Wie alles begann: Neue Theorie zur Geburt des Universums
Die ersten Sekundenbruchteile nach dem Urknall bleiben eines der größten Rätsel der Physik. Forschende des Max-Planck-Instituts für Physik (MMP) haben nun ein Modell entwickelt, das die sogenannte kosmische Inflation – also die erste extrem schnelle Ausdehnung des Universums – mit bekannten Teilchen und Kräften erklärt. Ganz ohne exotische Physik.
Max-Planck-Team entwickelt Modell der „warmen Inflation“: Bekannte Teilchen erklären, wie das frühe Universum Energie gewann.
Foto: Smarterpix/cloudyew
Während gängige Theorien davon ausgehen, dass das frühe Universum kalt und nahezu leer war, beschreibt das neue Modell eine „warme Inflation“, bei der bereits während der Ausdehnung Energie in Form von Wärme vorhanden war. Diese Wärme entstand demnach durch Prozesse, die sich mit den bekannten Kräften und Teilchen des Standardmodells der Teilchenphysik erklären lassen. Das neue Konzept könnte sogar helfen, Dunkle Materie und die Geburt des Universums besser zu verstehen.
Ein Wärmebad aus Teilchen
Das Modell kommt weitgehend ohne hypothetische, exotische Teilchen oder neue Wechselwirkungen aus. Stattdessen genügt das Standardrepertoire der Teilchenphysik, um die physikalischen Prozesse der Inflation zu beschreiben. Damit rückt die Möglichkeit näher, die frühesten Momente des Universums experimentell auf der Erde nachvollziehen zu können, was ein Meilenstein für die moderne Kosmologie wäre.
„Mit unserer Studie zeigen wir einen völlig neuen Weg für warme Inflation“, erklärt Sebastian Zell, Wissenschaftler in der Abteilung Kosmologie und Teilchenphysik am MPP. „Schon während sich das frühe Universum ausdehnte, könnte es in ein Wärmebad aus bekannten Elementarteilchen getaucht gewesen sein.“
Der kosmische Heizmechanismus
Ganz ohne kleine Ergänzung zum bekannten Standardmodell funktioniert das neue Szenario allerdings nicht. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die sogenannte starke Kraft. Sie hält die Bausteine der Atomkerne, also Quarks, mithilfe von Gluonen zusammen.
Nach dem neuen Modell könnten diese Gluonen mit einem zusätzlichen Feld aus Axion-ähnlichen Teilchen wechselwirken. Solche Teilchen sind bisher noch nicht nachgewiesen, werden aber schon länger als mögliche Erklärung für offene Fragen in der Physik diskutiert – etwa für die Dunkle Materie. Durch diese Kopplung könnte Wärme entstehen, die das sich ausdehnende frühe Universum aufheizte und die „warme Inflation“ überhaupt erst ermöglichte.
Verbindung zur Dunklen Materie
Axionen sind nicht nur für die frühe Kosmologie von Interesse. Sie gelten auch als mögliche Kandidaten für die Dunkle Materie, deren Natur bislang eines der größten ungelösten Rätsel der Physik darstellt. Mehrere internationale Experimente versuchen, diese Teilchen nachzuweisen, darunter MADMAX, ein vom Max-Planck-Institut für Physik betriebenes Projekt.
„Angesichts dieser Bemühungen sehen wir eine realistische Chance, die warme Inflation in Zukunft experimentell zu überprüfen“, sagt Zell.
Sollte sich das Modell bestätigen, würde es eine Brücke schlagen zwischen kosmologischer Frühgeschichte und Teilchenphysik im Labor – und damit eine der zentralen Fragen der modernen Physik beantworten.
Ein Beitrag von: