E-Mobilität 25.09.2025, 13:10 Uhr

KIeinwagen: Welche E-Autos unter 20.000 € aus Europa bald kommen

Experten drängen die europäische Autoindustrie, endlich bezahlbare Elektro-Kleinwagen unter 20.000 € zu entwickeln. Volkswagen, Stellantis oder Renault sind dabei.

Experten drängen die europäische Autoindustrie, endlich bezahlbare Kleinwagen unter 20.000 € mit Elektroantrieb zu entwickeln. Volkswagen, Stellantis oder Renault sind dabei. Mit einem Grundpreis von knapp 17.000 € zählt der Dacia Spring Electric in Europa zu den günstigsten Elektro­autos. Er wird allerdings in China hergestellt. 
Foto: He&Me/Publicis ­Conseil/BEAM/Renault Group

Experten drängen die europäische Autoindustrie, endlich bezahlbare Kleinwagen unter 20.000 € mit Elektroantrieb zu entwickeln. Volkswagen, Stellantis oder Renault sind dabei. Mit einem Grundpreis von knapp 17.000 € zählt der Dacia Spring Electric in Europa zu den günstigsten Elektro­autos. Er wird allerdings in China hergestellt.

Foto: He&Me/Publicis ­Conseil/BEAM/Renault Group

Lithium-Ionen-Batterie, ESP, Touchscreens, Zentralrechner, Head-up-Display? Solche technischen Innovationen im Großen und Kleinen führt die Autoindustrie von jeher zuerst in ihren teuren Topmodellen ab Mittelklasse ein. Große Autos, große Gewinnmarge – so einfach ist die Vorgabe an die Ingenieure der Entwicklungsabteilungen.

Kleinwagen bekommen technische Revolutionen entweder gar nicht – oder erst, wenn diese sich anderswo bezahlt gemacht haben. So viel zu den Zeiten, in denen der Verkaufspreis des Fahrzeugs als wichtigste Einnahmequelle Maßstab aller Innovationen war.

Heute sind Daten die entscheidende Quelle der Zukunftskraft – auch bei Kleinwagen

Zauberwort sind hierbei Elektrifizierung und vor allem das digital definierte Fahrzeug: Die Software bestimmt, ähnlich wie beim Smartphone, den Lebenszyklus der Produkte. Und tief integriert in die Hardware „Auto“ lässt sich damit durch Zusatzdienste durchaus Geld verdienen. Das fängt mit dem Nutzen der generierten Fahrdaten etwa für vollautomatische Fahrfunktionen an, setzt sich über Zusatzangebote bei Komfort oder Assistenten per Update fort und hört mit dem späteren Verkauf von passenden Apps oder Features noch lange nicht auf.

Das bedeutet aber: Je mehr Masse vorhanden ist, desto größer der Datenstrom, der ausgewertet werden kann. Gerade bei günstigen E-Kleinwagen ist darum das Aufholen gegenüber chinesischen Wettbewerbern wichtig. Bezahlbare europäische Modelle sind hier entscheidend. Das Ziel ist die Preisschwelle von 20.000 €

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Dacia Spring und Stellantis Leapmotor haben europäische Familiennamen, sind aber „made in China“

Bisher hat lediglich Renault mit dem Dacia Spring oder Stellantis mit dem Leapmotor 03 da etwas im Angebot – beide allerdings produziert in China. Mit Leapmotor hatte übrigens auch VW verhandelt, wie Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management, berichtet. Deren Kleinwagen bietet für weniger als 19.000 € bereits ein Angebot mit umfangreicher Sicherheitstechnik, solidem Komfort und Infotainment.

Stellantis erkauft sich durch die Kooperation Zeit; so lassen sich im Wachstumsmarkt der Zukunft Marktanteile sichern, bevor Anfang 2026 die eigene teurere Plattform für Kleinwagen „STLA Small“ fertig ist. Deren Batterien sollen mit Kapazitäten ab 37 kWh und Motorleistungen ab 70 kW mehr als 300 km Reichweite und Schnelllademöglichkeiten bieten – und damit Augenhöhe zu Preisbrechern wie dem BYD Dolphin Surf erreichen.

Chinas Autobauer setzen bei Elektro-Kleinwagen auf eigene Technik

Die Chinesen entwickeln und fertigen die wichtigsten und teuersten Bauteile komplett selbst – und haben etwa gleich acht Antriebskomponenten in sogenannten integrierten Bauteilen zusammengefasst, um den Platzbedarf zu minimieren und die Effizienz zu steigern. In einem kompakten Gehäuse sitzen im Dolphin Surf Elektromotor, Leistungselektronik, die Getriebeeinheit, Sensorik zur Drehzahl- und Lageerfassung und das Kühlungssystem für Motor und Elektronik. Dazu liegt im Boden die Blade-Batterie, eine spezielle Bauform der Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie.

Das Design ermöglicht eine hohe Energiedichte beim Batteriesystem, weil die Zellen eng und flach angeordnet sind. Das verbessert die Raumausnutzung im Fahrzeugboden – und macht sich gerade in dem gerade einmal 3,99 m kurzen Dolphin Surf bemerkbar.

Auch dieser Chinese fährt längst über Europas Straßen. Experte Bratzel sieht denn auch die Bemühungen der etablierten Autohersteller im Segment der preiswerten Elektro-Kleinwagen kritisch und von hohem Handlungsdruck geprägt.

Volkswagen läuft Gefahr, bei Kleinwagen den Anschluss zu verlieren

Das sehen offenbar auch die Wolfsburger selbst so – und haben sich dazu mit dem US-Anbieter Rivian verbündet, um die neueste und technisch anspruchsvollste Plattform im Konzern ausgerechnet im kleinsten Fahrzeug einzusetzen. Der ID.1 (Arbeitstitel) soll so ab 2027 softwareseitig Pionier im Konzern werden. Konkurrent Renault will mit seinem neuen Twingo und dem nächsten Schwestermodell Spring sogar noch ein Jahr früher von Europa aus in den Weltmarkt starten. Dabei weisen die beiden Wettbewerber zwei ganz unterschiedliche Strategien auf: Während VW mit Rivian auf eine exklusive, tief integrierte Eigenentwicklung setzt, verfolgt Renault mit Partnern wie Google und Qualcomm einen offeneren Plattform-Ansatz.

Die Wolfsburger haben dazu mehr als 5 Mrd. € in ein Joint Venture mit den Amerikanern investiert, um die als führend anerkannte Software- und Elektronikarchitektur von Rivian für den eigenen Konzern nutzbar zu machen. Der kleinste VW wird darum ein proprietäres, geschlossenes System erhalten. Volkswagen will die volle Kontrolle über die gesamte Kette – von der Hardware (zonale E/E-Architektur) bis zur Software. Der eigenen Software-Tochter Cariad traut man diesen Kraftakt wohl nicht mehr zu.

Apple-Lizenz-Modell im Kleinwagensegment

Rivian hat dagegen bereits eine eigene Architektur, in der die Autoelektronik in mehrere Zonen mit eigenen Steuergeräten aufgeteilt wird. „In der ersten Generation der Rivian-Plattform haben wir noch 17 dieser Steuereinheiten benötigt“, so Firmenchef Robert Joseph Scaringe. Inzwischen seien es nur noch sieben, verteilt im Fahrzeug. Das verkürzt den Weg für die Datenübermittlung.

Ideale Sparfunktionen für einen kostensensiblen Kleinwagen – VW behält die volle Hoheit über die Fahrzeugdaten und kann den Update-Zyklus sowie neue Geschäftsmodelle (Functions-on-Demand) selbst steuern. Nach dem Vorbild von Apples iOS können zudem langfristig höhere Gewinne durch Lizenzierung oder exklusive Dienste generiert werden.

Der Aufbau einer komplett neuen Architektur ist langwierig

Ob zudem die agile Start-up-Kultur von Rivian mit den etablierten Konzernstrukturen von VW harmoniert, ist auch noch nicht abgehakt. Renault dagegen baut – wie mehr und mehr Hersteller – auf die bekannte Prämisse: „If you can’t beat them, join them“. Die Franzosen haben sich ähnlich wie Volvo, Polestar oder Honda für eine strategische Partnerschaft mit den Tech-Giganten Google und Qualcomm entschieden. Im kommenden Twingo arbeitet darum Android Automotive mit den integrierten Google Automotive Services als Betriebssystem und das „Snapdragon Digital Chassis“ von Qualcomm als Hardware-Grundlage.

Die bewährte, robuste und bereits von Millionen Entwicklern weltweit genutzte Plattform hat den Fokus, schnell marktreife und kosteneffiziente Lösungen zu implementieren und sich nur durch die spezifische Ausgestaltung des User Interface und durch die Integration eigener Dienste zu differenzieren. Ideal, um schnell kostengünstige Massenautos zu bringen. Zudem ist ein breites Angebot an Anwendungen vom Start weg verfügbar und für Kunden ein vertrautes Umfeld.

Das Rennen um die Elektro-Kleinwagen ist eröffnet

Renault macht sich damit allerdings strategisch von Google abhängig. Änderungen an den Geschäftsbedingungen, der Datenpolitik oder der technologischen Ausrichtung von Google haben direkte Auswirkungen auf den Hersteller. Und Renault muss die Hoheit über die wertvollen Fahrzeug- und Kundendaten mit Google teilen.

Wer am Ende den gewinnbringenderen Kleinwagen entwickelt, ist noch ungewiss. Sicher ist nur, dass den Endkunden solche technischen Voraussetzungen eher nicht interessieren. Wolfgang Ewig, der als langjähriger Manager des Deka-Fonds tiefe Einblicke in die Branche hat, sieht gerade bei den Einsteigerautos für die Generation Z einen Trend, der in Asien längst Mainstream ist: „Der Fokus verschiebt sich insgesamt weg von den wichtigsten Elektrifizierungsleistungsdaten hin zu Digitalisierungsthemen wie Nutzererlebnis und autonomes Fahren.“ Der Maßstab gerade bei den Kleinwagen ist also das Smartphone mit Over-the-air-Updates und Millionen Apps.

Ein Beitrag von:

  • Peter Weißenberg

    ist freier Autor aus München. Seine Themenschwerpunkte liegen in den Bereichen Autoindustrie und IT. Als Reporter, Chefredakteur und Moderator war er bei Tageszeitungen, Magazinen und in elektronischen Medien tätig.

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