Permanentes Tribunal der Völker 16.12.2011, 12:03 Uhr

Pestizide: Hersteller schuldig gesprochen

Beim „Permanenten Tribunal der Völker“ im indischen Bangalore diskutierten Anfang Dezember Landwirte, Forscher und Juristen, ob Hersteller von Pflanzenschutzmitteln gegen das Menschenrecht auf gesundes Leben verstoßen, indem sie Pestizide mit gefährlichen Wirkstoffen in Entwicklungs- und Schwellenländern vermarkten.

Inder bei der Feldarbeit.

Inder bei der Feldarbeit.

Foto: Deutsche Messe AG

Elf konkrete Vergiftungsfälle wurden vor dem Tribunal verhandelt. Chefanklägerin war Sarojeni Rengam aus Malaysia. Sie ist Direktorin des Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN) in Asien und im Pa-
zifikraum. Alle Vergiftungen wurden auf Wirkstoffe der sechs größten Hersteller von Pflanzenschutzmitteln zurückgeführt. Diese „Big6“ sind BASF und Bayer CropScience aus Deutschland, Syngenta aus der Schweiz sowie Dow, DuPont und Monsanto aus den USA. Sie vertreiben weltweit rund 70 % aller Pestizide.

Das Problem: Nach Angaben der Weltbank sterben jedes Jahr ca. 350 000 Menschen an Pestiziden. Es könnten sogar viel mehr sein, meint Carina Weber, Geschäftsführerin des PAN in Deutschland, denn: „In Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas werden akute Vergiftungen kaum erfasst.“

Pestizide: „Big6“ unter den Herstellern schuldig gesprochen

Sieben Juroren sprachen am 6. Dezember die Big6 für schuldig. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, auch wenn Pestizidhersteller nicht gegen geltendes Recht verstoßen haben. Philipp Mimkes vom Umweltverband Coordination gegen Bayer-Gefahren: „Die Unternehmen dürfen die Wirkstoffe zwar nicht in der Heimat vertreiben, aber in viele Länder – toleriert von der jeweiligen Regierung – verkaufen.“

Zwei Beispiele: Eine Plantagenarbeiterin aus Malaysia berichtete über Vergiftungen durch Paraquat, einen Unkrautvertilger von Syngenta. „In der Schweiz ist Paraquat seit 1989 verboten – und in der EU seit 2007“, sagt François Meienberg, Co-Geschäftsführer der „Erklärung von Bern“, einer entwicklungspolitischen Organisation. Dennoch vertreibt Syngenta Herbizide mit diesem Wirkstoff in mehr als 100 Ländern.

Stellenangebote im Bereich Fertigungstechnik, Produktion

Fertigungstechnik, Produktion Jobs
Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)-Firmenlogo
Ingenieur*in (w/m/d) Verfahrenstechnik für innovative Wasserstofftechnologien Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)
Greifswald Zum Job 
Flowserve Corporation-Firmenlogo
Trainee Operations (m/w/d) mit dem Schwerpunkt Prozessoptimierung und Digitalisierung Flowserve Corporation
Dortmund Zum Job 
WIRTGEN GROUP Branch of John Deere GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) mit dem Schwerpunkt R&D und Produktion WIRTGEN GROUP Branch of John Deere GmbH & Co. KG
Windhagen Zum Job 
Ruland Engineering & Consulting GmbH-Firmenlogo
Leiter (m/w/d) verfahrenstechnische Fertigung Ruland Engineering & Consulting GmbH
Neustadt an der Weinstraße Zum Job 
über aeconsult-Firmenlogo
(Bereichs-)Leiter Produktion (m/w/d) über aeconsult
zentral in Norddeutschland Zum Job 
CoorsTek GmbH-Firmenlogo
Prozessingenieur / Ingenieur (m/w/d) Produktion CoorsTek GmbH
Mönchengladbach Zum Job 
A. Menarini Research & Business Service GmbH-Firmenlogo
Junior-Ingenieur für Infrastruktur und Herstellanlagen (m/w/d) A. Menarini Research & Business Service GmbH
über RSP Advice Unternehmensberatung-Firmenlogo
Technische Leitung (m/w/d) über RSP Advice Unternehmensberatung
Technische Universität Dresden-Firmenlogo
Professur (W3) für Oberflächen- und Schichttechnik / Abteilungsleitung am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Technische Universität Dresden
Dresden Zum Job 
Technische Hochschule Mittelhessen-Firmenlogo
W2-Professur mit dem Fachgebiet Material- und Fertigungstechnologie Metallischer Werkstoffe Technische Hochschule Mittelhessen
Friedberg Zum Job 

