Das Autoradio als bürokratisches Problemkind
Deutsche Autohersteller wie auch Importeure stehen vor einem Problem: Die Landesmedienanstalten verlangen bestimmte Voreinstellungen des Autoradios bei Neuwagen. Und die können in Bayern anders aussehen als in Schleswig-Holstein.

Die Landesmedienanstalt schreibt vor, welche Sender in welchem Sendegebiet von Relevanz sind und welche von den Autoherstellern voreingestellt werden müssen.
Foto: Peter Kellerhoff
Wer ein Auto neu kauft, macht sich vielleicht Gedanken über die Audioqualität seines Autoradios – aber weniger darüber, welche Sender voreingestellt und dadurch leicht abrufbar sind. Die Landesmedienanstalten sehen das diffenzierter und verlangen bestimmte Voreineinstellungen bei Neuwagen. So sollen besonders nachrichtenstarke Sender, also solche, die „in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten“, bei der Auslieferung des Neuwagens bereits implementiert sein. Das wiederum stellt die Autobauer und Importeure vor Hürden – nicht nur organisatorischer, sondern auch finanzieller Art.
Die Landesmedienanstalt bestimmt, welche Sender in welchem Gebiet eingespeichert werden
Konkret geht es um die sogenannte „Public Value“-Einstufung von Rundfunksendern, also besonders nachrichtenstarke Sender im jeweiligen Sendegebiet. Die aktuelle Fassung des Medienstaatsvertrags sieht in § 84 Absatz 5 nämlich vor, dass Anbieter von TV- oder Rundfunkgeräten bestimmte Sender auf der Bedienoberfläche der Geräte besonders leicht zugänglich machen müssen. Bedeutet: Sie müssen mit einem Klick erreichbar sein.
Für die Sender geht es dabei natürlich um Reichweite und Marktanteile, also um Vorteile gegenüber dem Wettbewerb. Und so sieht sich etwa die zuständige Landesmedienanstalt NRW mit 348 Anträgen auf „Public Value“-Einstufung konfrontiert – 99 bundesweite Rundfunk- und TV-Anbieter sowie 249 lokale und regionale Programme. Und sie muss auswählen, welche für welche Region dieser Einstufung entsprechen.
Senderlisten müssen händisch eingespeichert werden
Ist das einmal geschehen, müssen die hiesigen Autohersteller und die Importeure aus anderen Weltregionen das umsetzen. Und genau das ist das Problem. Denn das kostet organisatorischen Aufwand und Geld. Aber sie laufen vor eine Wand. Gegenüber der Automobilwoche sprach Alexander Jess, Geschäftsführer des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK), von einer absurden Situation, gerade vor dem Hintergrund aktueller Bemühungen zur Senkung der Bürokratiekosten. „Seit drei Jahren tut sich nichts“, die Landesmedienanstalten ließen sich nicht davon überzeugen, dass die entsprechenden Bestimmungen des Medienstaatsvertrags im Automobilsektor nicht praktikabel seien.
Allein beim Verband seien bereits Kosten im siebenstelligen Bereich aufgelaufen, verdeutlicht Jess. Auch Nissans Deutschlandchef Vincent Ricoux zeigt sich frustriert, das Thema beschäftigte ihn leider schon lange und eine Lösung sei nicht in Sicht.>Letztendlich ist die pragmatischste Lösung der Automobilhersteller bzw. Händler, die Senderlisten eines jeden Neuwagens jeweils manuell vor Ort zu programmieren – ein organisatorische Aufwand, der zudem viel Geld kostet.
Ein Beitrag von: