Disney Adventure unterwegs – das kann das Riesenschiff
Die Disney Adventure ist unterwegs nach Bremerhaven: Ein Kreuzfahrtriese zwischen schwimmendem Freizeitpark, Umweltkritik und Steuerkosten.
Sie ist das größte jemals in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff: Voraussichtlich am Wochenende wird die Disney Adventure Wismar verlassen.
Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner
Als die „Disney Adventure“ in Wismar die Leinen löste, war klar: Ein Kapitel Werftgeschichte geht zu Ende. Tausende Menschen säumten die Kaikanten, um den Riesen aus Stahl auf seine Reise zu verabschieden. Mit 342 Metern Länge und knapp 50 Metern Breite blockierte das Schiff beim Auslaufen den gesamten Hafen. Sportboote mussten warten, sogar Fähren legten eine Pause ein. Ein Windstoß hätte das Manöver gefährlich gemacht, so sensibel reagiert ein Koloss dieser Größenordnung.
Doch nicht nur nautisch war der Moment heikel. Für die Stadt markierte er das Ende des zivilen Schiffbaus in Wismar. Die Werft gehört inzwischen Thyssenkrupp Marine Systems. Dort werden künftig U-Boote und Marineschiffe gebaut. Mit der „Disney Adventure“ verlässt wohl das letzte zivile Großschiff den Standort.
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Die Disney Adventure in voller Größe: Das Kreuzfahrtschiff ist 342 Meter lang.
Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner
Von der Global Dream zur Disney Adventure
Der Ursprung des Schiffs liegt in einem ehrgeizigen Plan. 2018 begannen die MV-Werften in Wismar mit dem Bau der „Global Dream“. Sie sollte als „Global One“ den asiatischen Markt erobern. Gedacht war das Schiff für 9.500 Passagiere – ein schwimmender Freizeitpark für eine boomende Branche.
Dann kam die Pandemie. Kreuzfahrten brachen weltweit ein. Genting Hongkong, der Mutterkonzern, ging 2022 pleite. Zurück blieb ein unfertiger Rumpf, in den bereits über eine Milliarde Euro geflossen war. Ein Projekt, das kurz vor der Verschrottung stand.
Ende 2022 trat Disney auf den Plan. Der Konzern kaufte den 75 % fertigen Rohbau für rund 40 Millionen Euro – ein Bruchteil der ursprünglichen Kosten. Doch der Umbau verschlang erneut etwa eine Milliarde Euro. Die Meyer Werft aus Papenburg übernahm die Leitung, ehemalige MV-Beschäftigte kehrten zurück. Für viele war es eine zweite Chance, ihre Arbeit zu vollenden.
Ein schwimmendes Resort mit sieben Welten
An Bord der „Disney Adventure“ geht es nicht nur ums Reisen. Es geht ums Erleben. Das Schiff ist als Freizeitpark auf dem Wasser konzipiert.
Sieben Themenwelten verteilen sich über die Decks. Dazu gehören ein „Disney Imagination Garden“, ein „Toy Story Place“ und ein „Marvel Landing“. Letzteres beherbergt die erste Disney-Achterbahn auf See. „Ironcycle Test Run“ schlängelt sich über 240 Meter durch die oberen Decks.
Dazu kommen Wasserrutschen, Simulatoren, ein Poolbereich im Stil von „Moana“ und Shows im Broadway-Format. „Wenn die Disney Adventure im Dezember 2025 in See sticht, haben Gäste aus ganz Südostasien die Möglichkeit, die Magie ihrer Lieblingsgeschichten von Disney, Pixar und Marvel in ihrer eigenen Nachbarschaft zu erleben“, sagt Sharon Siskie, Senior Vice President bei Disney Cruise Line.
Platz gibt es reichlich: 2.200 Kabinen stehen bereit. 6.700 Passagier*innen und rund 2.500 Crewmitglieder können gleichzeitig an Bord sein.

