Vor der Bewerbung 05.10.2022, 10:05 Uhr

Stellenanzeigen entschlüsseln: Worauf Bewerber achten müssen

Stellenanzeigen wirken – entweder anziehend oder abschreckend. Bewerber, die zwischen den Zeilen lesen, schätzen besser ein, ob eine Bewerbung aussichtsreich oder zwecklos ist. So können Sie Stellenanzeigen richtig lesen.

Stellenanzeigen enthalten mehr Infos, als auf den ersten Blick ersichtlich - wenn man weiß, wie man sie lesen muss. Foto: Panthermedia.net/lucianmilasan

Stellenanzeigen enthalten mehr Infos, als auf den ersten Blick ersichtlich - wenn man weiß, wie man sie lesen muss.

Foto: Panthermedia.net/lucianmilasan

Wie liest man Stellenanzeigen richtig?

Einerseits sind Stellenanzeigen so eintönig wie ein Standbild. Sie wiederholen sich, enthalten die immer gleichen Phrasen und Sätze. Dass oft übervorsichtige Formulierungen gewählt werden, ist vor allem dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschuldet. Kein Unternehmen will sich juristisch angreifbar machen, weil es schon in seiner Stellenanzeige einzelne Bewerbergruppen augenscheinlich diskriminiert. Zudem kopieren Personalerinnen und Personaler gerne, recyceln Textbausteine immer und immer wieder.

Andererseits sind Stellenanzeigen kleine Schatzkarten. In ihnen verbergen sich allerhand versteckte Hinweise und Andeutungen. Man muss sie nur erkennen. Schwer ist das keineswegs. So sollten Sie beispielsweise in den Hinweis auf ein „attraktives Gehalt“ keine allzu großen Erwartungen stecken. Erst wenn von einem „überdurchschnittlichen Gehalt“ die Rede ist, können Bewerberinnen und Bewerber davon ausgehen, es nicht mit einem knauserigen Arbeitgeber zu tun zu haben. Firmen aber, die in der Positionsbeschreibung eine Gehaltsspanne oder sogar ein konkretes Gehalt angeben, sind selten – und punkten umso mehr mit ihrer Transparenz.

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Formulierungen in Stellenanzeigen:

Beschreibt sich der Arbeitgeber als „dynamisches Unternehmen“, dann finden Neuzugänge vielleicht eine stark wachsende Firma vor, vielleicht aber auch einen chaotischen und unorganisierten Haufen. Ist „Hands-on-Mentalität“ gefragt, kann das bedeuten, dass Sie viel Freiraum erhalten und sofort mit wichtigen Aufgaben betraut werden, aber womöglich nur deshalb, weil die Einarbeitung ihren Namen nicht verdient und Mentoren Gestalten sind, die man hier nur vom Hörensagen kennt.

Gehalt und Benefits:

Vielsagend ist auch, was NICHT drinsteht. So sind unter Arbeitnehmern Benefits wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsangebote, Firmenwagen, Homeoffice, Firmenevents und Sabbaticals populär. Wird davon kaum etwas oder gar nichts in der Stellenanzeige angeboten, schaltet die innere Ampel vermutlich nicht auf Grün.

Gender-Bias in Stellenangeboten:

Und dann gibt es da noch das Problem mit dem Gender-Bias. Manche Stellenanzeigen sprechen unbewusst eher Männer an, andere eher Frauen. Laut Studie der Jobplattform Stepstone haben sich 85 Prozent aller Jobsuchenden schon einmal gegen eine Bewerbung entschieden, weil sie sich von den Formulierungen nicht angesprochen fühlten. Wird zum Beispiel eine „durchsetzungsstarke Persönlichkeit“ gesucht, lockt dies vorzugsweise Männer an. Richtet sich das Jobinserat hingegen an ein „talentiertes Teammitglied“, dann werden Frauen hellhörig.

