02.01.2016, 00:22 Uhr

Lohnt AT noch für mich?

Ich bin Dipl.-Ing., Anfang 40 und als Teamleiter bei einem großen Industriekonzern beschäftigt. Meine Aufgabe beinhaltet die fachliche Verantwortung für sieben Mitarbeiter/innen. Ich bin in der höchsten Tarifgruppe eingruppiert. Mein Vorgesetzter bescheinigt mir gute Leistungen, er sieht bei mir auch Potenzial für eine Gruppenleiteraufgabe.Meine derzeitige Aufgabe befriedigt mich sehr. Ich arbeite engagiert und bin grundsätzlich auch daran interessiert, mehr Verantwortung zu übernehmen, z. B. als Gruppenleiter.Allerdings stellt sich mir die Frage, ob sich das finanziell auch lohnt. Gruppenleiter werden außertariflich bezahlt und haben nur wenig mehr Einkommen als in der höchsten Tarifgruppe. Unter Berücksichtigung von vielen Überstunden ist das Gehalt im Tarif unter Umständen sogar höher als das AT-Gehalt.Aufgrund meines Lebensalters ist, realistisch betrachtet, nicht automatisch davon auszugehen, dass ich über die Gruppenleiterebene hinaus noch weiter befördert werde, z. B. zum Abteilungsleiter. Gruppenleiter wäre möglicherweise meine Endposition. Dieser Umstand an sich stellt für mich kein Problem dar. Was ich mir allerdings wünschen würde, ist eine finanziell attraktive Perspektive.Die Firma strebt generell eine leistungsorientierte Bezahlung an. Dies sehe ich aber in diesem Fall nicht.Ganz alleine bin ich mit dieser Einschätzung nicht. Ein Kollege sagte mir: „Mit 40 lohnt sich ein AT-Vertrag nicht mehr.“Ist hier ein Fehler im System oder ist meine Einschätzung falsch?

Antwort:

Bandbreiten überschneiden sich häufig. Sie bauen nicht klar abgegrenzt aufeinander auf, sondern die höchsten Werte der niederen Bandbreite liegen höher als die niedrigsten der höheren. Beispiel: Taschengeld von Schülern. Das der 14- bis 18jährigen mag (angenommen) von 20 bis 150 EUR pro Zeiteinheit reichen, das der 10- bis 13jährigen von 10 bis 40 EUR. Fazit: Mancher jüngere Schüler hat mehr als mancher schlecht ausgestattete ältere. Dennoch gilt: grundsätzlich und durchschnittlich haben ältere mehr.Das gilt auch in anderen Bereichen: Ein Reihenhaus einer bestimmten Ausstattungskategorie mag 80 bis 150 m² Wohnfläche haben, ein freistehendes Haus vielleicht 120 bis 200 m². Generell also verfügt der Besitzer eines freistehenden Hauses über mehr m² – aber im Einzelfall kann der Reihenhausbesitzer 150 m² haben, der andere in der eigentlich „höher“ angesiedelten Kategorie aber nur 120.Mindert das den Wert freistehender Häuser? Absolut nicht. Es geht ja nicht nur um Wohnflächen, es gibt daneben viele andere Bewertungskriterien.Zurück zum AT-Vertrag. Er ist der Einstieg in die Managementlaufbahn. Wer jemals aufsteigen will, muss da durch. Die Entscheidungsträger im Hause sehen im Einstieg ins AT-Verhältnis eine Auszeichnung – bei der sie es kaum verstehen, wenn ein Mitarbeiter sie ablehnt.So denkt man auch, wenn jemand sich um bestimmte Positionen von außen bewirbt: „Will Abteilungsleiter werden und steckt noch im Tarif?“, lautet dann die entsprechende Bemerkung.Also: Alles, was Sie schreiben, ist nicht falsch – aber kleinmütig gedacht. Natürlich ist nicht sicher, ob Sie je Abteilungsleiter werden. Aber Sie sind 25 Jahre vor Ende Ihres Berufslebens. Und da wollen Sie jetzt vorsichtshalber die Tür für den weiteren Aufstieg endgültig zuwerfen, bloß weil Sie im Augenblick bei ein paar Überstunden einen finanziellen Vorteil hätten? Ihr Unternehmen kann morgen verkauft werden, Sie können übermorgen Ihren Arbeitsplatz verlieren, im nächsten Quartal wegen großen Ärgers mit einem neuen Chef kündigen müssen. Oder im nächsten Monat doch beschließen, extern Abteilungsleiter werden zu wollen. Und in allen Fällen brauchen Sie Qualifikationsbeweise – das AT-Verhältnis ist ein entsprechendes Indiz; Mitte 40 und noch im Tarif ist für Aufstiegspositionen keine Empfehlung.Natürlich kann es sein, dass Sie dort bleiben, nie Abteilungsleiter werden und mit 67 Jahren stolz sind auf die bessere Überstundenabrechnung, die Sie sich erhalten haben. Aber dann müssen Sie jetzt alles ablehnen. Nicht nur den AT-Vertrag, sondern auch den Gruppenleiter. Um heute ein paar mögliche Vorteile nicht zu verlieren, töten Sie alle weiteren Chancen sicher ab. Und wissen später nie (wenn Sie mit 55 schlaflos im Bett liegen), ob Sie nicht inzwischen Abteilungsleiter wären, hätten Sie damals nicht die Gruppenleiter-Ernennung verweigert.Sie sind ein freier Mensch, Sie können so verfahren. Aber Sie sollten es nicht aus den von Ihnen genannten Gründen tun.Entscheiden Sie, ob Sie jemals Abteilungsleiter werden wollen. Und wenn ja, dann erkämpfen Sie sich den Status – drinnen oder draußen. Und wenn nein, dann überlegen Sie bitte, ob es nicht immer noch besser ist, den Gruppenleiter für alle Fälle noch mitzunehmen. Und wenn da dann ein Ende des Tarifangestellten-Daseins dranhängt, dann hängt es eben.Und vielleicht bringt Ihnen die Beförderung zum Gruppenleiter ja ganz neue Erkenntnisse oder sie gibt Ihrem Karrierestreben ganz neuen Schwung. Warten Sie es einmal ab.

Kurzantwort:

Der Einstieg ins AT-Verhältnis ist im Sinne der Karriere der Eintritt in die nächsthöhere „Klasse“. Dass damit auch einige kleinere Nachteile verbunden sein können, mindert den Wert dieses Schrittes nicht.
Frage-Nr.: 2230
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 25
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2008-06-18

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Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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