4MOST beobachtet erstmals das All
Das 4MOST-Instrument hat am 18. Oktober 2025 sein erstes Licht empfangen. Damit beginnt eine neue Ära der Himmelsbeobachtung: Millionen Lichtquellen am Südhimmel werden erfasst und ausgewertet.
Das Spektroskop 4MOST hat am 18. Oktober begonnen, den südlichen Sternenhimmel zu erfassen.
Foto: SmarterPix / ymgerman
Die Erwartungen sind groß. Nie zuvor war ein Spektroskop dieser Leistungsfähigkeit im Einsatz, um den Weltraum in solcher Tiefe und Präzision zu erfassen: Im chilenischen Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) begann am 18. Oktober das wissenschaftliche Leben von 4MOST, dem 4-metre-Multi-Object-Spectroscopic Telescope. Das am VISTA-Teleskop installierte Instrument analysiert die Strahlung von bis zu 2.400 Himmelsobjekten gleichzeitig. Mithilfe tausender Glasfasern zerlegt es jedes Lichtsignal in 18.000 Farbkomponenten, um chemische Zusammensetzungen und physikalische Eigenschaften sichtbar zu machen. Damit wird 4MOST die Erforschung von Sternen, Galaxien, Planeten und kosmischen Strukturen erheblich voranbringen.
Werkzeug für den Weltraum
4MOST nimmt nicht einfach Bilder des Weltraums auf, sondern liest das Licht in allen seinen Nuancen. Diese spektroskopischen Messungen sind entscheidend, um das Universum dreidimensional zu erfassen. Auch das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) ist eng involviert: Es hat bei der Entwicklung der Spektrografen und des komplexen Betriebssystems eine zentrale Rolle übernommen. Ein Softwaresystem plant und steuert die Beobachtungen ferngesteuert vom MPE aus. Das Projektteam konzentriert sich dabei besonders auf die Vermessung von Röntgenquellen, die zuvor durch die eROSITA-Mission entdeckt wurden – Millionen potenzieller Datenpunkte aus dem tiefen Weltraum.
Andrea Merloni, einer der leitenden Forscher am MPE, erklärt: „Mit dem Start des 4MOST-Betriebs rückt eine langfristige Vision unseres Teams einen Schritt näher an die Realität. Endlich werden wir in der Lage sein, die von eROSITA entdeckte Röntgenstrahlung von supermassereichen Schwarzen Löchern und Galaxienhaufen mit der dreidimensionalen Verteilung der großräumigen Struktur zu verbinden, die durch die spektroskopischen Messungen von 4MOST untersucht wird. Die Kombination dieser Datensätze wird einen nachhaltigen Einfluss auf die extragalaktische Astrophysik und Kosmologie haben.“
Internationale Gemeinschaftsleistung
Auch andere am Projekt Beteiligte feiern den Erfolg. Jake Laas vom MPE beschreibt seine Freude über die erste Anwendung des Systems: „Es ist spannend, dass all die harte Arbeit, die wir in die Automatisierung einer so komplexen Vermessung gesteckt haben, bald auf die Probe gestellt wird.“ Die beim Aufbau entstandenen Betriebskonzepte sollen künftig als Modell für weitere Weltraumprojekte dienen. Das 4MOST-Konsortium umfasst mehr als 700 Forschende aus aller Welt. Unter Leitung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) wurde die Anlage entwickelt und gebaut. Das AIP steuerte sämtliche Hauptkomponenten bei, von der Weitwinkelkamera mit sechs großen Objektiven bis hin zum hochkomplexen Fasersystem, das über 2.500 feine Glasfasern enthält. Auch für Planung, Archivierung und Betrieb trägt das AIP die Hauptverantwortung.
Roelof de Jong, Projektleiter am AIP, zeigt sich begeistert: „Es ist unglaublich, die ersten Spektren unseres neuen Instruments zu sehen. Die Daten sehen von Anfang an fantastisch aus und sind ein gutes Zeichen für alle wissenschaftlichen Projekte, die wir durchführen wollen. Dass wir Licht, das manchmal Milliarden von Lichtjahren zurückgelegt hat, in einer Glasfaser von der Größe eines Haares einfangen können, ist einfach atemberaubend.“
Fenster zu den Ursprüngen des Kosmos
Sobald 4MOST vollständig einsatzbereit ist, soll es die Entwicklung von Sternen, Planeten, Galaxien und Schwarzen Löchern untersuchen. Alle zehn bis zwanzig Minuten erfasst das Instrument über zehntausend Objekte neu – es katalogisiert ihre Temperaturen, chemischen Bausteine, Entfernungen und Bewegungen präzise. Daraus entsteht ein Datenschatz, der die Erforschung des südlichen Himmels grundlegend verändern könnte.
Unter den ersten Lichtquellen der Beobachtungen befand sich die Galaxie NGC253 – die sogenannte Silbermünzgalaxie, etwa elf Millionen Lichtjahre entfernt. Ebenso sichtbar war NGC288, ein Kugelsternhaufen am Rand der Milchstraße mit rund 100.000 Sternen, entstanden vor über 13 Milliarden Jahren. Diese Himmelsobjekte zeigen exemplarisch, welche Vielfalt 4MOST im Weltraum sichtbar machen kann. Durch sein großes Sichtfeld und die simultane Aufnahme tausender Spektren können Forschende unterschiedliche Himmelsobjekte und Szenarien zugleich betrachten. Das eröffnet neue Perspektiven auf die Dynamik des Weltraums und die Entstehung seiner Strukturen.
4MOST und seine Zukunft
4MOST ist das größte Mehrfachspektroskop der Südhalbkugel – einzigartig durch die Kombination aus breitem Sichtfeld und großer Datentiefe. Seine Entwicklung begann im Jahr 2010 und 4MOST ist für eine Laufzeit von mindestens fünfzehn Jahren konzipiert. Planung, Koordination und technische Umsetzung erfolgten durch ein internationales Konsortium aus 30 europäischen und australischen Einrichtungen. Gemeinsam mit der ESO sorgt dies dafür, dass 4MOST der Wissenschaft weltweit zugänglich bleibt.
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