Klimaschutz auf See 21.07.2025, 14:00 Uhr

CO₂-Ausstoß von Frachtschiffen: Irgendwas läuft schief

CO₂-Emissionen auf See steigen rapide. Warum die Huthis, Schweröl und fehlende Regeln eine gefährliche Mischung sind.

Containerschiff auf dem Meer

Ein Containerschiff auf dem offenen Meer: Der weltweite Warentransport per Frachter verursacht jährlich Millionen Tonnen CO₂ – und die Emissionen steigen weiter. Was sind die Ursachen, wie lässt sich das ändern?

Foto: PantherMedia / AvigatoR

Die Zahlen klingen wie aus einem Lehrbuch zur Klimakrise: Laut aktueller MRV-Daten der EU haben Containerschiffe mit EU-Bezug im vergangenen Jahr rund 52,8 Millionen Tonnen CO₂ ausgestoßen. Das sind 46 % mehr als im Vorjahr – ein massiver Anstieg, der so deutlich ausfällt wie nie seit Beginn der EU-Erhebung im Jahr 2018.

Damit stoßen diese Schiffe so viel CO₂ aus wie ein ganzes Land, beispielsweise Griechenland. Bis 2022 war der Trend rückläufig. Nun der krasse Anstieg – wie konnte es dazu kommen und wie lässt sich dieser Trend wieder umkehren? Wir schauen uns an, was derzeit in Sachen Klimaschutz bei Containerschiffen los ist.

Ursachenanalyse: Das treibt den CO2-Ausstoß an

Die Unsicherheit im Roten Meer verändert die globalen Lieferketten – mit drastischen Folgen für die Umwelt. Längere Fahrzeiten und veraltete Treibstoffe treiben den CO₂-Ausstoß der Frachtschifffahrt spürbar in die Höhe. Doch es gibt noch weitere Faktoren.

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Krise im Roten Meer treibt Emissionen in die Höhe

Ein zentraler Grund für den rapiden Anstieg liegt in der veränderten Routenführung auf den Weltmeeren. Seit Ende 2023 meiden viele Reedereien die direkte Passage durch das Rote Meer. Grund dafür sind wiederholte Angriffe der Huthi-Miliz auf Handelsschiffe, insbesondere solche mit mutmaßlichen Verbindungen zu Israel.

Statt durch den Suezkanal steuern Frachtschiffe nun verstärkt über das Kap der Guten Hoffnung – eine Umfahrung, die je nach Zielhafen bis zu 6000 Kilometer zusätzlich bedeuten kann. Das wirkt sich unmittelbar auf den Treibstoffverbrauch und somit auf den CO₂-Ausstoß aus.

Die Analysefirma Sea-Intelligence geht davon aus, dass allein diese Routenänderung 18 Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich verursacht hat. In einer internen Untersuchung heißt es: „Dieser Anstieg ist eindeutig auf die Krise im Roten Meer zurückzuführen.“

Hintergrund: Huthi-Angriffe im Roten Meer

Seit November 2023 attackieren Huthi-Milizen aus dem Jemen gezielt Handelsschiffe im Roten Meer – vor allem solche mit angeblichem Bezug zu Israel. Die vom Iran unterstützte Gruppe kontrolliert große Teile des Jemen und nutzt ihre strategische Lage nahe der Meerenge Bab al-Mandab, um den internationalen Schiffsverkehr zu stören.

Anfang Juli 2025 gerieten zwei Frachter griechischer Reedereien unter liberianischer Flagge ins Visier. Die „Magic Seas“ wurde nach Angaben der Miliz mit Drohnen, Raketen und unbemannten Booten angegriffen. Drei Seeleute kamen dabei ums Leben, zwei weitere wurden verletzt. Die „Eternity“ wurde ebenfalls schwer beschädigt.

Im Mai 2025 hatten die Huthis mit den USA eine Waffenruhe vereinbart – vermittelt durch Oman. Dennoch setzten sie ihre Angriffe fort. Sie sind Teil der sogenannten „Achse des Widerstands“, zu der auch Hamas und Hisbollah zählen. Ihr erklärtes Ziel: die Bekämpfung Israels und seiner Verbündeten.