Die «Wisemara», ein Nachbau einer vor der Insel Poel gefundenen alten Kogge, fährt am neuen Kreuzfahrtschiff „Disney Adventure“ am Ausrüstungskai der Wismarer Werft vorbei.
Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner
Technische Besonderheiten – Methanol als Treibstoff
Die „Disney Adventure“ ist das erste Schiff von Disney mit Methanolantrieb. Methanol gilt als klimafreundlichere Alternative zum Schweröl. Es verursacht weniger CO₂ und reduziert auch andere Schadstoffe. Doch die Technik ist aufwendig. Motoren mussten angepasst, Tanks und Leitungen neu installiert werden.
Bis zu 600 Fachkräfte arbeiteten zeitweise gleichzeitig am Umbau. Der Aufwand war enorm. Am Ende entstand ein Schiff, das nicht nur auf Komfort, sondern auch auf einen Schritt in Richtung nachhaltigere Kreuzfahrt setzt.
| Technische Daten der „Disney Adventure“ | |
| Länge | 343 m (Lüa) / ca. 300 m (Lpp) |
| Breite | 46 m |
| Tiefgang (max.) | 9,5 m |
| Vermessung | 208.000 BRZ |
| Passagierkapazität | ca. 6.000 Gäste |
| Besatzung | 2.500 Personen |
| Maschine | Methanol-Antrieb |
| Maschinenleistung | 80.000 kW (108.770 PS) |
| Dienstgeschwindigkeit | 20 kn (37 km/h) |
| Höchstgeschwindigkeit | 23 kn (43 km/h) |
Erste Etappen und Verzögerungen
Der Weg nach Asien führt über die Nordsee. Zunächst stand Mukran auf Rügen auf dem Fahrplan. Dort bunkerte das Schiff Treibstoff. Von dort geht es weiter nach Bremerhaven. Ursprünglich sollte die „Disney Adventure“ am 7. September eintreffen. Nun ist es der 9. September.
In Bremerhaven stehen letzte Arbeiten an. Hier erfolgt die finale Ausrüstung, hier starten weitere Testfahrten. Erst danach wird das Schiff offiziell an Disney übergeben. Ab dem 15. Dezember 2025 soll es von Singapur aus in See stechen – zunächst auf Kurzreisen durch Südostasien.

Urlauber fotografieren bei einer Hafenrundfahrt das neue Kreuzfahrtschiff „Disney Adventure“ am Ausrüstungskai der Wismarer Werft.
Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner
Umweltschützer schlagen Alarm
Nicht alle begrüßten die Abfahrt aus Wismar. Der BUND warnte vor Schäden in der Wismarbucht. Ein Schiff dieser Größe verdrängt enorme Wassermengen. Strömungen könnten Schadstoffe aus dem Boden lösen, Muscheln und Pflanzen mitreißen. „Die Selbstreinigungsmechanismen des Lebensraumes werden dadurch massiv beschädigt“, sagte Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag.
Das Naturschutzgebiet „Insel Walfisch“ sei bedroht. Dort brüten Vögel wie Austernfischer oder Schnatterente, auch hunderte Schwäne rasten dort. Für den Verband ist klar: „Wismar darf kein Kreuzfahrthafen werden.“
Die teure Rettung mit Steuergeld
Neben ökologischen Fragen gibt es auch politische. Das Land Mecklenburg-Vorpommern griff tief in die Kasse, um den Bau zu retten. Mit dreistelligen Millionenbeträgen an Steuergeld wurde der Weg für Disney geebnet.
„Das Land hatte ein gewaltiges Problem auf dem Tisch, das abgeräumt werden musste“, heißt es rückblickend. Kritiker sehen darin ein hohes Risiko. Befürworter argumentieren, dass es keine andere Lösung gab. Die Alternative wäre die Verschrottung gewesen – mit katastrophalen Folgen für den Werftstandort.
(mit dpa)
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