Havariertes Kreuzfahrtschiff 20.01.2012, 12:01 Uhr

Costa Concordia nach veralteten Sicherheitsvorschriften gebaut

Das Unglück der Costa Concordia lief Dank der Nähe zum Ufer glimpflich ab. Doch solche Megaschiffe im Krisenfall zu evakuieren, wird schwieriger, je größer die Schiffe werden. Und hier scheint es keine Grenzen zu geben.

Die Bilder der verwackelten Amateurvideos wirken wie Ausschnitte aus Katastrophenfilmen. Auf dem schmalen Bootsdeck der „Costa Concordia“ drängen sich die Passagiere, Angst in den Gesichtern. Während das italienische Kreuzfahrtschiff immer mehr Schlagseite bekommt, versuchen sie, einen Platz in einem der Rettungsboote zu bekommen. Endlose Stunden dauert es schließlich, bis die mehr als 4300 Passagiere und Besatzungsmitglieder den Luxusliner verlassen haben.

„Bei aller Tragik des Unglücks darf man nicht vergessen, dass die allermeisten Menschen an Bord gerettet werden konnten,“ sagt Stefan Krüger, Schiffbauexperte an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Die unmittelbare Nähe zur Insel Giglio war für die Menschen an Bord der „Costa Concordia“ Verhängnis und Glücksfall zugleich. Das relativ ruhige Wasser und das schnelle Eintreffen der Rettungskräfte verhinderten Schlimmeres: „Auf hoher See hätte das eine Katastrophe gegeben“, ergänzt der Glückstädter Kapitän Friedrich Fuchs.

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Dass ein Schiff wie die „Costa Concordia“ dermaßen Schlagseite bekommen kann, ist selbst nach einer Havarie überraschend. „Unter Aspekten der Stabilität sind Kreuzfahrtschiffe ein Idealfall“, sagt Krüger. Die Rumpfform ergibt trotz des scheinbaren Missverhältnisses zwischen Tiefgang und Höhe der Aufbauten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gewichts- und Auftriebsschwerpunkt zudem können die Luxusliner ihre Stabilität durch das Ausfahren seitlicher „Flügel“ noch verstärken.

Dem italienischen Schiff wurde jedoch möglicherweise zum Verhängnis, dass es noch nach den bis 2009 geltenden Sicherheitsvorschriften und nicht nach den seither verschärften Richtlinien der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO gebaut worden war.

Nach den alten Vorschriften muss ein Schiff auch dann stabil schwimmfähig bleiben, „wenn zwei der durch Schotts gesicherten Abteilungen im Rumpf voll Wasser gelaufen sind, nach den neuen Regeln muss es dagegen Wasser in drei Abteilungen vertragen“, erläutert Krüger. Zwei Abteilungen entsprechen in etwa 50 m Schiffslänge, der Unterwasserfelsen riss die „Costa Concordia“ dagegen auf 70 m Länge auf – und das auch noch im Bereich des Maschinenraums, der sich anders als die übrigen Sektionen nicht abschotten ließ.

Ohne die schnelle Schieflage wäre auch die Rettungsaktion anders verlaufen, meint Krüger: „Das beste Rettungsmittel ist immer noch das Schiff selbst, solange es stabil ist.“

Kapitän hat möglicherweise zur Schlagseite der „Costa Concordia“ beigetragen

Möglicherweise habe der Kapitän aber dazu beigetragen, dass die „Costa Concordia“ Schlagseite bekam, mutmaßen Schiffbauexperten in Hamburg. Nachdem der Kreuzfahrer den Felsen gerammt hatte, fuhr er einen großen Bogen – unter Umständen gerieten die ins Schiff eingedrungenen Wassermassen dadurch in Bewegung und verstärkten die Krängung. „Spätestens jetzt hätte klar sein müssen, dass das Schiff sofort evakuiert werden muss“, meint Dirk Sedlacek vom Institut für Schiffssicherheit in Rostock-Warnemünde.

Sedlacek schult Seeleute für das richtige Verhalten im Notfall. Regelmäßiges Training sei wichtig, um der Besatzung Sicherheit zu geben: „Wenn man regelmäßig übt, bekommt man seine eigene Angst in den Griff“, sagt er.

Allerdings sehen die internationalen Bestimmungen solche Übungen nur bedingt vor. Das nautische Personal muss alle fünf Jahre einen dreitägigen Lehrgang besuchen die Hotel- und Gastronomiecrew, die den größten Teil der Besatzung stellt, muss dagegen nur einmal zu Beginn ihrer Berufstätigkeit auf See die Teilnahme an einem eintägigen Sicherheitskurs nachweisen.

Welche Wirkung ein gutes Training hat, weiß Sedlacek aus einem seiner jüngsten Kurse: Nach 40 Stunden Theorie ließ er seine Teilnehmer 80 Personen von einem Schiff evakuieren: „Im ersten Anlauf ging alles schief, was schief gehen konnte.“ Erst beim fünften Mal saßen die notwendigen Maßnahmen wie im Schlaf. „Das vergisst keiner der Teilnehmer mehr.“ Doch es gibt Grenzen, so Sedlacek: „Mit 4000 Personen kann man das nicht trainieren.“

Mittlerweile aber fahren Dutzende von Ozeanriesen mit Tausenden von Menschen an Bord über die Weltmeere. Mit 290 m Länge, 35 m Breite, bis zu 3780 Passagieren und 1100 Besatzungsmitgliedern gehört die „Costa Concordia“ zwar zur Spitzengruppe, aber noch lange nicht zu den größten Kreuzfahrtschiffen.