 

Die Treibstofffrage: Warum Schweröl so problematisch ist

Die Umwege allein erklären jedoch nicht den gesamten Anstieg. Ein weiterer Faktor ist der verwendete Treibstoff. Noch immer fahren viele Frachtschiffe mit sogenanntem Schweröl – einem besonders dichten, zähen Restprodukt der Erdölverarbeitung. Schweröl ist günstig, aber umweltschädlich.

Es enthält hohe Konzentrationen an Schwefel, Stickoxiden und Ruß. Die Schwefelgrenzwerte für Seeschiffe liegen bei 0,5 % – im Vergleich zum Straßenverkehr rund 500-mal höher. In besonderen Umweltzonen wie Nord- und Ostsee ist der Wert zwar auf 0,1 % begrenzt, doch global bleibt Schweröl ein massives Problem für Umwelt und Gesundheit.

Denn Rußpartikel wirken wie ein Verstärker der Erderwärmung: Lagern sie sich etwa auf Eisflächen ab, beschleunigen sie deren Schmelze. Auch für die Meeresökosysteme ist Schweröl ein Risiko – durch Schadstoffe, die sich beim Verbrennen im Wasser absetzen.

Mehr Schiffe, mehr Fracht, mehr CO₂

Der Welthandel boomt. Rund 90 % der global gehandelten Güter werden über Seewege transportiert. Dabei steigt nicht nur die Zahl der Containerschiffe, sondern auch die Größe der einzelnen Einheiten. Megacarrier mit über 20.000 Standardcontainern (TEU) gehören mittlerweile zum Alltag.

Doch mit der Größe wächst auch der CO₂-Fußabdruck. Zwar schneiden Schiffe im Vergleich zu Flugzeugen oder Lkw pro transportierter Tonne relativ gut ab. Doch absolut betrachtet summieren sich die Emissionen schnell – vor allem bei Umwegen und niedriger Effizienz.

Die EU-Agenturen EMSA und EEA fordern deshalb ein entschiedenes Umdenken im maritimen Sektor. In einem gemeinsamen Bericht heißt es: „Der maritime Sektor muss seine Bemühungen in den kommenden Jahren verstärken.“

Klimaschutz auf See: Was das Gesetz verlangt – und was nicht

Der internationale Schiffsverkehr ist komplex reguliert – und gleichzeitig schwer zu kontrollieren. Ein zentrales Abkommen ist MARPOL, das verschiedene Formen der Meeresverschmutzung reguliert. Ergänzend existieren Vereinbarungen wie der Polar Code oder das Ballastwasser-Übereinkommen.

Seit 2018 gilt in der EU die MRV-Verordnung (Monitoring, Reporting, Verification). Sie verpflichtet Schiffe mit über 5000 Bruttoregistertonnen, ihre Emissionen zu erfassen – unabhängig von Flagge oder Herkunftsland. Seit 2024 ist die Schifffahrt zudem in den EU-Emissionshandel einbezogen: Wer mehr CO₂ ausstößt, muss entsprechende Zertifikate kaufen.

Doch es bleibt ein strukturelles Problem: das Flaggenstaatenprinzip. Reedereien können ihre Schiffe dort registrieren, wo die Regeln am lockersten sind. Beliebte „Billigflaggen“ wie Liberia oder Panama kontrollieren Umweltvorgaben kaum – und erschweren die Rechtsdurchsetzung auf hoher See.