Und ein schottischer Imker klagte über Bienensterben durch Insektengifte, die Imidacloprid oder Clothianidin enthalten. Mit diesen Wirkstoffen von Bayer CropScience wird Saatgut gebeizt. Nehmen Bienen die Stoffe über Pollen auf, werden sie orientierungslos oder sterben.

Bayer stellt Pestizide für Schwellenländer her, die in Europa teilweise verboten sind

Frankreich hat den Einsatz von Imidacloprid bei Sonnenblumen bereits 1999 untersagt. Und Clothianidin – das Nachfolgeprodukt – wurde dort gar nicht zugelassen. In Deutschland lässt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft (BVL) die Zulassung für Insektizide mit diesen Stoffen nach 2008 ruhen. Mimkes: „Dennoch stellt Bayer beide Wirkstoffe weiter her und vertreibt sie in vielen Ländern.“

Selbst wenn die Big6 ihre Vermarktungsstrategien nicht sofort ändern, hoffen die Teilnehmer des Tribunals auf die Zukunft: Im Juni 2011 hatte der UN-Menschenrechtsrat „Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte“ verabschiedet. Staaten müssen dafür sorgen, dass kein Unternehmen ein Menschenrecht verletzt; Unternehmen müssen von sich aus Menschenrechte respektieren; Opfer müssen entschädigt werden. „Es reicht also nicht, wenn Unternehmen sagen, sie handeln in Übereinstimmung mit nationalen Gesetzen“, erklärt Meienberg.

Das neue Instrument muss sich noch etablieren. So habe Syngenta die Risiken der Anwendung von Paraquat nicht ausreichend geprüft, meint Meienberg. Als Paraquat in Deutschland verkauft wurde, war das Tragen von Atemmasken, Schutzbrillen und Sicherheitshandschuhen vorgeschrieben. „Das ist in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern illusorisch.“

Viele akute Vergiftungen gehen auf Pestizide zurück

Meienberg wundert sich daher nicht, dass in Burkina Faso und in Costa Rica rund ein Fünftel aller akuten Vergiftungen auf das Konto dieses Pestizids gehen: „Syngenta muss in Ländern, in denen Paraquat nicht angemessen angewendet werden kann, sofort einschreiten und den Verkauf stoppen.“

Allein jeder der drei Konzerne BASF, Bayer und Syngenta vermarktet mehr als 50 hochgefährliche Wirkstoffe. Viele davon wirken chronisch, können Krebs auslösen oder unfruchtbar machen. In Schwellen- und Entwicklungsländern bleibt dies fast immer unerkannt. „Wir müssen davon ausgehen, dass vielfach Menschenrechte verletzt werden, ohne dass dies wahrgenommen wird“, mahnt Weber.

 

Ein Beitrag von:

  • Ralph H. Ahrens

    Chefredakteur des UmweltMagazins der VDI Fachmediengruppe. Der promovierte Chemiker arbeitete u.a. beim Freiburger Regionalradio. Er absolvierte eine Weiterbildung zum „Fachjournalisten für Umweltfragen“ und arbeitete bis 2019 freiberuflich für dieverse Printmedien, u.a. VDI nachrichten. Seine Themenschwerpunkte sind Chemikalien-, Industrie- und Klimapolitik auf deutscher, EU- und internationaler Ebene.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.