Klimaforschung - WMO Greenhouse Gas Bulletin 2024 15.10.2025, 17:00 Uhr

CO₂-Anstieg erreicht Rekordtempo – WMO warnt vor Teufelskreis

Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre stieg 2024 um einen Rekordwert auf neue Höchststände, berichtet die Weltorganisation für Meteorologie (WMO).

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Der Kohlendioxidgehalt (CO2) in der Atmosphäre stieg 2024 um einen Rekordwert auf neue Höchststände, berichtet die Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Dürren sind dabei 2024 eine wichtiger Faktor gewesen. Das Bild zeigt einen Brunnen in der Sahara in Marokko.

Foto: PantherMedia / _fla

Seit 1957 ist die Konzentration von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2-Konzentration) in der Atmosphäre 2024 noch nie so drastisch gestiegen wie bisher. 1957 war das Jahr, in dem CO2-Messungen mit modernen Messmethoden anfingen. Die jährliche Zunahme habe sich seit den 1960er-Jahren verdreifacht, berichtete die Weltwetterorganisation (WMO) in ihrem jährlichen Treibhausgas-Bulletin. Die Konzentrationen der Treibhausgase Methan (CH4) und Lachgas (N2O) stiegen ebenfalls auf Rekordwerte.

In den 1960er-Jahren lag der Anstieg der CO2-Konzentration pro Jahr (/a) bei 0,8 ppm (ppm: parts per million/Teilchen pro Million Teilchen). Zwischen 2011 und 2020 betrug er durchschnittlich 2,4 ppm/a. Von 2023 auf 2024 waren es 3,5 ppm, also eine Sprung um fast die Hälfte mehr des bisherigen Anstiegs. Die CO2-Konzentration betrug am Jahresende 2024 laut WMO 423,9 ppm.

Teufelskreis der CO2-Konzentration: Sinkende Aufnahme durch Senken, steigende CO2-Emissionen

Steigt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, hat das über Jahrhunderte hinweg Auswirkungen. Nach 1000 Jahren, so die Wissenschaft im letzten IPCC-Klimabericht, seien zwischen 15 % und 40 % des freigesetzten CO2 noch in der Atmosphäre. Man spricht von der Verweilzeit in der Atmosphäre. Wegen der sehr komplexen Prozesse, denen Kohlendioxid unterliegt, gibt es eine gewisse Spannbreite.

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Die fossilen Energierohstoffe Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, ist nach wie der größte menschlich getriebene Hauptemittent. Daneben, so die WMO, hätten 2024 aber auch die Wald- und Buschbrände beigetragen. Gleichzeitig sinke die Aufnahmefähigkeit natürlicher Senken von CO2 in Wäldern und Ozeanen. Dieses Phänomen selbst wiederum sei eine Folge des Klimawandels.

WMO befürchtet Teufelskreis

Die WMO spricht von einem drohenden Teufelskreis: Weil die natürlichen Senken Wälder und Ozeane wegen der höheren Temperaturen durch den Klimawandel nicht mehr so viel CO2 aufnehmen können wie bisher, nimmt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre weiter zu und das kurbelt den Klimawandel weiter an. „Eine kontinuierliche und verstärkte Überwachung der Treibhausgase ist entscheidend für das Verständnis dieser Kreisläufe“, sagte Oksana Tarasova, leitende Wissenschaftlerin bei der WMO.

Tatsächlich erlebten Amazonien und das südliche Afrika in den Jahren 2023/24 ungewöhnlich starke Feuerjahre, begünstigt durch schwere Dürren. Gemessen wird das über die CO-Konzentration. In solchen Brandereignissen entsteht durch unvollständige Verbrennung CO (Kohlenmonoxid), das über Wochen nachweisbar ist, bevor es dann weiter oxidiert wird zu CO2.

Das alle paar Jahre auftretende Wetterphänomen El Niño hat das Problem der Dürren zusätzlich verschärft. Hinzu kommt, dass Ökosysteme bei Dürren generell weniger CO2 aufnehmen. Eine weitere Facette des Teufelskreises, die natürliche Verschärfung durch andere Wetterphänomene.

Schlechtere CO2-Bilanz der Ozeane, weil sich CO2 schlechter in wärmerem Wasser löst

2024 war das bislang wärmste Jahr seit Beginn der Industrialisierung, das üblicherweise auf um das Jahr 1750 angesetzt wird. Die globale Durchschnittstemperatur lag letztes Jahr gut 1,55 °C über diesem vorindustriellen Niveau. Auch die Ozeane waren im vergangenen Jahr so warm wie nie zuvor, sowohl an der Oberfläche als auch bis in 2000 m Tiefe.

Von der ausgestoßenen CO2-Gesamtmenge verbleibt langfristig nur knapp die Hälfte in der Luft. Im Zehnjahresmittel von 2014 bis 2023 akkumuliert, bleiben rund 53 % der menschengemachten Emissionen in der Atmosphäre. Die Ozeane nahmen 26 % auf, die Landmasse 21 %.