Wichtige Regeln und Gesetze zum Klimaschutz in der Schifffahrt

  • MARPOL-Abkommen: Internationales Abkommen zur Verhinderung der Meeresverschmutzung durch Schiffe. Regelt unter anderem Öl, Chemikalien, Abwasser, Müll und Abgase.
  • IMO-Klimastrategie: Ziel: Reduktion der Treibhausgasemissionen um 30 % bis 2030, 80 % bis 2040 und vollständige Klimaneutralität bis 2050. Gilt weltweit, jedoch nicht verbindlich umgesetzt.
  • EU-MRV-Verordnung: Seit 2018: Verpflichtet Schiffe über 5000 Bruttoregistertonnen zur jährlichen Meldung ihrer CO₂-Emissionen bei Fahrten von, nach oder innerhalb der EU.
  • EU-Emissionshandel (ETS): Seit 2024: Schifffahrt ist Teil des Emissionshandels. Reedereien müssen CO₂-Zertifikate kaufen – auch für Schiffe unter ausländischer Flagge, wenn sie EU-Häfen anlaufen.
  • FuelEU Maritime: Neue EU-Verordnung: Ab 2030 müssen Schiffe in EU-Häfen Landstrom nutzen können. Ziel ist der Aufbau emissionsfreier Hafeninfrastruktur.
  • Polar Code: Ergänzung zu MARPOL für die Arktis und Antarktis. Regelt technische und betriebliche Anforderungen in besonders sensiblen Meeresregionen.
  • Ballastwasser-Übereinkommen: Internationales Abkommen zum Schutz der Meeresökosysteme vor eingeschleppten Arten durch Ballastwasser. Indirekt auch relevant für Umwelt- und Klimaschutz.

 

Weitere unsichtbare Probleme: Schadstoffe, Müll und Lärm

Nicht nur CO₂ stellt ein Umweltproblem dar. Auch andere Belastungen durch Containerschiffe geraten zunehmend in den Fokus:

  • Abgase: Schwefeloxide, Stickoxide und Feinstaub tragen zur Versauerung von Böden bei, schädigen die Atemwege und verschärfen den Klimawandel.
  • Abwasser: Viele Schiffe nutzen Scrubber, um Abgase zu reinigen. Die Rückstände – mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen belastet – landen jedoch oft direkt im Meer.
  • Müll: Ein erheblicher Teil des Plastikmülls in den Ozeanen stammt aus Schifffahrt und Fischerei.
  • Lärm: Besonders für Meeressäuger wie Wale kann der konstante Maschinenlärm zur tödlichen Bedrohung werden.

Technische Lösungen für die Schifffahrt von morgen

Wir wissen jetzt, warum Containerschiffe so viel CO2 ausstoßen, kommen wir nun zu technischen Lösungen, die nicht allein darauf basieren, neue Antriebe zu entwickeln. Auch neue Designs und KI können helfen, Frachtschiffe klimafreundlicher zu machen.

Hoffnung auf Methanol, Ammoniak und Wasserstoff

Viele Reedereien suchen nach Alternativen zum Schweröl. Ganz oben auf der Liste stehen aktuell drei Stoffe: Methanol, Ammoniak und Wasserstoff. Vor allem Methanol gilt als aussichtsreiche Option. Der Energieträger hat zwar eine geringere Energiedichte als Diesel, lässt sich aber mit regenerativem Strom klimaneutral herstellen – sogenanntes „grünes Methanol“.

Einige Reedereien setzen bereits auf diesen Kurs. So hat Maersk 2024 das erste große Containerschiff mit Methanolantrieb in Betrieb genommen. In Dänemark entsteht derzeit eine der weltweit ersten Produktionsanlagen für grünes Methanol – gespeist mit Wind- und Solarstrom.

Wasserstoff und Ammoniak könnten langfristig ebenfalls eine Rolle spielen. Ihr Einsatz erfordert allerdings neue Motorkonzepte und umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen. Auch die Logistik ist komplex: Spezielle Lager- und Betankungseinrichtungen sind nötig, und viele Häfen sind darauf noch nicht vorbereitet.

Biokraftstoff als Übergangslösung

Ein weiteres Modell ist der Einsatz von HVO-Kraftstoffen (Hydrotreated Vegetable Oil). Dieser Biokraftstoff wird aus pflanzlichen Altölen oder -fetten hergestellt und verursacht weniger Emissionen als fossiler Diesel. Der Vorteil: Schiffe mit klassischen Dieselmotoren können auf HVO umgerüstet werden – relativ kostengünstig.

