BMW 3er – das Herz der Ingenieurkunst schlägt weiter
Er war der Trendsetter in seinem Premium-Segment – und setzt noch heute Maßstäbe: Nach 50 Jahren definieren die Ingenieure jetzt auf Basis der Urform eine ganz neue Klasse der Bayern.
1975 - der 3er-BMW der Modellreihe E21 erscheint. Ein Jahr nach dem ersten Golf 1. Und er wird zur Ikone.
Foto: IMAGO/Dreamstime
Hier ist eindeutig ein Ort, um Legenden zu erschaffen: An diesem Sommerabend ist es schließlich erst drei Jahre her, dass die Olympischen Spiele in München die Welt in den Bann gezogen haben. Und 1974 hat Gerd Müller Deutschland zum Fußball-Weltmeister geschossen.
1975 steht auf einer Bühne im Olympiastadion ein anderer Sportler im Rampenlicht – und hat Großes im Sinn: BMW-Chef Eberhard von Kuenheim – 1928 geboren und immer noch unter uns – kündigt „den Wagen mit dem harten Biss“ an – und der soll ebenfalls einen Auftritt mit Langzeitwirkung hinlegen. Es war die Geburtsstunde des 3er BMW.
Technische Innovationen halten den 3er fit
50 Jahre später dürfen sich von Kuenheim, seine Nachfolger und Tausende von Entwicklern freuen: Das olympische Vorhaben ist geglückt. Auch nach fünf Jahrzehnten sei der BMW 3er immer noch „das Herz der Marke“.
Am wichtigsten dafür sind die stetigen technischen Innovationen, die den Marktführer seiner Premium-Klasse so lange frisch gehalten haben. Und die Ingenieure haben für das sechste Jahrzehnt seines Lebens sogar technische Revolutionen im Sinn, die den 3er und seine angestammten Werte in ein neues Zeitalter heben sollen.
Das intern als E21 bezeichnete Modell setzt mit seiner Auslegung schon 1975 dafür die Maßstäbe. Der Nachfolger der erfolgreichen 02-Baureihe tritt mit Leichtbau, Hinterradantrieb und der ausgewogenen Achslastverteilung an, ein neues Fahrgefühl in die Mittelklasse zu bringen. Mit einer Länge von 4,35 m und einem Gewicht von knapp über 1 t ist das Fahrzeug höchst agil.
Die Motorenpalette umfasst zu Beginn ausschließlich Vierzylinder-Benziner von 55 kW bis 92 kW leisten. Der 320i mit Einspritztechnik gilt als Leistungsspitze der ersten Generation – und reicht dynamisch durchaus an die Leistungen damaliger Sportwagen wie des Porsche 911 heran und veranlasst die Techniker bei Mercedes und Audi, ihre Konkurrenzentwicklungen 190er und Audi 80/B2 schnellstmöglich voranzutreiben.
„Freude am Fahren“ steht bei BMW stets im Vordergrund
Der Druck steigt noch, als BMW zwei Jahre später das Angebot um komplett neu entwickelte Reihensechszylinder-Motoren ausbaut. Tuner wie Alpina steigern die Leistung des Topmodells 323i mit 105 kW weiter. Der Einstieg in die Dieseltechnologie erfolgt 1985 mit dem 324d, 1993 folgt der erste Sechszylinder-Turbodiesel, 1998 dann der 320d mit Direkteinspritzung. Bei aller Sparsamkeit – technische Optimierung im Sinn des Mottos „Freude am Fahren“ steht stets im Lastenheft ganz oben.
In den 1990er-Jahren hält die variable Nockenwellenverstellung Vanos Einzug in die 3er-Reihe. Dadurch können Ventilsteuerzeiten während des Motorbetriebs abhängig von Drehzahl, Last und Motoröltemperatur flexibel angepasst werden. Mit der Einführung der vollvariablen Ventilsteuerung Valvetronic im Jahr 2001 setzt BMW einen weiteren Akzent. Die Umstellung der Sechszylinder-Motoren von Grauguss- auf Aluminiumgehäuse ab 1995 und die spätere Verwendung von Magnesium-Aluminium-Verbundkurbelgehäusen reduzieren das Gewicht der Motoren deutlich.
2007 präsentiert BMW den weltweit ersten Reihensechszylinder mit Twinpower Turbo, bei dem die Abgase der Zylinder separat zum Lader geführt werden, sodass sich die Abgasströme nicht gegenseitig behindern, was zusammen mit hochpräziser Einspritzung Fahrdynamik und Effizienz steigert. Heute reicht das Motorenspektrum von effizienten Vierzylindern und Hybridantrieben wie im 330e bis zum M340i xDrive mit 275 kW.