Auch Arbeitgeber sollten das wissen und in ihrer Rekrutierungsstrategie berücksichtigen: Stellenanzeigen, die die Begriffe „selbstständig“, „individuell“ oder „herausfordernd“ enthalten, wirken auf Männer anziehend. Attribute wie „engagiert“, „zuverlässig“ und „verantwortungsvoll“ motivieren Frauen.

Wie ist eine Stellenanzeige aufgebaut?

Der inhaltliche Aufbau von Stellenanzeigen ist stets derselbe. Ein Job-Inserat besteht in der Regel aus fünf Einzelelementen:

  • Einleitung mit Unternehmensvorstellung
  • Position und Aufgabenbeschreibung („Ihre Aufgaben“)
  • Anforderungen („Ihre Qualifikationen“, „Was Sie mitbringen“)
  • Angebot und Benefits („Das bieten wir Ihnen“)
  • Bewerbungsprozess und Kontaktdaten

Im Titel der Stellenanzeige wird zunächst die Position erwähnt, um die es geht. In der Einleitung stellt sich das Unternehmen kurz vor und kondensiert Namen, Standort, Branche, Produkte und Historie zu wenigen Zeilen. In der Aufgabenbeschreibung konkretisiert der Arbeitgeber stichwortartig, welche Aufgaben auf den potenziellen Neuzugang zukommen. Die Anforderungen an Bewerber, die nun folgen, sind unterteilt in Muss-Anforderungen und Kann-Anforderungen. Wer sich in ihnen wiederfindet, empfängt ein Go-Signal für die Bewerbung. In den Benefits sagt der Arbeitgeber, was er Mitarbeitenden anbietet – vom Obstkorb bis hin zu vermögenswirksamen Leistungen. Auch die Arbeitszeiten tauchen hier auf. Das Jobinserat endet mit einem Hinweis auf das Bewerbungsprozedere sowie den Kontaktdaten des richtigen Ansprechpartners im Hause.

Was bedeutet „wünschenswert“ in Stellenanzeigen?

Über manche Begriffe stolpern Bewerberinnen und Bewerber in Stellenanzeigen häufig, zum Beispiel über „wünschenswert“. Synonym werden auch Adverbien wie „idealerweise“ oder „vorteilhaft“ verwendet. Dann heißt es etwa:

  • SAP-Kenntnisse wünschenswert
  • Erste Erfahrungen im Maschinenbau wünschenswert
  • Spanisch-Kenntnisse wünschenswert
  • Vertriebskenntnisse von Vorteil
  • Führerschein von Vorteil
  • Idealerweise verfügen Sie über Kenntnisse im Bereich der erneuerbaren Energien

Klarer Fall: Es handelt sich jeweils um eine sogenannte Kann-Anforderung. Bewerber, die die Fähigkeit mitbringen, sammeln Pluspunkte. Bewerber, die nicht über sie verfügen, sind aber dadurch nicht chancenlos. „Wünschenswert“ steht für ein Nice-to-have, kein Must-have. Den offenen Job kann man notfalls auch ohne die nachgefragte Kompetenz ausfüllen. Generell gilt: Je größer die Konkurrenz um die offene Stelle, desto wichtiger wird ein „wünschenswerter“ Skill.

Muss-Anforderungen

Muss-Anforderungen sind Skills, über die Bewerberinnen und Bewerber zwingend verfügen müssen. Wer sie nicht hat, kann erstens den Job nicht richtig machen und zweitens wird ihn der Arbeitgeber gar nicht erst in die engere Wahl nehmen. Wenn ein Hochschulstudium in Maschinenbau explizit genannt wird, dann sollte der Bewerber oder die Bewerberin auch wirklich über ein Abschlusszeugnis verfügen. Meist sind die Kompetenzen, die in der Stellenanzeige als Erstes genannt werden, die wichtigsten.

