Nissan in der Krise – Partner Renault muss fast 10 Mrd. € abschreiben
Seit Jahren steckt Nissan in einer tiefen Krise. Nun muss der französische Autobauer Renault für das erste Halbjahr 2025 eine außerordentliche Abschreibung in Höhe von 9,5 Mrd. € auf seine Beteiligung am japanischen Partner Nissan vornehmen.

Nissans Modellpalette gilt als veraltet. Mit neuen Modellen und vielen E-Mobilen wollen die Japaner das Ruder herumreißen.
Foto: picture alliance / empics/Owen Humphreys/PA Wire
Der französische Autobauer Renault muss für das erste Halbjahr 2025 eine außerordentliche Abschreibung in Höhe von 9,5 Mrd. € auf seine Beteiligung am japanischen Partner Nissan vornehmen. Die Maßnahme ist eine Folge der tiefgreifenden Krise, in der Nissan seit Jahren steckt – und markiert zugleich einen Wendepunkt in der bilanziellen Bewertung der Allianz zwischen den beiden Unternehmen.
Fair-Value statt Equity-Methode
Die Neuberechnung folgt einem Wechsel der Bilanzierungsmethode: Statt wie bisher nach der Equity-Methode wird Renault seine Beteiligung an Nissan ab dem 30. Juni 2025 als Finanzanlage zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value) ausweisen. Ausschlaggebend ist der Aktienkurs zum Stichtag, der bei 350 Yen (2,06 €) lag. Im Vergleich zum bisherigen Buchwert ergibt sich daraus eine Abwertung von 9,5 Mrd. €. Hinzu kommen Rückführungen von Währungsumrechnungsreserven und Absicherungen von Nettoinvestitionen.
Wichtig dabei: Die Abschreibung ist rein buchhalterischer Natur. Sie hat laut Renault keine Auswirkungen auf den Cashflow, die Liquiditätslage oder die Dividendenpolitik des Konzerns. Die Umstellung auf die Fair-Value-Methode ist laut Renault ein Schritt zu mehr Transparenz und eine Anpassung an die Marktrealität. In einem sich rasch wandelnden Automobilmarkt signalisiert der Konzern damit eine Abkehr von starren Beteiligungsstrukturen hin zu flexibleren Formen der Kooperation.
Anteil und Marktwert im Sinkflug
Renault hält derzeit noch 35,7 % an Nissan – 17,05 % direkt, den Rest über eine Stiftung. Die Nissan-Aktie hat binnen zwölf Monaten etwa 40 % an Wert verloren und notiert aktuell bei 341,8 Yen (2,01 €). Zum Vergleich: Als Renault 2002 seine Beteiligung erhöhte, lag der Kurs bei rund 400 Yen (2,36 €).
Im Zuge der anhaltenden Krise bei Nissan hatte Renault bereits begonnen, seinen Anteil schrittweise zu verringern. Die Allianz wird seit 2023 in eine flexiblere, projektbezogene Partnerschaft überführt, die weniger auf Kapitalbeteiligung als auf operativer Kooperation basiert.
Krise bei Nissan: Milliardenverluste und Werksschließungen
Nissan durchlebt seit dem Abgang und der Festnahme von Ex-Chef Carlos Ghosn im Jahr 2018 eine schwierige Phase. Die Wende zur Elektromobilität trifft das Unternehmen besonders hart. Die Produktpalette gilt als veraltet, der Umsatz sinkt, und das Vertrauen von Investoren schwindet. Im Geschäftsjahr 2024/2025 (bis Ende März) wies Nissan einen Nettoverlust von umgerechnet 4,4 Mrd. € aus. Einen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr blieb der Konzern bislang schuldig. Kurzfristig bat das Unternehmen sogar Lieferanten um Zahlungsaufschub, um Liquidität zu sichern. Der bisherige CEO Makoto Uchida wurde im März 2025 durch Ivan Espinosa ersetzt. Dieser kündigte ein drastisches Sanierungsprogramm an: Sieben Werke sollen geschlossen und rund 20.000 Arbeitsplätze bis 2027 abgebaut werden.
Allianz bleibt bestehen – trotz bilanzieller Trennung
Trotz der drastischen Abschreibung betont Renault, dass die strategische Partnerschaft mit Nissan und Mitsubishi nicht infrage steht. Operative Projekte – etwa in den Bereichen Elektromobilität und autonomes Fahren – sollen fortgeführt werden. Die Zusammenarbeit werde nun „geschäftsorientierter“ und „pragmatischer“ gestaltet.
Strategischer Umbau bei Renault
Die Entscheidung fällt in eine Zeit des Umbruchs bei Renault: Am 15. Juli wird CEO Luca de Meo das Unternehmen verlassen, um zum Luxusgüterkonzern Kering zu wechseln. Renault steht damit nicht nur vor einem personellen Wechsel, sondern auch vor der Herausforderung, seine Strategie im Bereich Elektro- und Digitalmobilität neu auszurichten. Trotz tiefroter Halbjahreszahlen zeigt sich der Konzern bilanziell stabil. Der Kurs bleibt klar: weniger Kontrolle, mehr gemeinsame Wertschöpfung – ein neuer Ansatz für eine Allianz im Wandel.
Ein Beitrag von: