Hubschrauber testen Biokerosin: DLR und ADAC ziehen erste Bilanz
DLR und ADAC Luftrettung testen Biokerosin in Helikoptern. Das Ergebnis: Deutlich weniger Rußpartikel bei gleicher Leistung im Rettungseinsatz.

Die Messungen verlangten Fingerspitzengefühl vom Piloten: Er musste am Boden Gas geben wie für einen Start. Dabei durfte der Hubschrauber allerdings nicht abheben. Über eine Sonde misst das DLR-Team mehrere Verbrennungsgase sowie die Zahl und Größe der ultrafeinen Partikel im Abgas des Helikopters. Diese Messewerte können die Forschenden im mobilen Labor nebenan live verfolgen.
Foto: DLR
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die ADAC Luftrettung haben gemeinsam ein innovatives Projekt gestartet: Erstmals untersuchten sie den Langzeiteinsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe, sogenannter Sustainable Aviation Fuels (SAF), in Rettungshubschraubern. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten absolvierten zwei ADAC-Helikopter mehr als 1.800 Flugstunden – angetrieben von einem Gemisch aus herkömmlichem Kerosin und bis zu 38 % SAF.
Die nachhaltigen Anteile des Treibstoffs stammen aus recycelten pflanzlichen und tierischen Fetten wie Altspeiseöl. Diese neue Kraftstoffmischung soll helfen, die Emissionen im Flugverkehr deutlich zu senken. Forschende des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik begleiteten das Projekt mit sechs umfassenden Messkampagnen. Sie nahmen die Verbrennungsvorgänge und die Emissionen der Hubschraubertriebwerke genau unter die Lupe.
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Klare Ergebnisse: Weniger Ruß bei stabiler Leistung
Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Die Verwendung des SAF-Blend führte zu einer erheblichen Reduktion von ultrafeinen Partikeln, die umgangssprachlich als Ruß bekannt sind. Im Leerlaufbetrieb, also kurz vor dem Start bei hoher Rotordrehzahl, stellten die Forschenden 44 % weniger Rußpartikel fest. Während des normalen Flugbetriebs (Cruise-Modus) waren es immerhin 33 % weniger im Vergleich zu reinem Kerosin.
Gleichzeitig blieb die Leistung der Triebwerke konstant. Die gemessenen Verbrennungsgase wie Kohlendioxid (CO₂), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Stickoxide (NOₓ) zeigten keine nennenswerten Unterschiede. Das bestätigt: Der Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen beeinträchtigt die Funktion der Rettungshubschrauber nicht.
Nachhaltige Flugkraftstoffe gelten als ein wichtiger Baustein für eine klimafreundlichere Luftfahrt. Zwar entsteht beim Verbrennen auch hier CO₂, doch stammt dieses aus erneuerbaren Quellen. Über den gesamten Lebenszyklus sinken so die Netto-CO₂-Emissionen spürbar.
Hightech-Messlabor für winzige Partikel
Für die aufwendigen Messungen nutzten die Forschenden ein mobiles Messlabor des DLR. Dieses Fahrzeug ist mit hochpräziser Messtechnik ausgestattet und kann selbst ultrafeine Partikel bis zu einer Größe von sieben Nanometern erfassen. Vor jeder Messreihe legte das Team ein individuelles Konzept fest – von der Position der Sonden bis zur Dauer der Messungen.
Tobias Grein, der das Projekt seitens des DLR betreut, erläutert: „Für die in dieser Form erste und bisher einmalige Messkampagne hatten wir unser mobiles DLR-Messlabor im Einsatz. Darin befinden sich hochspezielle Mess- und Analysegeräte. Diese sind geeignet, um ultrafeine Partikel bis zu einer Größe von sieben Nanometer zu untersuchen. Vor jeder Messkampagne erarbeiten wir ein individuelles Konzept und legen Aufbau, Position der Messsonde sowie die Dauer der Messungen fest. Nur so erhalten wir zuverlässige und vergleichbare Daten.“
Sein Fazit nach Abschluss der Messungen: „Diese Messungen waren sehr spannend. Auch für unser Team war es etwas Besonderes, das alles ‚live‘ an einem Helikopter kurz vor dem Abheben zu machen.“
Ausblick: Mehr nachhaltige Kraftstoffe im Rettungsdienst
Die Ergebnisse motivieren die Beteiligten, die Forschung weiter auszubauen. Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, erklärt: „Nach den vielversprechenden ersten Ergebnissen möchten wir Forschung und Weiterentwicklung auf diesem Gebiet noch vertiefen und den SAF-Anteil weiter erhöhen.“
Bruder weiter: „Unser langfristiges Ziel ist es, die Dekarbonisierung der Luftfahrt auch im Rettungsdienst entscheidend voranzubringen. Dabei sind wissenschaftliche Partner wie das DLR mit seiner langjährigen Erfahrung und umfassenden Expertise ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Gelingen solcher Vorhaben.“
Neue Erkenntnisse für Wissenschaft und Industrie
Die detaillierten Messdaten sind ein großer Fortschritt für die Forschung. Bisher wurden Emissionen von Hubschraubern meist nur grob abgeschätzt. Dank der neuen Messergebnisse können jetzt präzisere Modelle und Simulationen entwickelt werden. So lässt sich der Einfluss der Luftfahrt auf Umwelt und Klima noch besser bewerten.
„Als Ergebnis dieser Messkampagnen mit der ADAC Luftrettung liegen uns jetzt neue, deutlich präzisere und im realen Betrieb gemessene Daten vor. Diese können wir auch für Hochrechnungen, Simulationen und Modelle nutzen, um die Auswirkungen der Luftfahrt auf Umwelt und Klima noch exakter zu ermitteln“, erklärt Tobias Grein.
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