Bau- und Abbruchabfälle 05.04.2023, 13:10 Uhr

Kreislaufwirtschaft: So gelingt das Recycling von mineralischem Bauschutt

Deutschland produziert jede Menge Bau- und Abbruchabfälle und noch immer wird nicht genug recycelt. In diesem Beitrag geht es um die Wiederverwendung von mineralischem Bauschutt für eine geschlossene Kreislaufwirtschaft. Zudem werden aktuelle Recyclingmöglichkeiten und Forschungen vorgestellt.

Bauschutt

Angesicht der großen Mengen mineralischer Abfälle in der Bauindustrie, gilt es schnellstens Recyclingmöglichkeiten zu finden.

Foto: Panthermedia.net/tempic

In Deutschland machen Bau- und Abbruchabfälle mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens aus. Dieses Problem besteht bereits seit Jahrzehnten, das geht aus Zahlen des Umweltbundesamtes hervor. Angesichts der begrenzten Ressourcen, die immer noch die Basis des Bauens darstellen, ist es offensichtlich, dass wir uns schnellstmöglich um Recyclingmöglichkeiten kümmern müssen, um diese Ressourcen bestmöglich zu schonen. Aber wie sieht es derzeit in Deutschland aus? Wie viel mineralischer Bauschutt wird produziert und wie viel davon wird tatsächlich recycelt oder wiederverwendet? Welche Technologien stehen zur Verfügung und welche Forschungen werden betrieben, um diese Herausforderung zu meistern? Hier kommen einige Antworten zu diesem Thema.

Die Stadt als Rohstoffquelle?

Das sogenannte Urban Mining betrachtet die Stadt als Rohstoffquelle. Eine nachdenkswerte erfrischende Perspektive, die uns daran erinnert, dass wir nicht nur Verbraucher, sondern auch Produzenten wichtiger Materialien sind. Denn in unseren Städten lagern riesige Ressourcen, die nicht mehr genutzt werden, aber der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden können.

Insbesondere in der Bauindustrie, die einen hohen Bedarf an mineralischen Ressourcen hat und gleichzeitig großen Mengen an Abfällen produziert, ist der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft sinnvoll und zukunftsweisend. Doch um diesen ideologischen Ansatz in die Praxis umzusetzen, sind neue Technologien und Innovationen notwendig, um bereits gebrauchte Baustoffe recyceln und wiederverwenden zu können.

Politik und Unternehmen müssen hierbei eng zusammenarbeiten, um die Entwicklung von Recycling-Technologien zu fördern und Hürden bei der Markteinführung abzuschaffen. Denn wir brauchen einen schnellen Wandel hin zu einer nachhaltigen Zukunft. Ein interessantes Beispiel hierfür bietet die Ziegelindustrie, die bereits heute vielversprechende Möglichkeiten im Baustoffrecycling bietet.

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Wie sieht die gesetzliche Lage derzeit in Deutschland aus?

Schon seit den 90er Jahren gibt es in Deutschland engagierte Initiativen wie die „Kreislaufwirtschaft Bau“, den „Baustoff Recycling Bayern e.V.“ oder den „Umweltpakt Bayern“, die sich für eine nachhaltige Bauindustrie einsetzen. Zusammen mit der bayerischen Landesregierung arbeiten sie daran, die Ressourceneffizienz im Bauwesen langfristig zu steigern. Aber auch auf EU-Ebene wird das Thema ernst genommen: Im Rahmen des europäischen „Green Deals“ wurde im März 2020 der zweite EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft verabschiedet. Der Plan schließt explizit die Bauindustrie mit ein und hat das Ziel, einen Markt für Recycling-Baustoffe und sekundäre Rohstoffe zu etablieren.

Die europäischen Ziele haben auch die Bundesregierung inspiriert, die im Mai 2021 eine neue Mantelverordnung beschlossen hat. Diese definiert bundesweit einheitliche Regeln für den Einsatz und die Entsorgung mineralischer Abfälle und soll die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen weiter vorantreiben. Die Ersatzbaustoffverordnung enthält außerdem rechtsverbindliche Qualitätsstandards für recycelte Baustoffe und soll Bauherren mehr Rechtsicherheit bei der Verwendung solcher Materialien geben.

