesse auf den Kopf stellen? Ondratschek lacht. „Die sind doch die treibenden Kräfte im Forschungsprojekt.“ Bei den Herstellern gebe es ein radikales Umdenken. Nicht nur weil ihnen die Energie- und Prozesskosten im Magen liegen und sie nach schlanken Lösungen suchen, um auf Nachfrageschwankungen reagieren zu können, sondern weil sie verstanden hätten, wie begrenzt ihre Ressourcen sind. „Heute setzt sich die Branche sogar ernsthaft mit Lacken auf Basis nachwachsender Rohstoffe auseinander“, berichtet der Experte. Noch vor wenigen Jahren sei das völlig undenkbar gewesen.

PETER TRECHOW

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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