Infrastruktur 07.10.2011, 12:06 Uhr

Neue Innbrücke als symbolischer Meilenstein

Bei Mühldorf in Oberbayern fahren die Züge seit 3. Oktober auf einer neuen Brücke über den Inn. Das Spannbetonbauwerk hat eine nach dem Krieg nur provisorisch wieder aufgebaute Steinbogenbrücke von 1894 ersetzt, die jetzt abgebrochen wird.

Über den 7 km langen Abschnitt Mühldorf – Tüßling, auf dem die Brücke liegt, führen drei eingleisige Strecken: Von Mühldorf nach Burghausen, nach Salzburg über Freilassing und nach Traunstein. Zum Stundentakt der Regionalzüge kommt der ebenso starke und ständig wachsende Güterverkehr mit dem zweitgrößten deutschen Chemierevier in Südostbayern hinzu.

Die Industrie läuft seit Jahren Sturm gegen die mangelhafte Leistungsfähigkeit des Schienennetzes. Zwar stehen der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der rund 140 km langen Ausbaustrecke „ABS 38“ München – Mühldorf – Freilassing (– Salzburg) mit dem Abzweig nach Burghausen seit Jahrzehnten im Bundesverkehrswegeplan, doch die heute auf 2,8 Mrd. € bezifferten Kosten waren nie finanzierbar.

Dank Konjunkturprogramm entsteht neue Innbrücke für 12 Mio. €

Auch die neue Brücke, die 12 Mio. € gekostet hat, konnte nur dank des Konjunkturprogramms der Bundesregierung gebaut werden. Immerhin soll ihre Fertigstellung nun den Beginn des weiteren Ausbaus symbolisieren: „Der Bau der neuen Innbrücke gibt den Startschuss für den zweigleisigen Ausbau der gesamten Strecke zwischen Mühldorf und Tüßling“, so Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Gemeint ist das kurze „Nadelöhr“ mit 7 km Länge.

Als erster Meilenstein wurde im Dezember 2010 der zweigleisige Ausbau des rund 5 km langen Abschnitts von Ampfing in Richtung Mühldorf gefeiert, der jedoch nicht bis in den Bahnhof reicht, sondern kurz vorher an der Brücke über den Innwerkkanal endet. Nun folgte die 160 m lange Innbrücke bei Ehring, die zwar für zwei Gleise vorgesehen ist, auf der aber wiederum nur ein Gleis liegt. Das zweite soll der nächste Meilenstein bringen, wenn frühestens 2016 der Abschnitt Mühldorf – Tüßling ausgebaut sein wird. Bis dahin soll auch noch die Lücke zwischen der Kanalbrücke und dem Bahnhof Mühldorf mit rund 2 km Länge geschlossen werden.

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Innbrücke ist einer von mehreren Meilensteinen zwischen Mühldorf und Tüßling

Dabei ist die Strecke Teil der europäischen Magistrale TEN 17 Paris – München – Preßburg (Bratislava). Wenngleich nur in bescheidenem Umfang, fließen damit in den Ausbau auch Gelder der EU. Sobald in Österreich der Brennerbasistunnel den Verkehr auf der Transitachse nach Italien weiter ansteigen lässt, gilt die Ausbaustrecke ABS 38 über Mühldorf als Bypass, der den Verkehr zwischen München und Salzburg aufnehmen muss, um die heute benutzte Strecke über Rosenheim davon zu entlasten. Schließlich bildet Südostbayern ein bedeutendes Einzugsgebiet des Flughafens München; die ebenfalls seit Langem geplante „Walpertskirchener Spange“ soll einen direkten Anschluss dorthin herstellen.

Im Knoten Mühldorf laufen acht Strecken zusammen, alle eingleisig und nicht elektrifiziert. Rund 1 % des gesamten deutschen Eisenbahngüterverkehrs laufe, so die Deutsche Bahn, über diese Strecken.

Geplant wird inzwischen ein drittes Gleis zwischen Freilassing und der österreichischen Grenze. Hier trifft bisher der gesamte Verkehr mit Österreich über Mühldorf und über Rosenheim auf zwei Gleisen zusammen. Dieser Meilenstein umfasst nur etwa 700 m Gleis, allerdings mit einer Brücke über die Saalach, die hier die Grenze bildet. Auf österreichischer Seite bis Salzburg ist der Ausbau weitgehend abgeschlossen.

Wann die gesamte ABS 38 zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert sein wird, steht nach wie vor in den Sternen. Für die Finanzierung ist grundsätzlich der Bund zuständig, doch „die Schieneninfrastruktur in Deutschland ist chronisch unterfinanziert“, wiederholt seit Jahren die Allianz pro Schiene. Die Schweiz investiere in ihre Bahn pro Bürger 308 €, Österreich 230 €, Deutschland als Schlusslicht nur 53 € im Jahr. „Damit können selbst so wichtige Verkehrsadern die Erwartungen der Wirtschaft und der Bürger nicht erfüllen.“

Ein Beitrag von:

  • Ralf Roman Rossberg

    Freier Journalist und Buchautor, der im wesentlichen zu Eisenbahnthemen schrieb. Studium der Elektrotechnik in München und Berlin, später viele Jahre im Pressedienst der Deutschen Bundesbahn.

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