Mini-Windturbine 15.07.2024, 09:20 Uhr

Aeromine Technologies: Mini-Windturbine zwischen Kritik und Produktionsstart

Mini-Windturbinen galten für Privathaushalte bisher als ineffektiv und waren auch laut und wartungsintensiv. Deshalb konnte man sie eher selten auf Dächern finden. Nun kann sich die Situation ändern.

Aeromine Technologies

Die neu entwickelten Turbinen können auf Flachdächern von Gewerbehallen installiert werden.

Foto: Aeromine Technologies

Aeromine Technologies hat gerade eine Finanzierungsrunde in Höhe von 9 Millionen Dollar abgeschlossen und ist bereit, die Produktion seiner bladeless Dach-Windturbinen hochzufahren. Das Energie-Forschungs-, Investitions- und Strategieunternehmen Veriten ist der Hauptinvestor in der Series-A-Finanzierungsrunde von Aeromine Technologies. das hat u a. electrek.co berichtet.

Im Jahr 2022 berichteten wir erstmals über Aeromine. Das Unternehmen stellt kompakte „Windernteplattformen“ her, die am Rand von Dächern montiert werden. Diese Anlagen haben keine externen beweglichen Teile oder Rotorblätter und nutzen den Wind, der über das Gebäude strömt, um vor Ort Strom zu erzeugen. Das effiziente Generatorsystem besteht aus einem Rotor-Stator-System und einem 5-kW-Permanentmagnetgenerator.

Was verspricht die Mini-Windturbine?

Das US-Start-up – Aeromine Technologies hat eine Mini-Windturbine ganz anderer Art entwickelt. Erste Tests waren vielversprechend: Die neue Technologie ermöglichte es, dass die Turbinen geräuschlos und ohne Rotorblätter funktionieren. Außerdem sollen sie preiswerter als Solaranlagen sein und mehr Strom – etwa 50 Prozent mehr als Solaranlagen erzeugen (laut Hersteller). Hiermit könnten diese Mini-Windturbinen eine echte Alternative zu Photovoltaik werden.

Der Große Vorteil der Windturbinen ist, dass sie auch nachts Strom erzeugen können, das schafft Photovoltaik nicht. Damit sind die längeren Betriebszeiten der Turbinen der Grund für den Kostenvorteil gegenüber einer Photovoltaikanlage.

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Mehrere Einsatzmöglichkeiten für Mini-Windturbinen möglich

Wie die Entwickler aus den USA berichten, können diese Turbinen auf Flachdächern von Gewerbehallen untergebracht werden, sie seien aber auch gut für die private Nutzung geeignet. Denn: Das System soll keine Zulassungsprobleme aufgrund von Emissionen wie Lichtreflektionen oder Geräuschen haben. Und damit wäre diese Hürde für die Installation aus dem Weg geräumt.

Denkbar ist auch eine Installation auf Dächern von Lagerhäusern, Vertriebszentren, Fabriken und Bürogebäuden. Die Aerominen könnten auch bei Mehrfamilienhäusern und großen Einzelhandelsgeschäften eingesetzt werden.

Völlig neue Technologie für Mini-Windturbinen

Das Aeromine-System ist etwa drei mal drei Meter groß und somit recht klein im Vergleich zu anderen Anlagen, die ähnlich viel oder sogar weniger Strom produzieren. Bei der Stromerzeugung beruht die Anlage auf Effekten der Aerodynamik: durch die Verengung des Luftdurchflusses wird die Strömungsgeschwindigkeit erhöht. Der Wind wird von der Anlage durch einen niedrigen Einlass und durch eine Röhre nach oben gesaugt, zwei aerodynamisch geformten Platten erzeugen dabei einen Unterdruck, so dass noch mehr Luft angesaugt wird. Im Inneren der Röhre installierte Propeller erzeugt aus dieser Bewegung Strom. So wird der Wind konzentriert und verstärkt, ähnlich wie bei den Spoilerflächen eines Rennwagens.

Außerdem braucht die Anlage viel weniger Platz auf der Dachfläche, als sie für die Installation von Solarzellen benötigt wird.

Können die Mini-Windturbinen bei der Bewältigung der Energiekrise helfen? Foto: Aeromine Technologies

Können die Mini-Windturbinen bei der Bewältigung der Energiekrise helfen?

Foto: Aeromine Technologies

Vorteile auf einen Blick

  • Die Turbinen haben keine Rotoren
  • Sie machen keinen Lärm
  • Die Turbinen sind preiswerter
  • Sie benötigen weniger Platz für die Installation
  • Sie erzeugen mehr Strom
  • Vogelfreundlich: Sie schreddern keine Vögel und Insekten
  • Sie brauchen keine zeitintensiven Zulassungen

 Kein Lärm und keine Vibrationen – nur grüne Energie

„Dies ist ein entscheidender Schritt, der dem schnell wachsenden Markt der Stromerzeugung auf Dächern einen neuen Stellenwert verleiht und Unternehmen hilft, ihre Ziele in Bezug auf Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit mit einer bisher wenig genutzten dezentralen erneuerbaren Energiequelle zu erreichen“, kommentierte David Asarnow, CEO von Aeromine in einer Pressemitteilung.

