Giant’s Causeway in Gefahr: Wie Touristen das Weltnaturerbe zerstören
Weltwunder in Gefahr: Warum Münzen das Naturerbe Giant’s Causeway beschädigen – und wie es vor 60 Mio. Jahren entstanden ist.
Der Giant's Causeway wird jährlich von unzähligen Menschen besucht.
Foto: PantherMedia / lspencer
An der Nordküste Nordirlands erhebt sich eine Landschaft wie aus einer anderen Welt: Der Giant’s Causeway besteht aus rund 40.000 nahezu perfekt geformten Basaltsäulen, entstanden vor über 50 Millionen Jahren durch vulkanische Kräfte. Seit 1986 gehört das Naturwunder zum UNESCO-Welterbe. Doch was einst als stilles Zeugnis der Erdgeschichte überdauerte, ist heute massiv gefährdet – nicht etwa durch Naturgewalten, sondern durch Touristen. Ein alter Aberglaube könnte dem Giant’s Causeway dauerhaft schaden. Doch was steckt hinter der Entstehung dieses geologischen Meisterwerks – und warum greifen Forschende sogar zu Experimenten mit Vulkanlava, um es zu verstehen?
Inhaltsverzeichnis
- Grundsätzliches zu Giant's Causeway
- So ist der Giant's Causeway entstanden
- Ein Forschungsteam wollte es genau wissen
- Wieso sind die meisten Basaltsäulen sechseckig?
- Legenden und Mythen
- Gibt es woanders ähnliche Steinformationen?
- Moderne Bedeutung und Besuch
- Touristen zerstören das einzigartige Welterbe
Grundsätzliches zu Giant’s Causeway
Der Giant’s Causeway, auf Irisch Clochán an Aifir, ist eine spektakuläre Naturformation an der Nordküste Nordirlands. Das Gebiet besteht aus etwa 40.000 ineinander verschachtelten Basaltsäulen, die durch einen uralten Vulkanausbruch entstanden sind. Die einzigartigen Säulen befinden sich in der Grafschaft Antrim, etwa 4,8 km nordöstlich der Stadt Bushmills.
Die meisten Säulen sind sechseckig, einige haben vier, fünf, sieben oder acht Seiten. Die höchsten Säulen sind etwa 12 Meter hoch, und die erstarrte Lava in den Klippen ist stellenweise 28 Meter dick. Der Durchmesser der Säulen ist im Allgemeinen relativ einheitlich und liegt zwischen 30 und 60 Zentimetern.
Die Säulen sind dicht aneinandergereiht und bilden eine pflasterartige Struktur, die der Fundstelle den Namen „Causeway“ gibt. Sie haben eine dunkle, graue bis schwarze Farbe, die typisch für Basaltgestein ist. Bei feuchtem Wetter oder direkter Sonneneinstrahlung können die Farben intensiver und kontrastreicher erscheinen.
So ist der Giant’s Causeway entstanden
Vor etwa 50 bis 60 Millionen Jahren, während des Paläozäns, erlebte die Region Antrim intensive vulkanische Aktivität. Flüssiges Basaltgestein drang durch Kalkschichten und bildete ein ausgedehntes vulkanisches Plateau. Als die Lava abkühlte, schrumpfte sie und bildete Risse, ähnlich wie beim Trocknen von Schlamm. Diese Risse breiteten sich nach unten aus und formten säulenartige Strukturen, die auch horizontal in Segmente zerbrachen. Die Größe der Säulen wurde durch die Abkühlgeschwindigkeit der Lava bestimmt. Diese Bruchstrukturen führten zu den charakteristischen Basaltsäulen, die wir heute sehen.
Die Basalte des Giant’s Causeway sind Teil eines großen vulkanischen Plateaus, des Thulean-Plateaus, das sich im Paläozän bildete. Aufgrund ihrer Bedeutung für die Vulkanologie wurden die Gesteine des Giant’s Causeway von der International Union of Geological Sciences (IUGS) in die Liste der 100 geologischen Kulturerbestätten weltweit aufgenommen.
Ein Forschungsteam wollte es genau wissen
Geometrische Säulen sind in einer Vielzahl von vulkanischen Gesteinen auf der Erde zu finden und bilden sich bekanntermaßen, wenn das Gestein abkühlt und sich zusammenzieht, was zu einer regelmäßigen Anordnung von polygonalen Prismen oder Säulen führt. Lange Zeit war den Geologinnen und Geologen jedoch nicht klar, ab welcher Schwelle das abkühlende Magma plötzlich in ein geometrisches Pflaster zerbricht.
