Finanzierung 15.03.2013, 13:59 Uhr

Pro & Contra: Kann der deutsche Mittelstand höhere Steuern verkraften?

Die SPD wirbt für eine höhere Einkommensteuer und die Neuauflage der Vermögensteuer. Nach Ansicht von SPD-Fraktionsvize Joachim Poss kann der Mittelstand die zusätzlichen Belastungen gut verkraften. BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber ist gänzlich anderer Meinung – ein Pro & Contra zur Steuerpolitik.

Die SPD, mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück an der Spitze, wirbt im Bundestagswahlkampf für eine Erhöhung der Einkommenssteuern.

Die SPD, mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück an der Spitze, wirbt im Bundestagswahlkampf für eine Erhöhung der Einkommenssteuern.

Foto: dpa

Pro: Auch wenn Deutschland besser durch die weltweite Wirtschaftskrise gekommen ist als die meisten anderen Länder, steht unser Land doch vor großen Herausforderungen. Die Globalisierung schmälert den Einfluss staatlichen Handelns, die noch nicht überwundene Finanzmarktkrise ist gleichermaßen Bewährungsprobe für demokratisch legitimierte Politik wie Herausforderung für die öffentlichen Finanzen. Ebenso zwingt die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse zu Konsolidierung auf allen staatlichen Ebenen.

Trotz relativ gutem Wirtschaftswachstum und sinkender Arbeitslosigkeit sind immer mehr Menschen vom erwirtschafteten Wohlstand abgekoppelt. Auch weil Konsolidierung der Finanzen bei Schwarz-Gelb hauptsächlich mit einem Griff in die Sozialkassen umgesetzt wurde. Daneben arbeiten mittlerweile mehr als ein Fünftel der abhängig Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Dem gegenüber stehen gravierende überproportionale Gehaltszuwächse bei Top-Verdienern. Die wachsende Ungleichheit wird beim Blick auf die Vermögensverteilung noch deutlicher. Die soziale Spaltung hat in Deutschland dramatisch zugenommen.

Vor diesem Hintergrund hat die SPD ein Konzept vorgelegt, das diesen Entwicklungen entgegenwirkt und dem Gestaltungsauftrag des Staates gerecht wird. Ziel ist es, staatliche Handlungsfähigkeit zu sichern und zu stärken, um in Zukunftsaufgaben investieren zu können. Solide Staatsfinanzen sind Grundlage für die Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben, wie Bildung, Infrastruktur und Kommunen.

Bildung ist der Schlüssel zu Arbeit und Chance auf Aufstieg. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass für alle jungen Menschen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, diese Aufstiegschancen kein leeres Versprechen bleiben. Gerade der Mittelstand ist auf gut ausgebildeten Nachwuchs in der Region angewiesen.

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Bisher rangiert Deutschland im internationalen Vergleich bei Bildung nur im Mittelfeld. Das wird sich auf Dauer vor allem auf mittelständische Unternehmen, die zu einem Großteil von Innovation und Kreativität leben und oft keine riesigen Recruiting-Abteilungen wie Großkonzerne haben, negativ auswirken.

Wir wollen liegen gebliebene Aufwendungen für die Infrastruktur und die Energiewende realisieren. Sie sind unumgängliche und notwendige Investitionen in den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Darüber hinaus ist die finanzielle Situation vieler Städte und Gemeinden prekär, sie sind mit jährlich 8 Mrd. € bis 9 Mrd. € unterfinanziert. Herausforderungen durch u. a. den demografischen Wandel und Integration stehen drastische Einsparungen gegenüber, sodass mittlerweile in einigen Städten und Gemeinden die Handlungsspielräume stark eingeschränkt sind.

Mit dem Anspruch, diese notwendigen Zukunftsinvestitionen zu tätigen bei gleichzeitiger Haushaltskonsolidierung, hat die SPD sich zugegebenermaßen ehrgeizige Ziele gesetzt und es braucht gesamtgesellschaftliche Anstrengungen, um diese zu erreichen.

Neben der Einsparung völlig sinnloser Ausgaben, wie dem Betreuungsgeld, gilt es Steuersubventionen zu hinterfragen.

Darüber hinaus muss die Subventionierung von Niedriglöhnen endlich beendet werden. Außerdem wollen wir entschiedener gegen Steuerbetrug vorgehen. Dazu hat die SPD ein umfassendes Maßnahmenpaket aufgestellt.

Trotzdem ist es unumgänglich, auch gezielte Steuererhöhungen in moderatem Umfang zu realisieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Anhebungen des Einkommensteuerspitzensatzes auf 49 % und die Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Der Spitzensteuersatz soll erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 100 000 € für Ledige/ 200 000 € für Verheiratete greifen und zielt damit auf höhere Beteiligung von sehr hohen Einkommen an der Finanzierung des Gemeinwesens ab.

Die Vermögensteuer wollen wir ebenfalls nicht als Selbstzweck und nicht aus Neid. Sie dient der Durchsetzung des Verfassungsauftrages zur Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Vermögen tragen im internationalen Vergleich in Deutschland relativ wenig zur Finanzierung des Gemeinwesens bei das wollen wir ändern. Es geht dabei nicht darum, Vermögen zu schmälern, sondern durch einen niedrigen Steuersatz das Anwachsen großer Vermögen zu verlangsamen. Daher sind erhebliche Freibeträge vorgesehen, sodass nur ein überschaubarer Kreis überhaupt steuerpflichtig wäre.

Uns ist auch klar, dass bei der Ausgestaltung der Steuer besondere Schutzmaßnahmen für Betriebsvermögen verankert werden müssen. Gerade mit Blick auf den Mittelstand sollen sich die Belastungen in Grenzen halten.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass bis 1996 eine Steuer auf Vermögen fast 50 Jahre lange erhoben wurde. Wir werden mit geeigneten Maßnahmen dafür sorgen, dass es bei der Gestaltung der Steuer verfassungskonforme Lösungen gibt. Die Einnahmen aus der Vermögensteuer würden in die Haushalte der Länder fließen, die damit Investitionen in Bildung, Kommunen und Infrastruktur finanzieren und ihrerseits die Schuldenbremse einhalten könnten. Die Steuerpläne der SPD sind Teil eines umfassenden Konzeptes mit dem Ziel, den Standort Deutschland ökonomisch, sozial und ökologisch zukunftsfähig zu machen. JOACHIM POSS

 

Ein Beitrag von:

  • Joachim Poss

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