Reportage 12.11.2025, 11:30 Uhr

Bonner Physikshow: Musikalische Energiesprechstunde mit dem Universum

Wissenschaftskommunikation mal anders: Bonner Physikshow geht mit einem Musical über Zukunftsenergien auf Tour.

Physikshow

Jana Heysel und Tien-Son Nguyen bei einer Aufführung exklusiver Szenen des Phyusicals bei der Nacht der Technik in Bonn.

Foto: Jan Ruland

Platzt die Menschheit in die Stube des Universums: „Hilfe, ich bin in Seenot! Mein Schiff droht zu sinken“, rudert die Menschheit panisch mit den Armen – und liefert hastig den Grund fürs bevorstehende Kentern: „Meine Energieressourcen gehen zur Neige.“

Das Universum denkt gar nicht dran, sich von der irdischen Aufregung anstecken zu lassen. Die rußverschmierten Wangen des Erdenbesuchs verraten, dass mit „Ressourcen“ die fossilen gemeint sind. Aber, aber – da gibt es doch noch andere Energiequellen. „Wie wäre es mit einer Tasse Tee?“, fragt das Universum. Nicht, weil Abwarten und Teetrinken das Gebot der Stunde wären. So ein frisch aufgebrühtes Getränk mache die Dinge „etwas entspannter“. Meint das Universum in Wahrheit „erträglicher“ …?

Hoch die Tasse, hereinspaziert zur kosmischen Energieberatung: Mit dieser Einstiegsszene verwandelt sich der Wolfgang-Paul-Hörsaal in eine Bühne für ein physikalisch-musikalisches Kammerstück, das Studierende und Aktive der Physikshow der Universität Bonn aufführen. Der Titel kommt nicht von ungefähr. Er folgt dem Motto des Wissenschaftsjahrs, das das damalige Bundesministerium für Bildung und Forschung für 2025 ausgerufen hat: „Zukunftsenergie – Zukunftsmusik?“.

Ein Doktortitel in Sachen Unterhaltung

An diesem Abend blicken die Schauspielenden auf 522 freie Plätze im Zuschauerraum. Wir besuchen das Ensemble während einer Probe. Ein My Lampenfieber erwärmt die kühle Luft des Hörsaals. Zwar feiern die Bonner Physikshows kommendes Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum, in über 150 Aufführungen hat sich die Gruppe ihren ganz eigenen Doktortitel in Sachen Unterhaltung verdient. Doch ein neues Stück lässt selbst erfahrene Physikshow-Profis nicht kalt.

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Zu ihnen gehört Jana Heysel. Sie stand 2012 erstmals auf der Bühne der Schauspieltruppe, damals noch als Studentin. Heute ist sie Doktorin der Physikalischen Chemie, Projektleiterin der Physikshow und Autorin des Zukunftsenergien-Musicals. Wenn sie in ihrer Steampunk-Kluft loswirbelt, wirkt es, als wolle sie mit ihrer Spielfreude einen ganzen Planeten antreiben.

Wie? Mülltrennen reicht etwa nicht?

In ihrer Rolle als Menschheit oszilliert Heysel zwischen kindlichem Trotz und anthropogenem Größenwahn. Dabei weiß sie – also die Menschheit – mehr, als sie anfangs zugeben will. Und vor allem mehr, als sie hören möchte. „Ich mache schon echt viel“, gibt sie großzügig zu Protokoll: Müll trennen, zu Fuß zum Bäcker gehen (aber nur bei Sonnenschein) und so. „Das muss doch reichen.“

Über diese Vortäuschung einer echten Wirkung auf die CO₂-Bilanz kann das Universum in Person von Tien-Son Johannes Nguyen nur müde lächeln. Der Physikstudent gibt einen wunderbar stoischen Gegenpol. Seine blau gefärbten Haare unterstreichen die kosmische Gelassenheit, mit der er durchblicken lässt, dass es unter Trilliarden von Sternen weitaus größere Pflegefälle als die Erde gibt.

Milde amüsiert nimmt er es auf sich, die Menschheit zurück auf den richtigen Klimakurs zu stoßen. Doch selbst der verständnisvollsten Kraft geht irgendwann die Geduld aus. Schließlich – Achtung, kein Spoiler – verfügen die Menschen längst über sämtliche Assets und auch das theoretische Wissen, um sich am eigenen Schopf aus dem hausgemachten Schlamassel zu ziehen.

Forschung und Optimismus im Mittelpunkt

Das mag jetzt nach erhobenem Zeigefinger klingen – mehr, als im eigentlichen Stück zu sehen ist. Freilich, ein paar feine Spitzen in Richtung Publikum müssen erlaubt sein. Nur für den Fall, dass sich jemand im eigenen Verhalten oder Denken wiedererkennt. Vielmehr steht ein wissenschaftlicher Konstruktivismus im Mittelpunkt. „Es kommt uns darauf an, eine Zuversicht zu vermitteln. Die Kernbotschaft ist: Wir können die Energiewende noch zur richtigen Zeit schaffen“, fasst Autorin Heysel die Intention des Stücks zusammen.

Vor allem ist „Zukunftsenergie – Zukunftsmusik?“ ein heiteres Vergnügen – bei aller Ernsthaftigkeit des Themas. Auch während der Probe löst sich die Anspannung in komische Situationen auf, die sich hervorragend für ein Outtake-Video eignen würden. Soeben stolpert Tien-Son Nguyen über eine Dialogzeile im Drehbuch, die sich ausgesprochen als Zungenbrecher erweist: „Die Seifenblasen bleiben auf der Seifenlauge …“ Hin und wieder kämpft er mit der betont abgeklärten Haltung seiner Figur. Wer mit dem Masterstudenten auch nur zwei Sätze wechselt, weiß sofort: Nguyen ist gegen den Strich besetzt – eine echte Frohnatur nämlich.

„Bislang habe ich nur aufgedrehte Rollen gespielt“, verrät der Darsteller, der seit 2023 an Bord ist, beinahe entschuldigend. Dabei ist der Enthusiasmus, mit dem Jana Heysel spielt, ansteckend. Bevor die gebürtige Duisburgerin ihr Bonner Physikstudium aufnahm, studierte sie in Würzburg Musikwissenschaft und Musikpädagogik. Eine Kombination, die nur auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt. Schwingungen, Tonhöhe, Lautstärke – in der Musik steckt eine Menge Physik.

Gefördert durch das Forschungsministerium

„Ich fühle mich in der Musik zuhause. Aber ein Leben lang als Dramaturgin am Theater zu arbeiten, konnte ich mir nicht vorstellen – zumal es nicht so viele freie Stellen gibt“, sagt sie rückblickend. Daher wandte sie sich den Naturwissenschaften zu. Eine Karriere in Forschung und Lehre erschien ihr wiederum zu trocken.

Als sie 2019 erstmals von einem Freund angesprochen wurde, ein Physik-Musical – kurz: „Phyusical“ – auf die Beine zu stellen, kam ihr das mitten in ihrer Promotion eher ungelegen. Doch „Planetamos“, das Vorgänger-Musical, das in einem intergalaktischen Planetenladen spielt, kam so gut an, dass es auch sechs Jahre später noch immer den Weg in den Spielplan der Physikshow findet. Heute freut sich Jana Heysel darüber, Musik und Physik miteinander verbinden zu können.

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In der Tradition von Michael Faraday

Gefördert wird das neueste Stück vom Forschungsministerium. Mit einer Förderlinie zum Wissenschaftsjahr unterstützt es Formate der Wissenschaftskommunikation, die „Bürgerinnen und Bürger Einblicke in die Forschung“ geben. Für die Physikshow ist es das erste Mal, dass sie Fördermittel zur Entwicklung eines Stücks eingeworben hat. Wissenschaftskommunikation betreibt sie jedoch schon seit ihren Anfängen in den frühen 2000er-Jahren. Gründer und Leiter ist Prof. Herbert Dreiner vom Physikalischen Institut der Universität Bonn. Das Konzept zielt darauf ab, physikalische Phänomene auf kreative und unterhaltsame Weise einem breiten Publikum zu vermitteln.