Um dieses Rätsel zu lösen, hat ein Team der Universität von Liverpool im Jahr 2018 den Prozess im Labor anhand von Basaltbohrkernen aus dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull nachgestellt. Die 20 cm langen Zylinder, die an beiden Enden von einer Klemme gehalten wurden, wurden auf über 1000 °C erhitzt, bis sie begannen, zu Lava zu erweichen. Die Proben wurden an beiden Enden mit einem mechanischen Griff fixiert und abgekühlt, um zu testen, wann sie zerbrachen.
Die Studie ergab, dass das Basaltmagma bei einer Temperatur zwischen 840 °C und 890 °C zerbrach, was darauf hindeutet, dass dies die Temperatur ist, bei der sich der Giant’s Causeway gebildet haben könnte.

Die Basaltsäulen sind geometrisch fast perfekt geformt.
Foto: PantherMedia /
Thomas Kienzle
Wieso sind die meisten Basaltsäulen sechseckig?
Die hexagonalen Formen der Basaltsäulen entstehen durch einen natürlichen physikalischen Prozess während der Abkühlung und Kontraktion der Lava. Hier sind die Schritte, die zu diesen charakteristischen hexagonalen Mustern führen:
- Vulkanische Aktivität und Lavafluss: Wenn vulkanische Lava an die Erdoberfläche tritt, breitet sie sich als flüssige Schicht aus. Diese Lava ist sehr heiß und flüssig, beginnt aber an der Oberfläche schnell abzukühlen.
- Abkühlung und Kontraktion: Beim Abkühlen zieht sich die Lava zusammen. Da die Lava nicht gleichmäßig abkühlt, entstehen Spannungen in der erstarrenden Gesteinsschicht.
- Rissbildung: Um diese Spannungen zu lösen, bildet das abkühlende Gestein Risse. Diese Risse entstehen zunächst zufällig, neigen aber dazu, sich in einem regelmäßigen Muster auszubreiten.
- Minimierung der Energie: Die hexagonale Form entsteht, weil sie die effizienteste und energieärmste Möglichkeit ist, eine Fläche in gleiche Teile zu teilen. Hexagone teilen die Fläche gleichmäßig, ohne Zwischenräume zu lassen, und minimieren so die Gesamtlänge der Risse.
- Wachstum der Risse: Während die Abkühlung fortschreitet, wachsen die Risse weiter in das Gestein hinein und teilen es in eine regelmäßige Anordnung von Säulen. Diese Säulen sind meist hexagonal, da dies die stabilste und häufigste Form ist, die sich unter diesen Bedingungen bildet.
Legenden und Mythen
Lange bevor sich die Wissenschaft dem Rätsel Giant’s Causeway angenommen hat, haben sich die Einwohner des Landstrichs Gedanken über die ungewöhnliche Steinformation gemacht. So sind der Legende nach die Säulen die Überreste eines Dammes, den der irische Riese Fionn mac Cumhaill (Finn MacCool) baute, um gegen den schottischen Riesen Benandonner zu kämpfen. Als Fionn erkannte, dass Benandonner größer war, verkleidete seine Frau ihn als Baby. Benandonner floh, als er das „Baby“ sah, und zerstörte den Damm auf seiner Flucht. Diese Geschichte wird durch ähnliche Basaltsäulen auf der schottischen Insel Staffa unterstützt, was die Legende weiter verstärkte.
In der irischen Mythologie ist Fionn mac Cumhaill kein Riese, sondern ein Held mit übernatürlichen Fähigkeiten. Über die Zeit wurden die heidnischen Helden in der Volksvorstellung immer größer, bis sie als Riesen galten. Es gibt keine überlieferten vorchristlichen Geschichten über den Giant’s Causeway, aber er könnte ursprünglich mit den Fomorians, einer Rasse mythologischer Wesen, in Verbindung gebracht worden sein.
Gibt es woanders ähnliche Steinformationen?
Der Giant’s Causeway in Nordirland beeindruckt mit seinen rund 40.000 hexagonalen Basaltsäulen, die vor etwa 60 Millionen Jahren durch vulkanische Aktivitäten entstanden sind, und wird oft mit anderen geologischen Formationen weltweit verglichen.
