Reine Mathematik 04.09.2023, 09:56 Uhr

Sprunghafte Leistungsschwankungen von Windrädern lassen sich minimieren

Ein Problem von Windkraftanlagen sind die sprunghaften Leistungsschwankungen, die Leistung kann sich innerhalb von Sekunden um die Hälfte verändern. Das hat weniger mit nachlassendem Wind als mehr mit dem Kontrollsystem der Anlage zu tun. Forschende haben nun einen mathematischen Weg gefunden, diese Schwankungen zu minimieren.

Windräder

Mit einem mathematischen Ansatz könnte es gelingen, die enormen Leistungsschwankungen von Windkraftanlagen zu minimieren.

Foto: Panthermedia.net/WDGPhoto

Eine neue stochastische Methode könnte dazu beitragen, die sprunghaften Leistungsänderungen von Windkraftanlagen zu reduzieren. Eine aktuelle Studie, die von einem deutsch-iranischen Forscherteam durchgeführt und in der Fachzeitschrift PRX Energy veröffentlicht wurde, zeigt, dass die kurzfristigen Schwankungen der elektrischen Leistung von Windkraftanlagen hauptsächlich durch deren Steuerungssysteme verursacht werden. Die Ergebnisse der Studie liefern darüber hinaus Hinweise, wie die Steuerungssysteme der Turbinen optimiert werden können, um eine stabilere und gleichmäßigere Stromerzeugung zu ermöglichen.

Leistungsschwankungen belasten Stromnetze und Anlagen

Die Leistung von Windkraftanlagen kann dramatisch schwanken, oft innerhalb von Sekunden und im Megawattbereich. Diese starken Schwankungen stellen eine Herausforderung für die Stabilität der Stromnetze und die Langlebigkeit der Anlagen dar. Eine kürzlich veröffentlichte Studie eines Forscherteams der Universität Oldenburg und der Sharif Universität in Teheran bietet einen innovativen Ansatz zur Lösung dieses Problems.

Die Studie identifiziert die Steuerungssysteme der Windenergieanlagen als Hauptursache für die kurzfristigen Leistungsschwankungen. Darüber hinaus liefern die Forschungsergebnisse wertvolle Hinweise zur Optimierung dieser Steuerungssysteme, um eine konstantere und stabilere Stromproduktion zu erreichen.

Schwankungen im Stromnetz – ein ernsthaftes Problem

In vielen Teilen Deutschlands stoßen die Stromnetze bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen, insbesondere wenn es darum geht, überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen aufzunehmen und überregional zu verteilen. Die bestehenden Leitungsnetze sind nicht ausreichend darauf ausgelegt, die natürlichen Schwankungen im Stromangebot, die bei erneuerbaren Energien wie der Windenergie auftreten, effektiv auszugleichen. Dies kann zu gravierenden Versorgungsengpässen führen.

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Im Vergleich zu früher, als die Produktionsanlagen der Unternehmen weniger technologieabhängig waren, haben heute bereits geringe Spannungsschwankungen weitreichende Folgen. Früher führten kleine Schwankungen höchstens zu einem kurzzeitigen Flackern der Beleuchtung, da die Anlagen weniger empfindlich waren. Im Zeitalter der Digitalisierung sind jedoch die meisten Produktionsanlagen IT-gesteuert.

Selbst minimale Spannungsschwankungen im Millisekundenbereich können heute zu erheblichen Störungen in den Steuerungssystemen führen und den Produktionsprozess negativ beeinflussen. Im schlimmsten Fall können solche Schwankungen die integrierten Schaltkreise von Produktionsmaschinen dauerhaft schädigen, was zum Ausfall ganzer Anlagenteile führen kann. Angesichts der zunehmenden Abhängigkeit von erneuerbaren Energiequellen wie der Windenergie wird es daher immer wichtiger, Spannungsschwankungen im Stromnetz so weit wie möglich zu minimieren.

Mathematischer Ansatz hilft bei der Minimierung

Das Forschungsteam um Dr. Pyei Phyo Lin von der Universität Oldenburg hat eine umfassende Datenanalyse von mehreren Windenergieanlagen in einem Windpark durchgeführt. „Weil Windkraftanlagen unter turbulenten Windbedingungen arbeiten – ähnlich wie ein Flugzeug, das bei starkem Wind landet – schwanken alle Messdaten sehr stark, es ist kein klares Signal zu erkennen. Wir sprechen von Rauschen“, berichtet Lin.

Mit Hilfe stochastischer Methoden analysierte das Team Zeitreihen der Windgeschwindigkeit, der elektrischen Leistung der Anlagen und der Drehzahl des Generators. Dieser mathematische Ansatz ermöglichte es den Forschern, das Rauschen in den Daten in zwei separate Komponenten zu zerlegen: eine, die auf die Windbedingungen zurückzuführen ist, und eine andere, die die Reaktion des Kontrollsystems der Anlagen widerspiegelt.

„Meist wird das Rauschen als lästiger Effekt betrachtet, der die Messungen stört“, sagt Lin. „Jetzt liefert uns das Rauschen neue Informationen über das System – das ist eine neue Qualität“, ergänzt Ko-Autor Dr. Matthias Wächter, der an der Universität Oldenburg die Arbeitsgruppe Stochastische Analyse leitet.

Kontrollsysteme reagieren nicht optimal auf Windänderungen

Die Ergebnisse der Studie deuten laut dem Forschungsteam darauf hin, dass die Steuerungssysteme von Windkraftanlagen häufig nicht optimal auf kurzfristige Windänderungen reagieren. In vielen Fällen ändern diese Systeme ihre Regelungsstrategien, was zu den starken Schwankungen der elektrischen Leistung führen kann. Die neuen Erkenntnisse ermöglichen es jedoch, turbulente Windverhältnisse von den Reaktionen der Regelungssysteme zu trennen.

„Auf diese Weise wird es möglich, die Kontrollsysteme zu verfeinern, damit Windkraftanlagen gleichmäßiger Strom erzeugen“, so der Turbulenzexperte Prof. Dr. Joachim Peinke von der Universität Oldenburg, der an der Studie beteiligt war. Eine solche Optimierung hätte auch den zusätzlichen Vorteil, die Effizienz der Windkraftanlagen zu erhöhen und ihre Lebensdauer zu verlängern.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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