„Aeromines firmeneigene Technologie bringt die Leistung der Windenergie auf den Markt der Vor-Ort-Stromerzeugung und mildert damit die Einschränkungen, die durch sich drehende Windturbinen und weniger effiziente Solarmodule entstehen“, so Asarnow weiter.

Die neue Technologie scheint aber schon jetzt viel Resonanz bekommen. Nachdem die Firma die Informationen zu der neuen Technologie veröffentlich hatte, kamen über die Webseite mehrere Anfragen, berichtete Managing Director, Europe Aeromine Technologies Claus Lønborg in seinem LinekdIn Account.

„Die Aeromines sind für die Installation auf großen Gebäuden (Gewerbe-, Industrie- und Wohngebäude) konzipiert. Sie machen keinen Lärm und keine Vibrationen – nur grüne Energie“, freute Lønborg sich in seinem Post auf LinkedIn.

Momentan wird Aeromine-Turbine auf dem Dach einer Fabrik von BASF getestet (2022).

„Derzeit planen wir nur für den gewerblichen/industriellen Markt. Die Anlagen sind in ihrer derzeitigen Form/Größe nicht für Einfamilienhäuser geeignet. Aber für große Mehrfamilienhäuser können sie eine gute Lösung sein“, kommentierte Claus Lønborg unsere Nachfrage, wann die Anlagen auch für die Privathaushalte zugänglich sein können.

Ist die Turbine nur ein Marketing-Hype?

Frank Kortenstedde, wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institute of Aerospace Technology“ (IAT) der Hochschule Bremen, hat die Angaben zur Turbine sorgfältig geprüft. Als Leiter der IAT-Abteilung „Wind Turbines“ und Experte mit einer Promotion zum Dr.-Ing. im Jahr 2016 an der TU Clausthal, die sich auf die Optimierung von Rotorblättern bei Windkraftanlagen konzentrierte, verfügt er über umfassende Fachkenntnisse. Seine Berechnungen auf Basis der öffentlich zugänglichen Informationen führten ihn zu dem Schluss, dass die Angaben von Aeromine nicht realistisch sind. U.a. schreibt er: „Eine Kleinwindanlage mit 5 kW Leistung, die bei einer Nennwindgeschwindigkeit von 13 m/s erreicht wird, soll pro Jahr 10.000 bis 15.000 kWh Strom erzeugen. Das ist absolut unrealistisch, da die Nennleistung erst bei sehr starkem Wind erreicht wird. Analog ist der Rotor der Windanlage viel zu klein, um pro Jahr so viel Strom zu erzeugen„.

In seiner Zusammenfassung räumt Frank Kortenstedde zwar ein, dass Aeromine Technologies mit ihrer Kleinwindenergieanlage ein technisch interessantes und neuartiges Konzept präsentiert hat. Er sieht potenzielle Vorteile wie niedrige Kosten und hohe Haltbarkeit, betont jedoch, dass diese durch Testläufe unter realen Bedingungen auf einem Windenergietestfeld bestätigt werden müssen. Dabei könnten auch Fragen zu Schallemissionen durch das Gehäuse und die Notwendigkeit einer Körperschallentkopplung geklärt werden, um die Geräuschübertragung auf das Gebäude zu verhindern.

In seiner Analyse weist Frank Kortenstedde aber auf die Nachteile hin, z. B. dass die Aeromine-Anlage keine Windnachführung hat, was zu Leistungseinschränkungen führt, da der Wind nicht immer aus der Hauptwindrichtung kommt. Seine ingenieurwissenschaftliche Untersuchung zeigte zudem, dass die von Aeromine veröffentlichten Angaben zu Stromerträgen im Vergleich zu Photovoltaikanlagen unrealistisch seien. Auch die behauptete Leistung von 5 kW pro Einheit wird von dem Experten in Frage gestellt.

Auch Patrick Jüttemann als neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen kommt zum Schluss: „Aeromine ist deshalb in meinen Augen bislang nur ein Marketing-Hype. Wer solch unrealistischen Zahlen veröffentlicht, verliert als Unternehmen an Glaubwürdigkeit. Letztere könnte Aeromine zurückgewinnen, wenn die Windanlage von unabhängigen Akteuren getestet würde. An einem Standort, der einem typischen Aufstellungsort der Kleinwindanlage entspricht“.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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