Ex-VW-Chef Diess: „Fossile Energieträger nicht mehr wettbewerbsfähig“
Solarstrom, Lithium-Batterien und Elektromobilität sind die Wachstumsmotoren im globalen Energie- und Automobilmarkt. Deutschland sollte seine Chancen nutzen, mahnt Ex-VW-Chef Diess.

Herbert Diess, Ex-VW-Vorstandsvorsitzender und jetzt Verwaltungsratsvorsitzender von The Mobility House, hielt die Keynote bei der Pressekonferenz zur Fachmesse The Smarter E Europe 2025 auf dem Gelände der Messe München.
Foto: Heinz Wraneschitz
Wenn die Energiemesse The Smarter E in München am kommenden Freitag ihre Tore schließen wird, dann wird sie voraussichtlich mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher begrüßt haben können. Damit liegt sie auf Augenhöhe mit der Hannover Messe. Dort zählte man in diesem Jahr 127.000 Besucher. Kern des Münchner Messekonglomerat ist die Solar-Leitmesse Intersolar, inzwischen geht es zudem um Energiespeicherung, Elektromobilität sowie smarte Infrastruktur und Netze. Hinter diesen Branchen steht ein globaler Wachstumsmotor, der in Deutschland öffentlich noch kaum wahrgenommen wird.
Globale Solarstromkapazität binnen dreier Jahre verdoppelt
„Wenn Sie über die Messe gehen, werden Sie sehen, dass die Lösungen und Entwicklungen, die zu sehen sind, weiter sind als die Herausforderungen, die bestehen“, so Markus Elsässer, Geschäftsführer des Veranstalters Solar Promotion zum Messestart in München. Es komme auf die Randbedingungen an, die bestehen– um die technologischen Potenziale auch aufzurufen und in den Markt zu bringen. Die Zahlen weltweit zeichnen laut Elsässer das Bild einer positiven Marktentwicklung: erstmals stamme 33 % des Stroms weltweit aus erneuerbaren Energien, in der EU sind es 47 %, in Deutschland 60 %. Binnen dreier Jahre sei die globale Solarstromkapazität von 1 TW auf 2 GW gestiegen, und die solare Solarstromerzeugung hat sich auf 2,134 TWh verdoppelt – der fünffache Stromverbrauch Deutschlands.
Ex-VW-Chef Diess: „Strom wird günstiger, je mehr erneuerbare Energie im Netz ist“
„Anders, als wir das in Deutschland wahrnehmen, ist die weltweite Elektrifizierung in vollem Gange“, sagte Herbert Diess, Ex-VW-Chef und heute Verwaltungsratsvorsitzender bei The Mobility House. „Sie schreitet mit ungeheurer Geschwindigkeit voran.“ Getrieben von China werde alles, was elektrifiziert werden kann, elektrisch. „Die Solarindustrie verdoppelt sich alle drei Jahre, das ist exponentielles Wachstum.“
Als Folge, so Diess, werde langfristig ein Gestehungspreis für Solarstrom von 2 ct/kWh bis 3 ct/kWh erreicht. Man könne „davon ausgehen, dass die Geschwindigkeit dieser Elektrifizierung noch einmal deutlich zunimmt in den nächsten Jahren.“ Und entgegen eines anderen Eindrucks werde der Strom günstiger, je mehr erneuerbare Energien im Netz seien. Diess wendet sich dagegen, die Solardominanz Chinas zu verteufeln: „Wir tun gut daran, diese Technik effizient zu nutzen“. Deutschland suche – auch um seine Wirtschaft wieder zu stärken – einen Weg zu niedrigen Strompreisen. Die Solartechnik biete den.
Diess: „Die fossilen Energieträger haben keine Chance mehr gegen erneuerbare Energien zu bestehen“
Diese globale Entwicklung des Solarbooms und der Elektrifizierung ist der Punkt, weshalb Diess nicht glaubt, dass der vom US-Präsident Donald Trump per ordre de mufti verordnete swing back zu fossilen Energieträgern erfolgreich sein werde: „Das ist ein großer Fehler von Donald Trump. Die fossilen sind einfach nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Es gebe schon heute „keine Chance mehr gegen erneuerbare Energien zu bestehen“.
Schlüsseltechnik ist der Stromspeicher
Schlüsseltechnik für das weitere Wachstum von Solar ist Diess zufolge der Speicher. „Sonnenenergie braucht Speicher. Ohne Speicher ist das Wachstum limitiert.“ Batteriespeicher seien mehr als nur eine Option, so Walburga Hemetsberger, CEO des Solarstromverbandes Solarpower Europe. „Sie sind unerlässlich, um Abschaltungen und negative Preise zu bewältigen. Das Ergebnis? Niedrigere Kosten, günstigerer Strom für die Verbraucher und mehr Energiesicherheit für Europa.“
Durch Kostenverfall verdoppeln sich Speicher alle zwei Jahre. Treiber dieses Kostenverfalls ist unter anderem der Elektroautoboom in China. Diess, der vor Wochenfrist noch auf der nach seinen Worten weltgrößten Automesse in Shanghai war, betont das Wachstum von Elektroautos in China im ersten Quartal dieses Jahres um allein 40 %. Und, so Diess: „Die Highlights in Shanghai waren die Entwicklung bei den Speichern.“ Er betont: „Die Vision „Laden wie tanken“ ist wirklich am Horizont.“
Bidirektionales Laden „die effizienteste Art den Speicher im E-Auto zu nutzen“
Und an diesem Punkt kommt bidirektionales Laden ins Spiel, eine Technologie, die Diess auch in Deutschland pushen möchte. „Es ist eine Technik, die den Steuerzahler nichts kostet“, betont er. Bidirektionales Laden sei schlicht die effizienteste Art und Weise den Speicher im Elektroauto zu nutzen. „Wir haben eine Ressource, die im Auto völlig brach liegt.“ Diess‘ The Mobility House ist an dem europaweit ersten Geschäftsmodell bei Renault in Frankreich beteiligt. „Die ersten 300 Kunden sind jetzt abgerechnet“, so Diess. Dem Ex-VWler zufolge führen die Kunden bei den Betriebskosten frei, Renault erhalte eine „kleine Marge“ und sogar sein eigenes Unternehmen gehe nicht leer aus.
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