Henning Edlerherr vom Maritimen Cluster Norddeutschland sieht darin Potenzial – gerade für kleinere Schiffe und Binnenschifffahrt: „Eine Umrüstung auf grünes Methanol ist aktuell kaum wirtschaftlich darstellbar – HVO bietet hier eine pragmatische Zwischenlösung.“

Digitalisierung: Wie Daten und KI den Verbrauch senken

Neben dem Treibstoff ist auch der Schiffsbetrieb selbst ein Hebel für mehr Effizienz. Dank moderner Sensorik und künstlicher Intelligenz (KI) lassen sich heute Millionen von Betriebsdaten in Echtzeit auswerten – etwa zu Wind, Wellen, Strömung, Beladung und Geschwindigkeit.

Beispiel: Das Unternehmen Silverstream Technologies setzt auf sogenannte Air-Lubrication-Systeme. Dabei erzeugen Düsen an der Unterseite des Schiffs einen Luftfilm, der den Reibungswiderstand verringert. Das spart Treibstoff – und reduziert die Emissionen. Bereits 82 Schiffe wurden mit dem System ausgerüstet.

Solche Systeme erzeugen enorme Datenmengen. „Bis zu 20 Millionen Einzeldaten pro Woche“, so Silverstream-Gründer Noah Silberschmidt. KI hilft, aus diesen Daten konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten – etwa für optimale Fahrgeschwindigkeiten oder Wartungsintervalle.

Neue Designs und Windunterstützung

Auch am Rumpfdesign wird gearbeitet: Strömungsoptimierte Formen, Leichtbaumaterialien und Zusatzantriebe durch Windkraft können den Treibstoffbedarf erheblich senken. In Hamburg zeigte das Unternehmen Norsepower kürzlich eine moderne Interpretation des Flettner-Rotors – ein drehender Zylinder, der Wind in Vortrieb umwandelt.

„Das ist die Zukunft der Schifffahrt“, schrieb Albert Einstein bereits vor knapp 100 Jahren an den Entwickler des Systems, Sigurd Savonius. Heute sind solche Rotoren auf immerhin 22 Schiffen im Einsatz.

Elektroschiffe: Noch ein Nischenthema, aber wachsend

Auch batteriebetriebene Schiffe gewinnen an Bedeutung – vor allem im Nahbereich. In Norwegen fahren bereits über 80 Autofähren elektrisch. Im Oslofjord pendelt seit 2020 die „Basto Electric“ – mit Platz für 200 Autos und 600 Passagiere, komplett emissionsfrei.

In Deutschland wurden mehrere Rheinfähren auf E-Motoren umgerüstet. Der Strom stammt aus großen Akkus, die nachts mit Ökostrom geladen werden. Der Betrieb sei laut Betreiber*innen langfristig günstiger, die Technik sicherer und wartungsärmer.

Für Hochseeschiffe ist die Batterietechnik derzeit noch begrenzt einsetzbar. Einige Frachter nutzen Hybridlösungen oder austauschbare Batteriecontainer. In China etwa verkehren zwei große E-Frachter auf dem Jangtsekiang. Sie werden alle 300 Kilometer mit neuen Batteriecontainern versorgt.

Hafenstrom: Eine einfache Lösung – mit Infrastrukturhürde

Ein Fünftel der Emissionen entsteht nicht auf See, sondern im Hafen. Wenn die Schiffe dort weiter mit Bordaggregaten laufen, statt sich an das Stromnetz anzuschließen, wird unnötig CO₂ ausgestoßen.

Die EU verpflichtet ab 2030 alle großen Häfen, Stromanschlüsse für Containerschiffe, Passagierschiffe und Kreuzfahrtschiffe bereitzustellen. Doch der Aufwand ist groß: Ein Kreuzfahrtschiff benötigt so viel Strom wie 12.000 Einfamilienhäuser. Neue Leitungen, Umspannwerke und Netzkapazitäten müssen aufgebaut werden.

Was jetzt konkret passieren muss – und warum es nicht reicht, nur Technik zu verbessern

Die technischen Lösungen für eine klimafreundlichere Schifffahrt haben wir vorgestellt. Nun geht es darum, die vorhandenen Technologien voranzutreiben und konkrete Maßnahmen zu ergreifen.

Was die Politik tun kann – und muss

Technisch ist vieles möglich. Doch ohne politischen Druck bleibt die Umsetzung zäh. Die CO₂-Bepreisung über den EU-Emissionshandel ist ein erster Schritt. Aber viele Expert*innen sind skeptisch, ob das allein reicht.