Doch wie sieht es in der Praxis aus? Wie viel Bauschutt wird tatsächlich recycelt und wiederverwendet? Und wie können wir die Nachfrage nach Recycling-Baustoffen weiter steigern? Diese Fragen sind nicht nur relevant, sondern auch spannend. Wir müssen uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen umgesetzt wird, um unsere Ressourcen bestmöglich zu schonen.

Verteilung der jährlich in Deutschland anfallenden Bauabfälle

Verteilung der jährlich in Deutschland anfallenden Bauabfälle auf die fünf Bereiche Bauschutt, Boden und Steine, Straßenaufbruch, Baustellenabfälle und Baustellenabfälle auf Gipsbasis.

Foto: Leipfinger-Bader

Welche Fraktionen mineralischer Bauabfälle gibt es?

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland insgesamt 218,8 Millionen Tonnen mineralischer Bauabfälle produziert, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Um diese Abfälle genauer zu untersuchen, ist es sinnvoll, sie in verschiedene Fraktionen zu unterteilen. In ihrem Monitoring 2021 hat die Initiative Kreislaufwirtschaft Bau fünf praxisrelevante Bereiche identifiziert:

  • Bauschutt wie Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik und entsprechende Gemische aus diesen Stoffen.
  • Straßenaufbruch, der Bitumengemische umfasst, die kein Beton enthalten.
  • Boden und Steine, einschließlich Baggergut und Gleisschotter, die nicht bereits unter der Kategorie Bauschutt erfasst sind.
  • Bauabfälle auf Gipsbasis.
  • Baustellenabfälle wie Glas, Metalle und Dämmmaterialien.

Der größte Teil der Bauabfälle im Jahr 2018 entfiel auf die Fraktion Boden und Steine mit knapp 60 Prozent (130,3 Millionen Tonnen), gefolgt von Bauschutt mit etwa 27 Prozent (59,8 Millionen Tonnen). Straßenaufbruch (14,1 Millionen Tonnen) und Baustellenabfälle (14 Millionen Tonnen) machten jeweils etwa 6 Prozent aus. Der geringste Anteil von 0,3 Prozent (0,6 Millionen Tonnen) entfiel auf Bauabfälle auf Gipsbasis.

Im Jahr 2018 wurden im Durchschnitt 89,7 Prozent der mineralischen Bauabfälle recycelt oder anderweitig verwertet, wie aus Abbildung 2 hervorgeht. Demnach wurden rund 10,3 Prozent oder knapp 23 Millionen Tonnen auf Deponien oder in anderen Maßnahmen beseitigt. Die niedrigste Wiederverwertungsquote hatte die Fraktion Bauabfälle auf Gipsbasis mit 49,6 Prozent. Bei allen anderen Fraktionen lag die Quote zwischen 86 und 99 Prozent (Boden und Steine 86,2, Bauschutt 93,9, Straßenaufbruch 97,5, Baustellenabfälle 98,7) und war damit deutlich höher.

Verwertungsquoten mineralischer Bauabfälle

2018 wurden im Schnitt 89,7 Prozent der mineralischen Bauabfälle recycelt oder anderweitig verwertet. Im Umkehrschluss wurden rund 10,3 Prozent – also beinahe 23 Millionen Tonnen – auf Deponien oder in anderen Maßnahmen beseitigt.

