Bau 26.01.2001, 17:28 Uhr

Bei Erdbeben Einsturz

Mehr als 700 Tote wurden bisher nach dem jüngsten Erdbeben in El Salvador geborgen. Mit solch schweren Beben ist in Deutschland nicht zu rechnen, dennoch warnen Experten davor, dass viele Gebäude hierzulande nicht erdbebensicher gebaut sind.

Sicherheit kann trügerisch sein. Deutschland ist nicht ausreichend auf mögliche Erdbeben vorbereitet, meint der Geophysiker Peter Bormann vom GeoForschungsZentrum (GFZ), Potsdam. Erdbebenexperten machten sich am vergangenen Donnerstag vor der Wissenschaftspressekonferenz in Bonn für ein nationales Aktionsprogramm für mehr Sicherheit bei Erdbeben stark.
Denn nach Schätzungen der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft könnte bereits ein Erdbeben von 6 auf der Richterskala im Kölner Raum Sachschäden an Bauwerken in Höhe von 25 Mrd. DM anrichten bei einer Stärke von 6,4 wäre bereits mit Schäden von 94 Mrd. DM zu rechnen. Das Szenarium sagt für den Raum Frankfurt bei einem Erdbeben von 5,5 auf der Richterskala Gebäudeschäden in der Größenordnung von 34 Mrd. DM voraus – menschliches Leid nicht mitgerechnet.
Für Deutschland gilt der Grundsatz: Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines starken Erdbebens ist nach allgemeiner Experteneinschätzung vergleichsweise gering, aber die Folgen wären enorm. „Selbst eine Wiederholung des Albstadt-Bebens von 1978, welches als für Deutschland typisches Schadensereignis mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von einmal in etwa 30 Jahren gilt, würde heute bereits mit rund 2 Mrd. DM Schaden zu Buche schlagen“, meint Anselm Smolka von der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft. Damals waren in der baden-württembergischen Stadt Schäden in Hohe von 250 Mio. DM entstanden.
Besonders schwer einzuschätzen ist die Erdbebensicherheit von Gebäuden wegen der unterschiedlichen Untergrundverhältnisse. Die nach der Europäischen Makroseismischen Skala bestimmte mittlere Intensität der Bodenschwingungen bezieht sich auf durchschnittliche Untergrundverhältnisse, die noch eine stabile Gebäudegründung ermöglicht. Sie kann sich beispielsweise durch oberflächennahe Lockersedimente um etwa 1 Grad verstärken oder bei Standorten auf festem felsigen Untergrund auch abgeschwächt werden. Auch ein sandiger, feuchtiger Untergrund, der leicht ins Rutschen gerät, kann die Schäden erhöhen. Diese und andere Faktoren der Erdbebensicherheit von Gebäuden können bereits heute bei Standortplanungen, Festlegungen zur bebensicheren Bauweise und der Erteilung von Baugenehmigungen berücksichtigt werden.
Die ingenieurtechnische Auslegung der Bauwerke gegen Erdbebenkräfte ist durch die DIN 4149 aus dem Jahr 1981 geregelt, die sich allerdings lediglich auf normale Bauwerke bezieht. Diese allgemein gefasste Norm gilt nicht für Industrieanlagen, die zum Teil große Risikopotentiale aufweisen, aber auch nicht für Brücken. Eine Ausnahme ist der Erdbebenschutz von Kernkraftwerken, der in der speziellen Richtlinie geregelt ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Erdbeben, Ingenieurwesen und Baudynamik stellt fest: „Festzuhalten ist, dass der aktuelle Bauwerksbestand in Deutschland gemäß Richtlinien gebaut wurde, die aus heutiger Sicht veraltet sind und im Industriebereich entweder gar nicht bestanden oder nicht angemessen dokumentiert sind.“ Die veraltete DIN 4149 müsse nach Maßgabe der geplante Euronorm EC 8 aktualisiert werden, die beispielsweise lockere Sedimente und die Mächtigkeit der Schichten berücksichtigt.
Doch was hilft die beste Norm, wenn schon die alte nicht überall angewandt wird? Bormann: „Die neue Euronorm und der Entwurf der veränderten DIN-Norm berücksichtigen künftig zwar die Untergrundverhältnisse, deren Durchsetzung bleibt aber Ländersache.“ Außer Baden-Württemberg, das aus leidvollen Erfahrungen mit Erdbeben in der Vergangenheit Konsequenzen gezogen hat, verpflichte bisher kein Bundesland seine Bauherren auf die Einhaltung der DIN 4149.
Das könnte fatale Folgen haben. Werden Gebäude durch Erdbebenschwingungen erregt, dann besteht eine maximale Schadensgefahr, wenn die Eigenfrequenz des Gebäudes mit der Schwingungsfrequenz des Bodens übereinstimmt, also beide in Resonanz schwingen. Im Jahr 2000 hat das GFZ im Raum Köln Untersuchungen angestellt, um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen.
Die Daten zeigen, dass die Grundresonanzfrequenz der Oberfläche von 0,1 bis 0,2 Hz, das heißt einer Schwingungsdauer von etwa fünf bis zehn Sekunden, im Gebiet westlich der Erft bis auf etwa 5 bis 10 Hz im ostrheinischen Gebiet von Köln zum Bergischen Land hin ansteigt. Weiter wurde im westrheinischen Stadtgebiet von Köln bis zum ostrheinischen Rheinufer typische Schwingungsfrequenzen von 0,3 bis 0,5 Hz gemessen. Bei diesen Frequenzen werden die Bodenschwingungen um das Zwei- bis Zehnfache verstärkt.
Ein einstöckiges Gebäude hat im Mittel eine Eigenfrequenz von etwa 10 Hz, ein zehnstöckiges Gebäude von etwa 1 Hz und ein 30-stöckiges Gebäude von etwa 0,3 Hz. Bormann: „Im zentralen Stadtteil von Köln sind Gebäude mit bis zu zehn Stockwerken einer geringeren Erdbebengefährdung ausgesetzt als Hochhäuser, bei mehr als zehn Stockwerken kann es gefährlich werden.“ Für das Kölner Umland vom Ostrand bis zum Bergischen Land gilt das Gegenteil.
Um für die Zukunft das Erdbebenrisiko möglichst gering zu halten, hält Bormann auch die Verweigerungen von Baugenehmigungen für ein adäquates Mittel, wenn deren Resonanzfrequenz nahe der des Untergrundes liegen würden. Andernfalls müssten bestehende Gebäude durch bauliche Auflagen erdbebensicherer gemacht werden. M. WOLLENWEBER

Beben in Deutschland

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Still ruht die Erde

Wenn in El Salvador, der Türkei oder auf den Philippinen die Erde bebt, können Deutsche recht gelassen bleiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland von einem schweren Beben erschüttert wird, ist klein. Nach Angaben der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft gab es hierzulande zwischen 1970 und 1996 22 Erdbeben, davon sechs schwerere mit einer Magnitude von 5,0 bis 5,5. Das Beben mit den schlimmsten Auswirkungen ereignete sich 1978, als der Hohenzollerngraben in Baden-Württemberg in Bewegung geriet. Dabei wurden 5000 Gebäude beschädigt, 60 davon zerstört. 29 Menschen wurden verletzt, die Gesamtschäden beliefen sich auf 275 Mio. DM. In den 90er Jahren registrierte die Münchner Rück bislang vier Beben, das letzte 1996 in Sachsen-Anhalt bei Teutschenthal als Folge eines Gebirgsschlags. cf

Ein Beitrag von:

  • Marianne Wollenweber

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