Momentaner Rekordhalter ist die 360 m lange und 60 m breite „Oasis of the Sea“, die bis zu 6300 Passagiere und 2100 Besatzungsmitglieder transportieren kann.

Fehlender Platz erschwert die Evakuierung von Schiffen wie der „Costa Concordia“

Doch Größe allein ist nicht das Problem. Sicherheitsexperten wie Kapitän Friedrich Fuchs betrachten deshalb die Entwicklung bei den Kreuzfahrtschiffen nicht nur wegen der reinen Passagierzahlen mit Sorge. Für ihn sind es vor allem die Platzverhältnisse, die eine Evakuierung großer Menschenmassen erschweren: „Es fehlt an den notwendigen Rückstauflächen“, sagt Fuchs, der seit Jahren Nautiker und Schiffsärzte im Notfallmanagement in der Passagierschifffahrt ausbildet. Klassische Schiffe, wie sie noch in den 60er-Jahren gebaut wurden, wiesen große und freie Flächen auf dem Oberdeck auf: „Dort konnte man die Menschen sammeln und geordnet zu den Rettungsbooten führen.“

Die Amateurvideos von Bord der „Costa Concordia“ zeigen, wie es heute aussieht: Die Decksflächen sind auf nur wenige Meter breite Gänge reduziert, in denen die Flüchtenden zu den Rettungsbooten drängen. „Es bildet sich ein Rückstau in die Treppenhäuser, die ohnehin schon angespannte Situation wird zusätzlich verschärft.“ Dazu kommt, dass sich Rettungsboote und -inseln konstruktionsbedingt zumeist in den unteren Bereichen der Riesenrümpfe befinden. „Der Fluchtinstinkt treibt die Menschen aber eher nach oben.“

Der Trend zu immer größeren Schiffen hält an, das Problem wird sich also noch verschärfen. „Prinzipiell ist es kein Problem, noch größere Schiffe zu bauen“, meint Schiffbau-Fachmann Krüger. Letztlich bestimme die „economy of scale“ die Schiffsgröße – steigende Betriebskosten einerseits und immer niedrigere Ticketpreise andererseits zwingen seiner Ansicht nach die Reeder zum Bau immer größerer Schiffe.

Wenngleich die auch anders aussehen könnten als heutige Kreuzfahrtschiffe. „Angesichts der Umwelt-Kritik an Kreuzfahrten sind es auch Faktoren wie CO2-Ausstoß pro Passagier, die in die Überlegungen einfließen“, so Stefan Krüger. In einigen Konzepten für zukünftige Schiffe schlägt sich das bereits nieder (siehe Bild oben).

Schiffbautechnisch allerdings gibt es keine Grenzen des Wachstums, meint der Hamburger Kreuzschifffahrts-Experte Helge Grammerstorf, der Reedereien und Veranstalter berät. Doch auch auf diesen sind kaum große Flächen vorhanden.

Unabhängig davon hat Fuchs grundsätzlich Zweifel, ob eine Evakuierung von mehr als 1000 Menschen überhaupt geordnet möglich ist. „Jede Rettungsorganisation kommt damit schnell an ihre Grenzen“, so seine Befürchtung. „Menschmassen dieser Größe müssen nach militärischen Strukturen abgearbeitet werden“, sagt er.

Für den Notfall schlecht gerüstet: Auch auf der „Costa Concordia“ waren zu wenig ausgebildete Seeleute

Das aber dürfte nicht nur am fehlenden Platz, sondern auch am Personalmangel scheitern: Unter den zumeist weit mehr als 1000 Besatzungsmitgliedern eines Kreuzfahrtschiffes gibt es für Fuchs zu wenig ausgebildete Seeleute: „Bei 40 oder 50 Seeleuten reicht das gerade für einen Mann pro Rettungsboot.“ Das Gaststätten- und Hotelpersonal mit seiner Minimalausbildung in Sachen Sicherheit ist da keine große Hilfe. Zudem kommen die Seeleute aus vielen unterschiedlichen Nationen. Selbst gut ausgebildete Personen verfallen in Stresssituationen aber wieder in ihre Muttersprache: „Das führt im Notfall zu erheblichen Kommunikationsproblemen.“

Nach dem Unfall werde der Druck auf die Reedereien stärker, erwartet Fuchs: „Da werden die Argumente der Sicherheitsleute vielleicht etwas besser gehört.“

Vielleicht bremst das auch das Wachstum der Schiffe. „Die Frage“, so Grammerstorf, „ist doch: Wollen die Leute das überhaupt?“ Denn je größer die Schiffe werden, desto weniger Häfen können sie anlaufen: „Am Ende haben Sie nichts anderes mehr als eine schwimmende Insel.“

 

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Heumer

    Der Autor hat mehr als zehn Jahre als Redakteur und Redaktionsleiter für verschiedene Tageszeitungen gearbeitet. Seit 1998 ist er freiberuflich mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Technik und Wissenschaft für Magazine, Agenturen, Tageszeitungen und fachlich geprägte Medien tätig.

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