Foto: Leipfinger-Bader

Anteil der Recycling-Produkte liegt derzeit bei 13 Prozent

Um unsere endlichen mineralischen Ressourcen zu schonen, ist es entscheidend, einen genauen Blick auf die tatsächliche Recyclingquote bei der Abfallverwertung zu werfen. Nur durch die Verwendung von Baustoffen aus recyceltem Material können wir wirklich nachhaltig handeln. Im Jahr 2018 wurden laut Kreislaufwirtschaft Bau rund 73,3 Millionen Tonnen mineralischer Bauabfälle in Deutschland recycelt, was etwa 33,5 Prozent der entstandenen Abfälle entspricht. Diese Recycling-Baustoffe deckten einen Anteil von 12,5 Prozent des Bedarfs ab, wie das Monitoring der Kreislaufwirtschaft Bau zeigt.

In Deutschland werden jährlich im Durchschnitt 207,2 Millionen Tonnen mineralischer Bauabfälle produziert – eine enorme Menge an Sekundär-Rohstoffen, deren Nutzung als Recycling-Baustoffe ein enormes Potential bietet. Daher sollte in Zukunft ein besonderes Augenmerk auf der Weiterentwicklung solcher Baustoffe und der Etablierung einer echten Kreislaufwirtschaft in der Baubranche liegen. So können wir sicherstellen, dass der Anteil der Recycling-Produkte die 13 Prozent-Marke deutlich hinter sich lässt.

Recycling-Baustoff-Produktion

Von den im Jahr 2018 erfassten 218,8 Millionen Tonnen mineralischer Bauabfälle wurden rund 73,3 Millionen Tonnen recycelt. Das entspricht einer Recyclingquote von rund 33,5 Prozent.

Foto: Leipfinger-Bader

Ein Beispiel dafür, wie Unternehmen aktiv an der Entwicklung von Recycling-Baustoffen arbeiten, ist die Firmengruppe Leipfinger-Bader mit Hauptsitz in Vatersdorf (Bayern). Ein kurzer Überblick über den aktuellen Stand der Dinge und die neuesten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten – insbesondere in der Ziegelindustrie – wird im Folgenden gegeben. Durch solche Innovationen können wir hoffentlich bald eine echte Kreislaufwirtschaft im Bauwesen etablieren und unsere wertvollen Ressourcen bestmöglich schonen.

Geschlossener Wertstoffkreislauf bei Leipfinger-Bader

Die Firmengruppe Leipfinger-Bader wurde 2019 vom Bayerischen Umweltministerium für ihr ökologisches Wirtschaften ausgezeichnet. Dabei geht das Familienunternehmen bereits seit den frühen Neunzigerjahren innovative Wege, um Ressourcen zu schonen. Dank moderner Technologien kann der Ziegelhersteller heute rund 80 Prozent seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Ein neuer Tunnelofen im Stammwerk in Vatersdorf hat den Energieverbrauch bei der Mauerziegelproduktion um 30 Prozent reduziert. Auch im Bereich Kreislaufwirtschaft und Recycling setzt Leipfinger-Bader wegweisende Maßstäbe und beteiligt sich aktiv an der Entwicklung neuer Verfahren.

Etwa 10 Millionen Tonnen des jährlich bundesweit anfallenden Bauschutts sind auf Abbruchziegel oder ziegelreiche Stoffgemische zurückzuführen. Um diese Stoffe erneut nutzbar zu machen, hat Leipfinger-Bader 2020 am Standort Puttenhausen (Niederbayern) eine eigens entwickelte Recyclinganlage errichtet – als erster und bisher einziger Ziegelhersteller in Deutschland. Damit hat die mittelständische Firma einen geschlossenen Wertstoffkreislauf etabliert. Die im Jahr 2019 gegründete Tochtergesellschaft „Ziegel Recycling Bayern GmbH“ setzt sich zum Ziel, an einer fortschrittlichen Abfallwirtschaft mitzuwirken und durchdachte Kreislauflösungen und Recyclingprozesse anzubieten.

Der aktuellste und innovativste Schritt von Leipfinger-Bader in Richtung echter Kreislaufwirtschaft ist die Entwicklung des sogenannten „Kaltziegels“. Dieser besteht größtenteils aus recyceltem Ziegelmaterial und wird nicht gebrannt, sondern luftgetrocknet. Durch die Produktion des „Kaltziegels“ werden Ressourcen auf doppelte Weise geschont. Mit diesen fortschrittlichen Entwicklungen und dem Engagement für eine nachhaltige Wirtschaft zeigt Leipfinger-Bader, dass sich ökonomischer Erfolg und Umweltschutz keineswegs ausschließen müssen.