BMW M3 – der erfolgreichste Tourenwagen der Motorsportgeschichte
Apropos M – Motorsport ist das Aushängeschild, das dem 3er von Anfang an zur Poleposition in seinem Segment der Premium-Automobile verhilft. Insbesondere der M3 ist mit mehr als 1500 Siegen weltweit, zahllosen Titeln und einer einzigartigen Siegesserie in internationalen Tourenwagen- und Langstreckenrennen der erfolgreichste Tourenwagen der Motorsportgeschichte. Ein turbogeladener 3er-Motor mit über 1000 kW ist sogar die Basis für Nelson Piquets Formel-1-Weltmeisterschaft 1983. Wie kaum in einer anderen Firma gelingt den Bayern aber immer der Technologietransfer in die Serie.
Das fängt mit der ausgewogenen Achslastverteilung an. Und schon die erste Generation verfügt über eine Einzelradaufhängung, eine McPherson-Vorderachse und eine elastisch gelagerte Zahnstangenlenkung. Die zweite Generation bringt ab 1982 die Schräglenker-Hinterachse, während die dritte Generation 1990 eine Eingelenk-Federbeinachse vorn und eine Zentrallenkerachse hinten einführt. Die fünfte Generation ab 2005 zeichnet sich schließlich durch ein Aluminium-Leichtbaufahrwerk mit Doppelgelenk-Zugstrebenachse vorn und Fünflenker-Hinterachse aus. Diese Leichtbauweise reduziert die ungefederten Massen und verbessert Agilität, Lenkung und Fahrstabilität.
BMW 3er in vielen Varianten
Früh setzen die Ingenieure auch auf den Computereinsatz: Elektronische Regelsysteme wie die automatische Stabilitätskontrolle ab 1992 werden ab 1998 sukzessive eingeführt und sind ab 2001 serienmäßig an Bord. DSC umfasst später auch die dynamische Traktionskontrolle. Ein gewisses Durchdrehen der Räder bleibt aber philosophische Vorgabe; für mehr Vortrieb beim Anfahren auf Schnee oder agileres Fahrverhalten im Grenzbereich. 3er bleibt 3er. Allrad (ab 1985), Aktivlenkung (2005) oder elektromechanische Lenkung (2007) machen optional den Wagen noch etwas wendiger.
Zur sportlichen Ausstrahlung gehört auch die ikonische Formensprache mit der klassischen Niere und – in der Limousinenvariante – mit coupéhaften Linien. Die Modellpalette wächst aber von der ursprünglichen zweitürigen Limousine über Viertürer, Kombi, Coupé, Cabrio bis hin zum Compact.
Heute liegt der Fokus auf Limousine und Kombi. Vor allem aber konzentrieren sich die Ingenieure in München auf die komplette technische Neuerfindung ihres 3ers: Die Stichworte heißen Elektrifizierung und softwaredefiniertes Fahrzeug. Frank Weber, bis vor wenigen Tagen – und zum Erreichen der Altersgrenze – Entwicklungsvorstand der BMW AG, sieht in der „neuen Klasse unser Jahrhundertprojekt. Sie steht für einen Quantensprung in der Technik und ein neu gedachtes Fahrerlebnis“.
Dieser Baukasten, aus dem die Bayern auf der IAA im September mit einem kompakten SUV das erste marktreife Derivat zeigen, wird auch Basis für die nächste 3er-Generation sein. Im Bereich der Antriebe setzen die Technikerinnen und Techniker auf eine neue Generation von Elektromotoren, die sowohl Hinterrad- als auch Allradantrieb ermöglichen und Leistungen von 147 kW bis über 368 kW bieten – und „Fahrleistungen wie kein anderes Mittelklassemodell aus München vor ihm“. Ein BMW i3M mit über 441 kW und einer Höchstgeschwindigkeit jenseits der 250 km/h ist bereits angekündigt.
Auch nach 50 Jahren – der 3er bleibt fahrdynamisch
Die Effizienz soll dank neuer Akkutechnik und vernetzter Bordelektronik um rund 25 % steigen, der Stromverbrauch auf 12 kWh bis 15 kWh pro 100 km sinken. Ein 800-V-Bordnetz soll das Schnellladen auf bis zu 300 kW ermöglichen.
Das Jahr 51 seiner Modellgeschichte will dieser vollelektrische BMW i3 (NA0) also mit einer technischen Revolution markieren. Aber auch mit dem traditionellen Versprechen: „The ultimate driving machine“, wie der Markenslogan im angloamerikanischen Raum heißt. Mihiar Ayoubi, Leiter des Bereichs Fahrerlebnis, hat dazu mit seinem Team ein zentrales Steuerungssystem für Fahrdynamik entwickelt, das Reaktionen auf Fahrbefehle zehnmal schneller Richtung Achsen und Antrieb senden soll als bisher möglich. Der Name des komplett inhouse entwickelten 3er-Gehirns: „Heart of Joy“.
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