Somit steht die Physikshow in der Tradition der berühmten Weihnachtsvorlesungen der britischen Royal Institution, die seit über 200 Jahren für erhellende Momente sorgen und maßgeblich durch Michael Faraday geprägt wurden. In Bonn ging und geht man stets einen Schritt weiter: Bei der Physikshow werden die Experimente in eine geschlossene Handlung eingebettet. Alle zwei Jahre entsteht ein neues Stück, mitentwickelt und vorgetragen von einem überwiegend studentischen Ensemble. Aktuell zählt es rund 30 Mitglieder, die auf, hinter und neben der Bühne aktiv sind.

Die „Physucals“ sind musikalische Ableger, die das Ganze auf eine neue Ebene hieven – im wahrsten Sinne des Wortes, wie Jana Heysel betont. „Es gibt viele Gruppen, die Physikshows zeigen. Aber Physik-Musicals – das ist unseres Wissens nach weltweit einzigartig.“ Für „Zukunftsenergien“ hat die Truppe bekannte – und, ganz wichtig, gemeinfreie – Melodien neu betextet. Dazu werden physikalische Versuchsanordnungen gereicht, die wesentliche Prinzipien der Energieerzeugung veranschaulichen: von der elektromagnetischen Induktion über die Elektrolyse bis zur Kernfusion, der einzig wahren Zukunftsmusik im Stück, gemessen an ihrer Technologiereife.

Schulen sollen das Musical aufführen können

In diesen Szenen werden Erinnerungen an den Physikunterricht wachgerüttelt. Die Experimente sind bewusst so gewählt, dass sie in einem handelsüblich ausgestatteten Physikraum durchgeführt oder einfach nachgebaut werden können. Denn die Zukunftsenergien sollen zur Nachahmung inspirieren – im Großen wie im Kleinen. Skript und Noten werden, so der Plan, Ende 2025 veröffentlicht. „Dadurch erhalten Schulen die Möglichkeit, eigene Inszenierungen zu realisieren“, kündigt Heysel an.

Die Probe nähert sich derweil dem Ende: Can Çetinkaya am Keyboard hängt der Magen durch. „Können wir den finalen Song vorziehen? Ich habe noch nichts gegessen“. Alle haben einen langen Tag hinter sich. Auch die Nächte sind derzeit eher kurz. „Wir machen das neben all dem Wahnsinn, der sonst so läuft“, erklärt Tien-Son Johannes Nguyen und lässt sich auf einen Stuhl sinken. Normalerweise stehen jährlich ein bis zwei Shows im Spielplan, Proben finden in den Semesterferien statt. 2025 sind es jedoch fünf verschiedene Aufführungen und das Wintersemester ist im vollen Gange. „Die Drittbesetzung der Menschheit befindet sich gerade in Japan“, bringt Jana Heysel die Herausforderung auf den Punkt.

Aber verzagen gilt nicht. Am Ende des Abends wirken die beiden Protagonisten alles andere als in Seenot. Der Wahnsinn, von dem sie sprechen, ist die Energiequelle, die solche Herzensprojekte erst befeuert. Eines steht fest: Wenn die Menschheit die Energiewende so leidenschaftlich angeht wie die Bonner Physikshow, könnte das Finale ein gutes werden.

Das Physik-Musical „Zukunftsenergie – Zukunftsmusik?“ richtet sich an kleine und große Entdecker ab 12 Jahren. Vorwissen ist nicht erforderlich. Der Eintritt zu den Shows ist kostenfrei. Da Plätze jedoch begrenzt sind, ist eine Reservierung dringend empfohlen.

Termine:

• 16.11.25 Bonn – 18 Uhr
• 22.11.25 Bocholt – 11 & 15 Uhr
• 29.11.25 Dortmund – 10.30 Uhr
• 13.12.25 Siegen – 11 & 15 Uhr

Ein Beitrag von:

  • Patrick Torma

    Patrick Torma ist freier Journalist und Autor aus dem Ruhrgebiet. Sein Herz schlägt für Texte mit Aha-Effekt. Für ingenieur.de schreibt er über Technik-, Infrastruktur- und Karrierethemen.

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