Allerdings ist auch klar: Je mehr Muss-Anforderungen in der Stellenanzeige genannt werden, desto niedriger die Zahl der Bewerber, die alle erfüllen — und umso größer wiederum die Chance für nicht-perfekte Kandidaten. Außerdem gibt es Grauzonen. Wenn etwa der Arbeitgeber Englischkenntnisse voraussetzt, der Bewerber auch englisch spricht, aber eben nur äußerst mäßig, handelt es sich dann noch um ein Match? Es hängt vom Fingerspitzengefühl des Bewerbers ab — oder seiner Chuzpe — ob er die Frage mit Ja oder Nein beantwortet.

Wer nicht alle Muss-Anforderungen erfüllt, ist jedenfalls nicht automatisch aus dem Rennen. So manche Lücke kann mit anderweitigen Stärken kompensiert werden. Auch ist es ja denkbar, sich eine dringend benötigte Fähigkeit im Job schnell anzueignen — und in der Bewerbung darauf hinweisen, dass man genau dies zu tun gedenkt.

Welche Formulierungen in Stellenanzeigen deuten auf Muss-Anforderungen hin?

Diese Formulierungen in Stellenanzeigen deuten auf Muss-Anforderungen hin:

  • Kenntnisse in … erforderlich
  • Kenntnisse in … bringen Sie mit
  • … setzen wir voraus
  • Sie bringen mit
  • Wir erwarten
  • Voraussetzung ist

Kann-Anforderungen

Kann-Anforderungen sind Sahnetüpfelchen. Sie schmecken jedem Arbeitgeber gut, er könnte aber gut und gerne auf sie verzichten. Für die Ausfüllung der Position sind sie nicht notwendig, aber sie helfen. Kann-Kompetenzen haben also einen geringeren Stellenwert als Muss-Anforderungen. Häufig handelt es sich um weiche Faktoren oder die Zahl der Jahre an Berufserfahrung, um Fremdsprachen- oder IT-Kenntnisse. Die unwichtigsten Anforderungen erkennen Sie meist auch daran, dass Sie im Aufgabenkatalog einer Stellenanzeige als Letztes genannt werden.

Unterschätzt werden sollten sie aber nicht. Viele Arbeitgeber sieben Bewerber letztlich – bewusst oder unbewusst – nach Sympathie und Cultural Fit aus. Zudem ist es denkbar, mit einer Vielzahl von erfüllten Kann-Anforderungen eine nicht vorhandene Muss-Anforderung auszugleichen. Klar ist: Wer ausschließlich zweitrangige Kann-, aber keine einzige erstrangige Muss-Anforderung erfüllt, ist für den Job nicht gerade prädestiniert.

Welche Formulierungen in Stellenanzeigen deuten auf Kann-Anforderungen hin?

Diese Formulierungen in Stellenanzeigen deuten auf Kann-Anforderungen hin:

  • Idealerweise verfügen Sie über
  • Sie sollten
  • Wünschenswert sind…
  • Von Vorteil sind…
  • Erste Erfahrungen sind wünschenswert, aber keine Voraussetzung
  • Wenn Sie außerdem mitbringen
  • Kenntnisse in … wären zudem hilfreich

Welche Kompetenzen sind wichtig?

Die Kompetenzen, die Bewerber erfüllen müssen, sind von Position zu Position, von Branche zu Branche, höchst unterschiedlich. Na klar, Muss-Anforderungen sind wichtiger als Kann-Anforderungen. Unabdingbar für eine qualifizierte Stelle sind die fachlichen Kompetenzen. Auch sind sie leichter belegbar als weiche Kompetenzen. Wenn Sie im Hauptberuf elektrische Antriebstechnik entwickeln wollen, müssen Sie unter normalen Umständen einen Hochschulabschluss in Elektrotechnik vorlegen. Soft Skills verorten viele gerne unter den (nicht ganz so wichtigen) Kann-Anforderungen. Doch das ist ein Trugschluss. Erst die richtige Mischung aus harten und weichen Fähigkeiten macht die Bewerbungsunterlagen rund.

