Alte Methode neu gedacht: Gravitationswellen auf der Spur
Magnete als Gravitationswellendetektoren: Neue Studie zeigt, wie supraleitende Spulen ein verborgenes Frequenzfenster öffnen könnten.

Magnetfelder reagieren auf Raumzeit: Studie zeigt neue Möglichkeiten für die Detektion von Gravitationswellen jenseits von LIGO.
Foto: Smarterpix / agsandrew
Eine neue Studie legt nahe, dass starke Magnetfelder nicht nur für die Teilchensuche, sondern auch für die Detektion von Gravitationswellen genutzt werden könnten. Besonders supraleitende Magnete, wie sie in Axion-Experimenten eingesetzt werden, könnten winzige Raumzeitverzerrungen erfassen – und das in einem bislang kaum zugänglichen Frequenzbereich. Damit ergeben sich neue Chancen für die Gravitationswellenastronomie.
Inhaltsverzeichnis
Wenn Magnetfelder anfangen zu schwingen
Gravitationswellen sind winzige Verzerrungen der Raumzeit, ausgelöst durch kosmische Ereignisse wie verschmelzende Schwarze Löcher oder Neutronensterne. Seit ihrer erstmaligen direkten Messung durch das Laserinterferometer LIGO im Jahr 2015 gelten sie als neue Informationsquelle über das Universum. Doch LIGO und ähnliche Detektoren sind besonders im unteren Frequenzbereich empfindlich – oberhalb von einigen Kilohertz verlieren sie an Leistung.
Nun schlägt ein Forschungsteam eine alternative Methode vor. Der zentrale Gedanke: Auch starke Magnetfelder könnten Gravitationswellen nachweisen – nicht mithilfe von Licht, sondern über elektromagnetische Reaktionen auf mechanische Verformungen.
Der Ursprung der Idee: Weber-Bars neu gedacht
Bereits in den 1960er Jahren versuchte der Physiker Joseph Weber, Gravitationswellen mit massiven Aluminiumzylindern nachzuweisen. Diese sogenannten Weber-Bars sollten durch Resonanz auf durchlaufende Wellen reagieren. Das Grundprinzip war damals noch neu, die Empfindlichkeit jedoch begrenzt.
Die aktuelle Studie – durchgeführt von Forschenden am CERN, an der Universität Genf und am Lawrence Berkeley National Laboratory – greift dieses Prinzip wieder auf. Allerdings ersetzen sie die Metallzylinder durch starke Gleichstrommagnete. Diese fungieren wie moderne magnetische Weber-Stäbe.
Wie Magnete auf Raumzeit reagieren
Eine Gravitationswelle, die einen supraleitenden Magneten durchquert, verändert minimal dessen Geometrie. Das betrifft vor allem die stromführenden Spulen. Schon diese mikroskopischen Deformationen führen zu Schwankungen im erzeugten Magnetfeld. Aus einem konstanten Feld wird so ein Feld mit kleinen, oszillierenden Komponenten – und genau diese lassen sich messen.
Dr. Sebastian Ellis, Mitautor der Studie, beschreibt es so: „Die Schwingung der Struktur führt zu Verformungen des stromführenden Drahts, wodurch ein veränderliches Magnetfeld entsteht.“
Diese Magnetfeldschwankungen treten mit derselben Frequenz auf wie die Gravitationswelle selbst. Mithilfe empfindlicher Quantensensoren wie SQUIDs (Superconducting Quantum Interference Devices) lässt sich dieses Signal auslesen – ohne dass mechanische Komponenten das Signal zuerst umwandeln müssten.
Frequenzbereiche, die bisher verborgen blieben
Magnetische Weber-Stäbe sind besonders interessant, weil sie ein anderes Frequenzband abdecken als klassische Detektoren. Während LIGO und Virgo bei wenigen zehn bis hundert Hertz am empfindlichsten sind, liegt das Fenster bei magnetischen Systemen zwischen einigen Kilohertz und etwa 10 Megahertz.
Gerade dieser Bereich galt bisher als schwer zugänglich. Doch dort könnten sich Hinweise auf exotische Teilchen wie Axionen oder auf stochastische Gravitationswellenhintergründe verstecken – Signale, die Hinweise auf neue Physik geben könnten.
Verbindung zur Dunkle-Materie-Forschung
Interessanterweise stammen viele der Magnete, die sich für diese neue Detektionsmethode eignen, aus Experimenten zur Suche nach dunkler Materie – konkret nach sogenannten Axionen. Anlagen wie DMRadio oder ADMX-EFR verwenden bereits supraleitende Magnete mit extrem hoher Feldstärke und großem Volumen.
Die Forschenden um Valerie Domcke und Nicholas Rodd schlagen nun vor, diese Infrastruktur doppelt zu nutzen – für die Axionsuche und für die Detektion hochfrequenter Gravitationswellen. Damit könnten bestehende Experimente zusätzliche Erkenntnisse liefern, ohne dass aufwendige Neubauten nötig wären.
Technische Herausforderungen bleiben
Die Idee klingt elegant, doch es gibt praktische Hürden. Die empfindlichen Messsysteme müssen sehr gut vor Störungen geschützt werden. Gerade Vibrationen aus der Umgebung könnten Signale erzeugen, die Gravitationswellen imitieren. Ähnliche Herausforderungen kennt man von LIGO – dort werden mehrere Stufen aktiver und passiver Isolation eingesetzt.
Dr. Ellis betont: „Das Gerät muss extrem gut von Umgebungsvibrationen isoliert sein.“ Die Erfahrungen aus bestehenden Detektoren machen ihn jedoch optimistisch, dass dies technisch umsetzbar ist.
Magnetismus neu betrachtet
Ein bemerkenswerter Aspekt der Studie betrifft das Verständnis von Magnetfeldern selbst. In Gegenwart einer Gravitationswelle bleibt kein Magnetfeld vollständig konstant. Die Kopplung zwischen Raumzeit und elektromagnetischen Feldern zwingt dazu, alte Annahmen zu überdenken. Magnetismus ist also kein statisches Phänomen mehr, sondern reagiert auf die Dynamik des Raums.
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