Die Fingal’s Cave auf der schottischen Insel Staffa weist zum Beispiel ähnliche hexagonale Basaltsäulen auf, jedoch in kleinerer Anzahl und mit einer beeindruckenden Höhle. Devils Postpile in Kalifornien, USA, bietet ebenfalls hexagonale Säulen, die durch einen ähnlichen vulkanischen Prozess entstanden sind, allerdings sind die Ausdehnung und die Anzahl der Säulen deutlich geringer als beim Giant’s Causeway.
Moderne Bedeutung und Besuch
Der Giant’s Causeway gehört größtenteils dem National Trust und wird von diesem verwaltet. Er ist eine der beliebtesten Touristenattraktionen in Nordirland. Das Gebiet ist ein Zufluchtsort für Seevögel wie Eissturmvögel, Kormorane und Tordalks. Die verwitterten Felsformationen beherbergen zahlreiche Pflanzenarten wie Seidelbast und Meeresschwingel.
Im Oktober 2011 wurde am Giant’s Causeway eine Stromatolithenkolonie entdeckt – ein ungewöhnlicher Fund, da diese normalerweise in wärmeren, salzhaltigeren Gewässern vorkommen. Stromatolithe sind biogene Sedimentgesteine, die durch Einfangen und Bindung von Sedimentpartikeln oder Fällung gelöster Stoffe infolge des Wachstums und Stoffwechsels von Mikroorganismen in einem Gewässer entstanden sind.
Der Giant’s Causeway ist gut erreichbar. Die Bahnlinie Belfast-Derry führt nach Coleraine und weiter nach Portrush. Ulsterbus bietet Verbindungen zu den Bahnhöfen an. Von Portrush aus kann man eine landschaftlich reizvolle Wanderung entlang des Dunluce Castle und des Giant’s Causeway unternehmen.
Touristen zerstören das einzigartige Welterbe
Seit rund 60 Millionen Jahren trotzen die markanten Basaltsäulen des Giant’s Causeway an der nordirischen Küste Wind, Wetter und Meer. Die UNESCO erklärte das geologische Naturdenkmal zum Weltkulturerbe – nicht zuletzt wegen seiner einzigartigen Entstehungsgeschichte aus erkalteter Lava. Doch nun bringt ausgerechnet eine touristische Gewohnheit das Gestein an seine Grenzen.
Jährlich besucht fast eine Million Menschen das Naturwunder. Viele von ihnen folgen einem fragwürdigen Brauch: Sie stecken Münzen in die feinen Risse der sechseckigen Basaltsäulen – in der Hoffnung auf Glück. Was harmlos erscheint, entwickelt sich zunehmend zum Problem für den Erhalt des Naturdenkmals.
Korrosion sorgt für Druck und Verfärbungen
Wie die britische Denkmal- und Naturschutzorganisation National Trust mitteilt, verursachen die Münzen erhebliche Schäden. Durch Feuchtigkeit und Luft beginnt das Metall zu korrodieren. Der Rostprozess lässt die Münzen auf das Dreifache ihrer ursprünglichen Dicke anschwellen. Dabei entsteht ein Druck, der das umliegende Gestein aufsprengt oder bröckeln lässt.
Zusätzlich hinterlassen Kupfer-, Nickel- und Eisenverbindungen unübersehbare Spuren. Dort, wo sich die Metalllegierungen zersetzen, verfärbt sich das Gestein unnatürlich – und dauerhaft.
Geologen schlagen Alarm
Ein Bericht des British Geological Survey bestätigt die Warnungen: Der Giant’s Causeway habe inzwischen ein „ernst zu nehmendes Münzproblem“. Die eingesetzten Münzen stammen aus der ganzen Welt – aus Europa ebenso wie aus Asien und Nordamerika. Was einst ein stilles Symbol für Wünsche war, entwickelt sich zu einem schleichenden Erosionsprozess.
Appell an die Vernunft der Besuchenden
Dr. Cliff Henry, Naturschutzbeauftragter beim National Trust, mahnt: „Wir fordern die Menschen dringend auf, keine Spuren zu hinterlassen, damit dieses Naturwunder auch für zukünftige Generationen erhalten bleibt.“
Zwar gelang es Expertinnen und Experten für Steinkonservierung, erste Münzen ohne zusätzliche Schäden zu entfernen. Doch die vollständige Reinigung der Basaltsäulen ist aufwendig – und keine Garantie dafür, dass neue Münzen nicht wieder in die Fugen gedrückt werden.
Die Denkmalpfleger hoffen nun auf ein Umdenken bei den Besucherinnen und Besuchern. Nur wenn das Ritual ein Ende findet, bleibt das geologische Erbe auch langfristig geschützt.
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