„Solange Schweröl deutlich günstiger ist als alternative Treibstoffe, wird sich wenig ändern“, heißt es aus Umweltverbänden.

Lieferkettengesetz: Mehr Transparenz auf See

Ein großer Teil des Problems liegt in der Intransparenz. Während sich produzierende Unternehmen zunehmend an soziale und ökologische Standards halten müssen, bleibt die Transportkette weitgehend unbeachtet. Dabei trägt sie entscheidend zur Klimabilanz eines Produkts bei.

Ein Vorschlag: Das bestehende Lieferkettengesetz um Umweltkriterien im Transport erweitern. Reedereien und Logistikunternehmen müssten dann belegen, wie klimaschonend ihre Transporte ablaufen. Unternehmen wie Amazon oder H&M stünden damit stärker in der Verantwortung – ebenso wie ihre Dienstleister.

Die Folge könnte sein: Wer klimafreundlich verschifft, wird wettbewerbsfähig. Wer weiter auf Schweröl setzt, verliert Marktanteile.

Internationale Regeln – nationale Umsetzung

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) will bis 2050 eine klimaneutrale Schifffahrt erreichen. Bis 2030 sollen die Emissionen um 30 % sinken, bis 2040 um 80 %. Doch verbindliche Vorgaben fehlen vielerorts. Nationale Maßnahmen – wie die Einbeziehung der Schifffahrt in den EU-Emissionshandel – sind ein Anfang. Aber sie greifen nicht weltweit.

Ein globaler CO₂-Preis, abgestimmt über die IMO, wäre ein starkes Signal. Er könnte klimaschädliche Routen unattraktiv machen und den Einsatz sauberer Technologien fördern. Doch viele Länder zögern – aus Angst um ihre Exportwirtschaft oder maritime Arbeitsplätze.

Infrastrukturen aufbauen – auch jenseits der EU

Neue Antriebstechnologien brauchen neue Versorgungsnetze: LNG-Terminals, Tankstellen für Methanol oder Ammoniak, Batterieladestationen in Häfen. Die EU-Kommission fordert diese Strukturen bis 2030 für alle relevanten Häfen – doch weltweit sieht es anders aus. Wer langfristig emissionsfrei fahren will, braucht ein internationales Netzwerk.

Die Herausforderung: Private Investitionen scheuen hohe Anfangskosten. Staatliche Förderungen können hier entscheidend sein – ähnlich wie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur im Straßenverkehr.

Mehr Kontrolle – und echte Konsequenzen

Ein weiteres Problem: Fehlende Kontrolle. Zwar existieren klare Umweltregeln für die Seefahrt. Doch deren Einhaltung ist oft Glückssache. Die Zahl der überprüften Schiffe ist gering. Und auf hoher See greifen nationale Behörden kaum ein.

Auch das Flaggenstaatsprinzip macht Sanktionen schwer. Reeder melden ihre Schiffe dort an, wo Umweltauflagen gering sind. Hier braucht es mehr Druck: Nur wer glaubhaft kontrolliert und Verstöße ahndet, schafft Vertrauen in die Klimawirkung der Regelwerke.

Die Wirtschaft in die Pflicht nehmen

Reedereien, Zulieferer, Häfen – sie alle haben Teilverantwortung. Doch die Umstellung auf klimafreundliche Technik ist teuer. Deshalb müssen auch staatliche Anreize geschaffen werden – in Form von Förderprogrammen, Steuererleichterungen oder CO₂-Boni.

Positivbeispiele zeigen Wirkung: In Norwegen etwa führt die konsequente Förderung dazu, dass über 80 Autofähren bereits elektrisch fahren. Ein ähnlicher Effekt ist auch im Frachtsektor möglich – wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. (mit dpa)

Weiterführende Informationen:

  • https://www.vdi-nachrichten.com/technik/mobilitaet/schifffahrt-will-und-muss-emissionen-senken-aber-wie/
  • https://www.vdi-nachrichten.com/technik/umwelt/klimaneutralitaet-auf-see-ist-das-ziel/

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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