Die meisten fordern Zuverlässigkeit

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden in 64 Prozent der Stellenanzeigen neben fachlichen auch überfachliche Kompetenzen als Anforderungen an Bewerbende genannt. Auffällig ist, dass größere Betriebe sie häufiger nachfragen als kleinere. Allein die Eigenschaft „Zuverlässigkeit“ wird demnach in 26 Prozent aller Stellenanzeigen genannt, „Teamfähigkeit“ in 22 Prozent der Jobofferten. Speziell sozial-kommunikative Kompetenzen stehen hoch im Kurs, insbesondere für hoch komplexe und Spezialistentätigkeiten, denen auch Ingenieurinnen und Ingenieure oder Informatikerinnen und Informatiker nachgehen. An sie werden gleichzeitig die höchsten fachlich-methodischen Anforderungen gestellt.

IT-Skills schlagen Abschluss

Eine interessante Entwicklung ist in den Vereinigten Staaten zu beobachten. Hier waren Anfang der 2000er Jahre viele Arbeitgeber dazu übergegangen, in ihren Stellenanzeigen einen Hochschulabschluss von Bewerbenden zu verlangen, obwohl sich die Stellen selbst gar nicht verändert hatten. Nun kehrt sich die Entwicklung wieder um. Darauf deutet eine Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt hin.
Die Unternehmen definieren in ihren Stellenausschreibungen demzufolge verstärkt Fähigkeiten, die sie von Bewerbern verlangen, weniger formelle Abschlüsse. Zu beobachten sei dieser Trend in den USA vor allem im IT-Bereich und in Führungspositionen, in denen das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage besonders groß ist. Eine Tendenz, die auch in Deutschland angesichts der Fachkräfteengpässe folgerichtig oder sogar unausweichlich erscheint.

Sollte man sich auf Stellenanzeigen bewerben, wenn man die Anforderungen nicht alle erfüllt?

Klare Antworte: Ja. Je nach Experte, den Sie fragen, liegt die Erfolgsschwelle zwischen 60 und 80 Prozent — wenn Sie diesen Prozentsatz an Anforderungen, die in der Stellenanzeige genannt werden, abhaken können, verspricht die Bewerbung Erfolg. Eine Studie der Recrutingagentur Talent Works kommt sogar zu dem Schluss, dass nur 50 Prozent der Job-Anforderungen erfüllt sein müssen. Mit dieser Quote habe man die gleichen Chancen, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden wie mit einer 90-prozentigen Erfüllungsquote. Bei Frauen steigen die Chancen demnach sogar schon ab 30 Prozent stark an. Die Recruiter hatten für ihre Studie über 6.000 Stellenanzeigen und Bewerbungen aus 118 Branchen analysiert.

Im Hinterkopf festhalten sollten Bewerber also dies: Sie müssen keineswegs sämtliche der in der Stellenanzeige genannten Fähigkeiten und Kompetenzen vorweisen, um in die engeren Auswahl zu kommen. „Wenn du auf der Suche nach dem perfekten Job bist, lass dich nicht durch eine lange Liste von Anforderungen einschüchtern“, so das Fazit von Talent Works. Aber genau das tun viele Bewerber — und Bewerberinnen. Fast zwei Drittel der Frauen verwarfen laut Talent-Works-Studie die Bewerbung, wenn sie nur hinter 50 bis 60 Prozent der Anforderungen ein Häkchen setzen konnten. Bei den Männern verzichtete unter gleichen Rahmenbedingungen hingegen nur etwas mehr als ein Drittel auf eine Bewerbung.

Ein kleines, aber feines Indiz: Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstitut Respondi haben 41,5 Prozent der befragten Fachkräfte schon einmal einen Quereinstieg in ein neues Betätigungsfeld vollzogen — in einen Bereich also, in dem sie nicht alle Anforderungen von vornherein erfüllt haben dürften. Und die Chancen auf Quer- und Seiteneinstiege sowie erfolgreiche Bewerbungen dürften in Zukunft angesichts der demographischen Entwicklung weiter steigen.

Ein Beitrag von:

  • Sebastian Wolking

    Sebastian Wolking ist freier Journalist in Hamburg und schreibt seit über 15 Jahren für die VDI Nachrichten. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Arbeitsmarkt und Karriere.

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