Nicht nur höhere CO2-Konzentrationen: Auch Methan und Lachgas ziehen mit

Die weltweiten Emissionen von Methan (CH4) legten 2024 weiter zu auf 1942 ± 2 ppb, plus 8 ppb gegenüber dem Vorjahr. Rund drei Fünftel der Quellen sind menschlichen Ursprungs: Landwirtschaft, Abfall und die Förderung fossiler Energien, vor allem Öl und Gas. Der Rest entstammt natürlichen Quellen wie Feuchtgebieten. Seit 2007 steigt die Methankonzentration kontinuierlich. Allerdings, so die WMO in ihrem Bulletin, sei der Anstieg von 2023 auf 2024 niedriger als der von 2022 auf 2023 und auch geringer als der Durchschnitt der letzten Dekade (2014 bis 2023).

Warum die Öl- und Gasindustrie weiterhin viel zu viel Methan emittieren.

Lachgas gilt als das drittwichtigste langlebige Treibhausgas. Es erreichte 2024 einen Wert von 338,0 ± 0,1 ppb – 125 % des vorindustriellen Niveaus. Ein Plus von 1,0 ppb gegenüber 2023. Es lag niedriger als der Anstieg im Jahr davor und „leicht unter der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate der letzten Dekade“, so die WMO.

Die Emissionen, die sich dem Menschen zuordnen lassen, entstehen vor allem durch die Stickstoffdüngung, in diversen Industrieprozessen und beim Verbrennen von Biomasse. Sie machen 43 % der gesamten Emissionen aus und stiegen über die letzten 40 Jahre um insgesamt 30 % auf 7,3 Tg/a oder 7,3 Mio. t/a. Die Mehrheit (57 %) ist natürlichen Ursprungs.

Die „großen FÜNF“ des Erwärmungseffekts

Neben Kohlendioxid, Methan und Lachgas tragen vor allem noch zwei weitere Gase zum Erwärmungseffekt bei: die Fluorchlorkohlenwasserstoffe CFC-12 (Dichlordifluormethan, CCl2F2) und CFC-11 (Trichlorfluormethan, CCl3F). Diese fünf zusammen erklären laut WMO rund 96 % des Strahlungsantriebs durch langlebige Treibhausgase.

Ein Sonderfall ist Schwefelhexafluorid (SF6): Das Gas mit extrem hohem Treibhausgaspotenzial wird vor allem als Isoliergas in der Energietechnik eingesetzt. Es wird zwar peu à peu ersetzt, aber so schnell wie beim Ozon geht das nicht. Seine Konzentration in der Erdatmosphäre nimmt seit Jahren fast nahezu linear zu. Sie liegt heute mit etwas über 10 ppt (parts per trillion) bei mehr als dem Doppelten der Werte Mitte der 1990er-Jahre.

Das Zeitfenster, um das Ziel des Pariser Weltklimaabkommens zu erreichen, schließt sich rasant

Die Treibhausgase müssten dringend drastisch gesenkt werden, heißt es in der WMO-Mitteilung weiter. Andernfalls sieht die Organisation das Pariser Klimaziel gefährdet, die globale Erwärmung deutlich unter 2° C und möglichst bei 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Zwar lag der Anstieg 2024 bereits über 1,5 °C, für das Klimaziel geht es aber nicht um einzelne Jahreswerte.

Vielmehr ist ein Anstieg über einen längeren Zeitraum von mindestens zehn Jahren relevant. Die Klimaziele wurden bei der Weltklimakonferenz 2015 in Paris festgelegt. Die nächste Konferenz, die COP 30, findet im November in Brasilien in Belem statt (10. bis 21. November).

Es gibt auch gute Nachrichten

Eine gute Nachricht zumindest kam von der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (Irena): In ihrem Bericht steht, dass die neu installierte Kapazität an erneuerbaren Energien so schnell wachse wie nie zuvor. 582 GW seien 2024 neu hinzugekommen. Allerdings sei das Tempo immer noch zu langsam, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Bei der Weltklimakonferenz in Dubai hatten sich die Staaten geeinigt, die Kapazitäten bis 2030 auf 11,2 TW zu bringen, was einem Jahreszuwachs von 1122 GW entspräche.

In dem Irena-Bericht heißt es weiter, die G20-Staaten, also die größten Industrie- und Schwellenländer, müssten beim Ausbau der erneuerbaren Energie die Führung übernehmen. Sie würden bis 2030 voraussichtlich mehr als 80 % der weltweiten Kapazität stellen. Zudem bedürfe es dringend massiver Investitionen in Netze, Lieferketten und in die Produktion von Technologien für Solar- und Windenergie, Batterien und sogenanntem grünen Wasserstoff.

Vergangene Woche hatte eine Studie der Denkfabrik Ember aufgezeigt, dass im ersten Halbjahr 2025 erstmals weltweit mehr Grünstrom als Kohlestrom produziert wurde. Der Anteil der Erneuerbaren am globalen Strommix habe sich auf 34,3 % erhöht, der Kohleanteil sei auf 33,1 % gesunken.

Mit Material von dpa

Ein Beitrag von:

  • Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder ist Technik- und Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Energie, Klima und Quantentechnologien. Grundlage hierfür ist sein Studium als Physiker und eine anschließende Fortbildung zum Umweltjournalisten.

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