Recycling-Anlage für die Ziegelindustrie

Leipfinger-Bader hat eine Recyclinganlage für die Ziegelindustrie entwickelt, die den Ziegelbruch sauber vom darin enthaltenen Dämmstoffanteil trennt:

  • Mit Hilfe der Windsichtung, einem alten mechanischen Trennverfahren, werden leichte Dämmstoffpartikel abgesaugt, während die schweren Ziegelbestandteile nach unten fallen.
  • Der Ziegelbruch wird dann weiter zerkleinert und in verschiedenen Körnungsstärken einer erneuten Verwendung zugeführt.
  • Der recycelte Dämmstoff kann unmittelbar wieder in die Ziegelproduktion einfließen und als Füllung in hochwärmedämmenden CORISO- oder SILVACOR-Ziegeln verwendet werden.

Um die geschlossene Kreislaufwirtschaft weiter voranzutreiben, bietet Leipfinger-Bader auch einen besonderen Service an, bei dem der Ziegelbruch auf der Baustelle fachgerecht verpackt und kostenfrei abgeholt wird.

So wird aus dem Recyclingmaterial ein Kaltziegel

Die gewonnenen Ziegelkörnungen werden aktuell im Wegebau oder als Substrat bei der Dachbegrünung verwendet. Ziel ist jedoch, das Material wieder in die Ziegelproduktion einzubringen. Ein wichtiger Schritt dazu ist die Entwicklung des Kaltziegels, der sortenreine Ziegelreste in feinen Körnungsgrößen und eine spezielle Bindemittel-Mischung verwendet.

Im von Leipfinger-Bader entwickelten Pressverfahren werden die Ziegelkörnungen verfestigt und anschließend an der Luft bei Umgebungstemperatur getrocknet. Ein Brennvorgang entfällt komplett. So entsteht ein Mauerziegel mit hoher Rohdichte und Druckfestigkeit, der alle statischen Voraussetzungen für tragende Innenwände und auch erhöhte Schallschutzanforderungen erfüllt.

Recycling-Ziegel

Der „Kaltziegel“ als erster echter Recycling-Mauerziegel ist das Ergebnis eines langjährigen Forschungsprojektes der Firmengruppe Leipfinger-Bader: Er besteht aus recyceltem Ziegelmaterial und eignet sich für tragende Innenwände.

Foto: Leipfinger-Bader

Wie geht es in Zukunft weiter?

Leipfinger-Bader hat mit seinem innovativen Recycling-Mauerziegel ein vielversprechendes Produkt auf den Markt gebracht, das jedoch noch eine Zulassung benötigt. Die Herausforderungen bei der Einführung der neuen Produktionslinie sind groß: Es müssen nicht nur geeignete Fertigungsanlagen und Lagerflächen bereitgestellt werden, sondern auch eine effiziente Logistik aufgebaut werden, um das recycelte Material von den Baustellen zum Werk zu transportieren. Um diese Herausforderungen zu meistern, hofft die Firma auf Unterstützung von staatlicher Seite.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Wiederverwertungsquote von mineralischem Bauschutt in der deutschen Bauindustrie hoch ist. Um einen Beitrag zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit zu leisten, ist jedoch ein weiterer Ausbau des Recyclings notwendig. Lösungen wie das Dämmstoffrecycling und der Kaltziegel von Leipfinger-Bader müssen weiterentwickelt und auf den Markt gebracht werden, wobei staatliche Förderungen eine wichtige Rolle spielen können. Nur so lässt sich die Müll- und Ressourcenproblematik im Bausektor langfristig lösen.

Der Beitrag basiert auf einem Text von Dipl.-Ing. Hans-Gerd Heye aus Braunschweig.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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