Heizung der Zukunft? 07.06.2023, 07:10 Uhr

Windheizung: Strom aus überschüssiger Windenergie nutzen

Während windstarken Phasen im Winter produzieren Windkraftanlagen mehr Strom als benötigt wird. Windräder werden dann häufig gedrosselt oder abgestellt. Forschende haben nun eine Windheizung entwickelt, die solch überschüssige Windenergie nutzen kann.

Windenergie

Forschende des Fraunhofer IBP haben eine Windheizung entwickelt, welche die überschüssige Windenergie nutzt.

Foto: Panthermedia.net/AntonMatyuka

In Deutschland gab es zuletzt eine Stagnation beim Ausbau der Windenergie. Dennoch erzeugen die rund 30.000 aktuellen Windkraftanlagen im Winter mehr Strom als benötigt wird. Besteht die Möglichkeit, diese überschüssige Kapazität zur Beheizung von Gebäuden zu nutzen? Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) beschäftigt sich bereits seit geraumer Zeit mit dieser Idee und präsentierte auf der Messe BAU 2023 ihre innovative Weiterentwicklung der „Windheizung 2.0“.

Projekt „Windheizung 2.0“

Ende 2022 waren in Deutschland insgesamt 28.443 Windenergie-Anlagen an Land und 1.539 Offshore-Anlagen auf See installiert. Laut Angaben des Bundesverbandes Windenergie trugen diese Anlagen im Jahr 2021 immerhin zu 23 Prozent der gesamten Stromproduktion des Landes bei. In früheren Jahren lag dieser Anteil sogar deutlich über 30 Prozent, was darauf hinweist, dass der Strombedarf in Deutschland kontinuierlich steigt, während der Ausbau der Windkraft zuletzt stagnierte.

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Trotz dieser Tatsache erzeugen die Windräder in Deutschland wesentlich mehr Strom als andere erneuerbare Energiequellen. Insbesondere in den windstarken Wintermonaten gibt es regelmäßig eine Überproduktion. Um die Stabilität des Stromnetzes sicherzustellen, muss daher häufig die Leistung der Anlagen reduziert oder zeitweise sogar komplett abgeschaltet werden. Genau an diesem Punkt setzten die Forschungen des Fraunhofer IBP an.

Seit Ende 2018 haben Forscher des Instituts in Zusammenarbeit mit Partnern das Projekt „Windheizung 2.0“ entwickelt. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert und ist seit Mai 2022 abgeschlossen. Ziel war es, eine wirtschaftliche und ökologische Lösung zu finden, um den überschüssigen Strom aus solchen Überproduktionen zu nutzen und gleichzeitig das Stromnetz zu entlasten.

Die Idee hinter dem Projekt

Die Grundidee hinter dem Projekt besteht darin, überschüssigen Strom aus Windenergieanlagen zur Gebäudebeheizung zu nutzen, solange die Verteilnetze nicht überlastet sind. Dr. Matthias Kersken, ein Wissenschaftler am Fraunhofer IBP, erklärt: „Das Besondere: Das Gebäude kann seine Wärmeversorgung dann für etwa zehn bis 14 Tage ohne weiteren Strom oder Wärmebezug sicherstellen.“ Diese Zeitspanne ergibt sich aus den klimatischen Bedingungen in Deutschland, da alle ein bis zwei Wochen ein Starkwindereignis von etwa fünf bis neun Stunden Dauer auftritt.

Die „Windheizung 2.0“ bietet zwei wesentliche Vorteile. Zum einen nutzt sie überschüssige Windenergie, die andernfalls ungenutzt bleiben könnte, was sowohl für Energieversorger als auch für Endkunden wirtschaftliche Vorteile bietet. Der Strom, der ansonsten zu niedrigen oder sogar negativen Preisen gehandelt werden würde, kann verkauft werden. Zum anderen trägt sie zur Stabilisierung des Stromnetzes bei. Eine spezielle Regelungskomponente stellt sicher, dass die Energiespeicher nur dann geladen werden, wenn im Stromnetz Kapazitäten zur Verfügung stehen. Bei Netzengpässen beziehen sie keine Energie und entlasten somit das Netz. Im Gegensatz zu Wärmepumpen sind sie nicht abhängig von der Netzsituation.

Wichtig: Ein hoher Dämm- und Effizienzstandard des Gebäudes ist entscheidend, um die Zeitspanne zwischen den Starkwindereignissen und den Engpasszeiten zu überbrücken. Nur in hoch effizienten Gebäuden ist das direktelektrische Heizen, das ansonsten ineffizient und verschwenderisch wäre, sinnvoll und nützlich für das Gesamtsystem.

Wärmespeicherung als Herzstück der Windheizung

Das Forschungsteam betrachtet große Warmwasserspeicher als wirtschaftliche Lösung für die Windheizung. Diese Speicher werden bereits im Gebäudebereich eingesetzt, insbesondere in Verbindung mit Solarthermie-Anlagen oder Wärmepumpen. Das Wasser im Speicher kann mithilfe des überschüssigen Windstroms aufgeheizt werden. In einem typischen Warmwasserspeicher bleibt die Temperatur dann ein bis zwei Wochen lang hoch genug, um eine Niedertemperatur-Flächenheizung zu versorgen, die mit dem System verbunden ist.

Neben dieser traditionellen Speichermethode hat das Fraunhofer IBP für die Windheizung 2.0 auch zwei neue Speichertypen entwickelt: die „überdämmte Bauteilaktivierung“ und den Hochtemperatur-Steinspeicher, der an eine Nachtspeicherheizung erinnert.

