Umwelt 06.10.2006, 19:24 Uhr

Der „Friedens-Kanal“ soll das Tote Meer retten  

VDI nachrichten, Düsseldorf, 6. 10. 06, swe – Jahr für Jahr sinkt der Pegel des Toten Meeres um 1 m, weshalb die Naturschutzorganisation Global Nature Fund es auch für 2006 zum „Bedrohten See des Jahres“ erklärte. Gemeinsam mit der Weltbank wollen die Anrainerstaaten Israel, Palästina und Jordanien eine 300 km lange Verbindung zum Roten Meer schaffen. Kritiker halten das Großprojekt aus ökologischen und ökonomischen Gründen für ziemlich heikel.

Auf den ersten Blick ist es ein runder Plan. Um das rasante Absinken des Pegels von 1 m/Jahr am Toten Meer zu stoppen, soll es über eine Röhre von 6 m Durchmesser mit Wasser aus dem Roten Meer versorgt werden. Dabei hilft das Gefälle zu dem 417 m unter dem Meeresspiegel liegenden Toten Meer. Die Planer wollen es nutzen, um Strom für eine Meerwasserentsalzungsanlage zu erzeugen, die im Umkehrosmose-Verfahren 850 Mio. m3 Süßwasser jährlich bereit stellen soll.

Für die Region wäre das ein großer Schritt gegen den Wassermangel, der auch Ursache des sinkenden Wasserstandes im Toten Meer ist. Denn seinem wichtigsten Zufluss Jordan wird für Trinkwasser und Landwirtschaft so viel Wasser entnommen, dass er die Verdunstung nicht mehr kompensieren kann.

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Entsprechend schrumpfte die Oberfläche des Toten Meeres in den letzten 35 Jahren um ein Drittel. Für die Menschen vor Ort resultieren daraus enorme Probleme. Weil auch der Grundwasserspiegel sinkt, bilden sich im Erdreich tückische Hohlräume, die zuweilen einbrechen und zu schweren Schäden an Gebäuden und Straßen führen.

Zudem beklagt die chemische Industrie, die aus dem extrem salzigen Wasser des Toten Meeres (33 % Salzgehalt gegenüber 3 % im Mittelmeer) Kali und Brom gewinnt, das zurückweichende Wasser. Denn weil sie es über immer weitere Entfernungen in die Verdunstungsbecken pumpen muss, steigen ihre Betriebskosten ständig.

Das Kanalprojekt würde den Brom- und Kaliindustrien der Anrainer helfen, die Hohlraumproblematik mittelfristig mildern und es könnte die Streitigkeiten der Staaten befrieden, die sich immer wieder an der Wasserentnahme aus dem Jordan entzünden.

Laut israelischem Infrastrukturministerium besteht bereits weitgehende Einigkeit über die Verteilung des Frischwassers aus der Meerwasserentsalzung. Zwei Drittel sollen über eine 200 km lange Pipeline ins jordanische Amman fließen, den Rest wollen Israelis und Palästinenser teilen.

Letzten Sommer einigten sich die drei Staaten nach über 3-jähriger Vorbereitung auf die Durchführung einer 15 Mio. $ teuren Machbarkeitsstudie unter Regie der Weltbank. Das Kanalprojekt selbst wird – sofern es realisiert wird – etwa 5 Mrd. $ verschlingen. Auch hier hoffen die Anrainer auf Unterstützung der Weltbank.

Der deutsche Ingenieur Herbert Wendt bezeichnet schon die 15 Mio. $ für die Machbarkeitsstudie als pure Geldverschwendung. Mit seinem Kollegen Wieland Kelm hat sich der frühere Leiter der Projektgruppe Rohrleitungsbau der Bayer AG in den 70er-Jahren tief in die Probleme am Toten Meer eingearbeitet und eine ähnliche Lösung projektiert, wie sie nun geprüft wird. Allerdings erkannten die beiden damals schnell, dass eine Zuleitung aus dem Roten Meer kaum Sinn macht.

„Um das Wasser 300 km weit zu transportieren, reichen 400 m Gefälle einfach nicht aus“, sagt er. Nach den damaligen Berechnungen müsse zunächst sehr viel Energie aufgebracht werden, um das Wasser über die weite Distanz zum Steilabfall am Toten Meer zu befördern. Erst dort könne dann Energie für die Entsalzung und weitere Verteilung des Wassers gewonnen werden. Die projektierten Betriebskosten des sogenannten „Peace Conduits“ von 5 Mio. $/Jahr hält er für unrealistisch.

