Größtes Frachtsegelschiff der Welt beendet Jungfernfahrt
Die „Neoliner Origin“ beendet ihre Jungfernfahrt – das größte Frachtsegelschiff der Welt setzt auf Segel, Hybridantrieb und reduziert CO₂-Ausstoß um bis zu 90 %.
Die Neoliner Origin im Hafen von Nantes. Mittlerweile hat das größte Frachtsegelschiff der Welt erfolgreich den Atlantik überquert und ist in den USA.
Foto: picture alliance / MAXPPP | Franck Dubray
Die Neoliner Origin, ein 136 m langes Frachtsegelschiff mit Hybridantrieb, schloss am 31. Oktober ihre Jungfernfahrt nach Baltimore ab. Mit 3000 m² Segelfläche, Hybrid-Diesel- und Elektroantrieb sowie intelligenter Routenplanung reduziert sie den Verbrauch fossiler Brennstoffe um über 80 % und die CO₂-Emissionen um bis zu 90 %. Künftig soll das Schiff regelmäßig zwischen Europa und Nordamerika unterwegs sein
Inhaltsverzeichnis
Auf großer Fahrt durchs Meer
Am 31. Oktober legte das Schiff Neoliner Origin in Baltimore an und beendete damit erfolgreich seine erste Atlantiküberquerung. Gestartet war es am 15. Oktober im französischen Hafen Montoir-de-Bretagne. Eigentlich war die Ankunft in Baltimore bereits für den 29. Oktober geplant.
Doch unterwegs gab es eine Panne: Der Achtersieb war beschädigt – ein Teil, das dem Wasserfluss am Heck dient – und der Motor musste kurzfristig zusätzlich eingesetzt werden. Trotz dieser kleinen Hürde meldet die Reederei: Die Fahrt sei geglückt, die technischen Systeme hätten ihren Dienst getan.
Damit markiert die Neoliner Origin den offiziellen Start eines neuen Kapitels im Gütertransport über den Atlantik – und das mit einem klaren Fokus auf Windkraft und Hybridtechnik.
Warum dieses Schiff eine Besonderheit ist
Die Neoliner Origin ist nach Angaben des Herstellers derzeit das größte Segelfrachtschiff der Welt – zumindest in ihrer Kategorie. Das Besondere: Windantrieb ist hier nicht nur Beiwerk, sondern Hauptantrieb. Hinzu kommen Elektro- und Dieselmotoren als Unterstützung. So sollen Verbrauch fossiler Brennstoffe um mehr als 80 % sinken, die CO₂-Emissionen sogar um bis zu 90 %. (Herstellerangabe)
Das bedeutet: Wo ein klassischer Container- oder Ro-Ro-Frachter über den Atlantik fährt und massiven Treibstoff- und Emissionsbedarf hat, setzt die Neoliner Origin auf Windkraft als Hauptmotor. Das senkt nicht nur Kosten für Treibstoff, sondern auch Umweltbelastung – ein Aspekt, der für global operierende Spediteure zunehmend Bedeutung bekommt.
Technik im Überblick
Die Segelfläche beträgt 3000 m²: Zwei große Hauptsegel mit je rund 1050 m² plus zwei weitere mit je 450 m². Die Masten sind rund 90 m hoch und können eingeklappt werden – dann liegt die Gesamthöhe bei etwa 42 m, was wichtig ist für Hafeneinfahrten unter Brücken oder bei begrenzten Höhen.
Der Antrieb ist kombiniert: einen Dieselmotor mit 3300 kW und einen Elektroantrieb mit 900 kW, dazu ein intelligentes System zur Routenplanung, das Wetter- und Winddaten einbezieht, um möglichst viel Segelkraft zu nutzen. Damit bewegt sich das Schiff unter Segeln mit etwa 11 Knoten, im Hybridmodus bis zu circa 14,5 Knoten.
Neoliner Origin: Technische Daten
Länge: ca. 136 m
Ladekapazität: ca. 5300 t oder rund 265 Standardcontainer (TEU à 20 t)
Segelfläche gesamt: ca. 3000 m² (2 Großsegel à ~1050 m² + 2 weitere Segel à ~450 m²)
Masten: ca. 90 m hoch, klappbar auf ~42 m Gesamthöhe für Hafeneinfahrten unter Brücken
Antrieb: Hybrid aus 3300 kW Dieselmotor und 900 kW Elektroantrieb
Geschwindigkeit: ~10–11 Knoten rein elektrisch / bis ~14,5 Knoten im diesel-elektrischen Betrieb
Routenprofil: Geplanter Linienverkehr Europa ↔ Nordamerika
Besonderheiten: Wetterrouting zur optimalen Windnutzung, ausfahrbare Anti-Drift-Schwerter zur Kursstabilisierung
Gebaut in der Türkei
Die Initiative für des Frachtsegelschiff stammt von der französischen Reederei Neoline, gegründet von erfahrenen Fachleuten der Schifffahrt. Im Zentrum stand die Frage: Wie lässt sich der CO₂-Ausstoß im Seehandel deutlich senken, ohne die Wirtschaftlichkeit aufs Spiel zu setzen?
Der Bau erfolgte in der Werft RMK Marine in der Türkei. Als innovativ gelten nicht nur Segel und Antrieb, sondern auch ein Wetter-Routing-System vom Partner D‑ICE Engineering, das Wind- und Wetterbedingungen entlang der Route analysiert und den optimalen Einsatz der Segel vorgibt. So wird der Strom- oder Dieselmotor nur dann genutzt, wenn Windkraft nicht ausreicht.
Herausforderungen bleiben
In der Praxis zeigt sich das Konzept so: Auf dem ersten Fahrtabschnitt von Frankreich nach Baltimore nutzte das Schiff überwiegend Segelkraft, unterstützt durch Hybridantrieb. Trotz einer kleinen Reparatur unterwegs verlief die Fahrt wie geplant und gilt als Erfolg in der Demonstration des Verfahrens. Künftig soll die Route regelmäßig bedient werden.
Die Herausforderung bleibt jedoch: Im Vergleich zu konventionellen Containerschiffen sind solche Segelfrachter kleiner und damit wirtschaftlich teilweise benachteiligt. Die Strategie von Neoline lautet daher: Die Zielhäfen und Kunden sollen so gewählt werden, dass Landwege kurz bleiben und zusätzliche Kosten für Transport an Land minimiert werden.
So spricht das Unternehmen gezielt Kunden an, die in der Nähe der Start- und Zielhäfen sitzen – beispielsweise Marken aus der Luxus- und Konsumgüterindustrie, die ihre Logistik aktiv umstellen wollen.
Regulatorischer Rahmen und Marktchance
Die Schifffahrt steht zunehmend unter Druck: Internationale Vorgaben, etwa von IMO (International Maritime Organization) verlangen eine Senkung der Treibhausgas-Emissionen im Seehandel um weit über 50 % bis 2050 gegenüber 2008. In diesem Umfeld kann ein Schiff wie die Neoliner Origin durchaus Marktpotenzial haben – insbesondere in Nischenmärkten, die Wert auf klimafreundlichen Transport legen.
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