Bei allen drei Speichervarianten ist jedoch ein hoher Dämmstandard des Gebäudes Voraussetzung, wenn das Haus ausschließlich durch die Windheizung warm bleiben soll. Es kann sich dabei um Neubauten handeln, aber auch sanierte Bestandsgebäude kommen grundsätzlich für Windheizungen in Frage, vorausgesetzt sie sind gut gedämmt.

Mögliche Lösungen zur Umsetzung eines Windheizung 2.0-Gebäudes mit großem Warmwasserspeicher (A), Bauteilaktivierung (B) und zentralem Hochtemperatur-Steinspeicher (C).<br srcset=Foto: Bayerisches Landesamt für Umwelt" width="479" height="823" />

Mögliche Lösungen zur Umsetzung eines Windheizung 2.0-Gebäudes mit großem Warmwasserspeicher (A), Bauteilaktivierung (B) und zentralem Hochtemperatur-Steinspeicher (C).

Foto: Bayerisches Landesamt für Umwelt

Wie funktioniert die überdämmte Bauteilaktivierung?

Bei der überdämmten Bauteilaktivierung wird die Gebäudemasse, in der Regel Innendecken und Bodenplatte, sowohl als Wärmespeicher als auch als „Heizkörper“ genutzt. Hierfür werden Heizrohre durch die Bauteile verlegt, durch die das Wasser aus dem Warmwasserspeicher fließt.

Im Zuge der überdämmten Bauteilaktivierung wird ein Kunststoff- oder Aluminium-Verbundrohr in eine Betondecke eingegossen und im Winter mit relativ heißem Wasser gefüllt. Um sicherzustellen, dass die Räume unterhalb dieses Speichers nicht zu warm werden, wird die Decke von unten gedämmt, während auf der Oberseite eine bereits vorhandene Trittschalldämmung ausreicht. Bei einem vollen Speicherrohr entspricht der passive Wärmeverlust dem Heizbedarf des Hauses. Wenn das Wasser im Laufe der Zeit abkühlt, genügt dieser passive Wärmeverlust nicht mehr. In diesem Fall wird die Dämmung gezielt umgangen, indem das warme Wasser in eine zusätzliche Flächenheizung gepumpt wird.

Gut zu wissen: „Die Speicherverluste auf den Bedarf abzustimmen, ist ein ganz wichtiger Punkt“, betont Dr. Matthias Kersken. „Im Frühjahr darf der Speicher nicht mehr auf 100 Prozent geladen werden, sonst wird es zu warm im Haus. Hier setzt eine Wärmebedarfsprognose an, die in die Regelung der Windheizung 2.0 integriert ist: Sie arbeitet mit der Wettervorhersage und lernt die Charakteristik des Gebäudes und der Nutzung.“

Wie funktioniert der Hochtemperatur-Steinspeicher?

Als weitere Variante hat das Fraunhofer IBP einen Hochtemperatur-Steinspeicher entwickelt. Dieser Speicher wiegt 5 Tonnen und ist gut gedämmt. Er wird im Keller des Gebäudes platziert und mit überschüssiger Windenergie über Heizwendeln aufgeheizt. Der Steinspeicher ist so konstruiert, dass langsam Luft hindurchströmen kann. Die entnommene Wärme kann über einen geschlossenen Kreislauf zur Beheizung und Warmwasseraufbereitung genutzt werden.

Windheizungen ermöglichen nicht nur die nachhaltige Nutzung von überschüssigem Windstrom, sondern können auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen. Das Fraunhofer IBP hat eine spezielle Regelungskomponente entwickelt, die sicherstellt, dass die Speicher nur dann geladen werden, wenn im Stromnetz freie Kapazitäten vorhanden sind. Bei Engpässen zieht die Windheizung hingegen keinen Strom aus dem Netz.

Einsparungen zwischen 200 und 400 Euro pro Quadratmeter möglich

Die Forschenden des Fraunhofer IBP haben die verschiedenen Speichervarianten auf dem Gelände des Instituts in drei Versuchsgebäuden getestet, um sowohl Messdaten zu gewinnen als auch Simulationen zu validieren. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Selbst mit den Prototypen konnten problemlos sieben bis zehn Tage überbrückt werden, und in den betrachteten Gebäuden konnten 80 bis 90 Prozent des Strombedarfs durch überschüssigen Strom gedeckt werden. Gleichzeitig konnte der CO2-Fußabdruck um 12-26 kg(CO2)/(m²a) reduziert werden.

Die Windheizung 2.0 ist auch wirtschaftlich interessant: Über einen Zeitraum von 25 Jahren können trotz Investitionskosten und zusätzlichem Aufwand für die Dämmung zur Erfüllung der hohen Wärmetechnik-Anforderungen Einsparungen von 200 bis 400 Euro pro Quadratmeter erzielt werden. Es sei jedoch angemerkt, dass diese Zahlen auf einem Referenzgebäude gemäß der Energieeinsparverordnung (GEG) basieren. Die Windheizung 2.0 ist nicht nur für Neubauten interessant, sondern auch für Sanierungsprojekte haben die Forschenden eine Lösung entwickelt.

In einem weiteren Projekt, das im November 2022 gestartet wurde und ebenfalls vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird, werden die Forschenden die Windheizung 2.0 über einen Zeitraum von zwei Wintern in vier real bewohnten Gebäuden testen.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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