Zudem führe der geplante Leitungsverlauf durch den erdbebengefährdeten Jordangraben. Das viele Geld sei hier denkbar schlecht angelegt. Wendt und Kelm favorisierten seinerzeit eine Zuleitung aus dem nur 70 km entfernten Mittelmeer, die durch sichereres Terrain führt.

Auch auf den Webseiten des israelischen Infrastrukturministeriums ist diese Option benannt. Doch verweist das Ministerium auf eine Studie aus den 90ern, in der Experten aus Israel, Jordanien und den USA mit der Weltbank und der italienischen Regierung zum Schluss kam, dass „eine Verbindung von Rotem zu Totem Meer den jeweiligen Interessen Jordaniens, Israels und der Palästinenser am besten gerecht wird“.

Wendt vermutet, dass dabei politische über ökonomische Gründe obsiegten, zumal die Argumentation stark auf die Hebelkraft des Projekts für den Frieden und die zukünftige Kooperation in der unruhigen Region abhebt. Natürlich mache sich ein „Friedensprojekt“ besser, um bei der gewaltigen Investition Weltbankunterstützung zu bekommen. „Das ändert aber nichts daran, dass der Kanal zum Roten Meer auf eine riesige Energie- und Geldverschwendung hinaus läuft“, sagt er.

Kritik kommt auch von Umweltschützern. Sie halten die aktuelle Weltbankstudie für verfehlt, weil sie zu stark auf den Kanalbau abhebe, statt sich mit der Übernutzung der Wasserressourcen in der Region zu befassen. Um des Problems Herr zu werden, brauche es keine gigantomanischen Projekte, sondern ein integriertes Ressourcenmanagement.

Neben der Grundsatzkritik verweist der Global Nature Fund auf Befürchtungen israelischer Wissenschaftler, dass die Mischung der verschieden salzigen Gewässer eine massive Gips- und Algenbildung nach sich ziehen könnte. Auch die Folgen der Wasserentnahme für die Korallenriffe im Roten Meer oder die potenzielle Gefahr für das Grundwasser durch Leckagen im Kanal seien ungeklärt. Schließlich fragen die Ökologen, was mit Kanal, Entsalzungsanlage und Wasserkraftwerk geschehen solle, wenn das Tote Meer denn wieder seinen Normalpegel erreicht hat.

Ungeachtet, wie die Lage am Toten Meer gelöst wird, drängt die Frage eines Wasserkonzepts für die Region. Die Weltbankstudie läuft bis 2007, und ein Kanal würde frühestens 2015 Wasser führen – auf welcher Route auch immer. Doch die Probleme drängen, gerade in den Palästinensergebieten.

Wie auf dem World Water Summit 2006 in Mexiko zu hören war, ist die Versorgung mit sauberen Trinkwasser und Abwassersystemen in Palästina auf ähnlichem Niveau wie in Somalia. Als einzige sichere Quelle bleibe den Palästinensern Grundwasser, das jedoch chronisch übernutzt werde. Um die Not zu lindern, fordern die Palästinenser mehr Anteil an den Wasserreserven der Westbank, die vor allem von Israel beansprucht werden. Ein schwelender Alltagsstreit, der die Friedenschance in der Region tagtäglich belastet. PETER TRECHOW

 

Das Tote Meer

  • Größe: ca. 600 km2
  • Lage: In der Grenzregion zwischen Israel, Jordanien und Palästina, inzwischen 417 m unter dem Meeresspiegel
  • Zuflüsse: Der Jordan. In den 30er-Jahren entsprach die Zuflussrate des Flusses in etwa der Verdunstungsrate des Toten Meeres. Die Zuflussrate des Flusses sank im unteren Bereich (zwischen dem See Genezareth und dem Toten Meer) von früher 1,3 Mrd. m3/Jahr auf heute 50 Mio. m3/Jahr bis 100 Mio. m3/Jahr.
  • Industrien/Wirtschaft: Gewinnung von Chloriden, Bromiden, Magnesium und Pottasche; Fremdenverkehr
  • Friedenskanal (geplant): Verläuft auf jordanischem Gebiet, Machbarkeitsstudie 15 Mio. $, Baukosten 5 Mrd. $, Betriebskosten 5 Mio. $/Jahr (jeweils projektierte Kosten). swe

Quellen: Unesco, Worldwatch-Institute

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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