Solarbranche setzt auf KI: Mehr Effizienz und Automatisierung dank Datenanalyse
KI hilft in der Solarbranche inzwischen überall. Sie verbessert Zellentwicklung und -produktion, optimiert Solarparks und ist aus Betrieb und Wartung nicht wegzudenken. Ein Beispiel dafür, wie KI bei der Energiewende helfen kann.

Leichter Nebel zog im letzten Jahr bei der Einweihung des größten Solar-Clusters in Rheinland-Pfalz über die Anlage. Große Solarparks wie diese werden inzwischen mithilfe von KI geplant, die Lage wird so ausgesucht, der Betrieb optimiert. KI hilft auch bei der Vermarktung des erzeugten Ökostroms.
Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey
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Von der Zellproduktion über das Anlagenmonitoring, die Stromvermarktung bis hin zur Steuerung von Energiemanagementsystemen oder Wechselrichtern werden Algorithmen in der Solarbranche breit eingesetzt. Sie können große Datenmengen präzise auswerten – auf Basis dieser Analysen tragen sie zur Automatisierung, Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung bei.
In der Herstellung von Solarzellen und -modulen hilft KI durch eine maschinengestützte Materialanalyse. Solarzellen lassen sich so effizienter, nachhaltiger und langlebiger herstellen. Dazu wertet KI Daten über die physikalischen, chemischen und strukturellen Eigenschaften von Materialien aus. So können neuartige Materialkombinationen gefunden werden. KI kann auch effiziente Zelldesigns strukturieren. KI verbessert durch datengetriebene Analyse den Betrieb von Produktionsanlagen in der Solarindustrie: Dort erkennt sie, wann Anlagen beginnen, fehlerhaft oder ineffizient zu produzieren, und Defekte aufweisen.
KI verbessert im Solarbereich die Produktion und macht Stromnetze fit für mehr Solarstrom
Als einer der Vorreiter bei der KI-gestützten Digitalisierung und Automatisierung der Solarproduktion gilt der chinesische Weltmarktführer Longi. Er produziert in einer Fabrik in Jiaxing KI-unterstützt hocheffiziente Rückkontaktmodule der neuesten Generation mit der sogenannten HPBC-2.0-Technologie (Hybrid Passivated Back Contact). Das Weltwirtschaftsforum (WEF) zeichnete die Fertigung im Dezember 2023 als erste „Global Lighthouse Factory“ im Solarbereich aus.
Viele Stromnetzbetreiber setzen inzwischen auf KI, um Erzeugungs- und Lastprognosen effizient abzugleichen, wie auf der Fachkonferenz „Stromnetze der Zukunft“ Ende Januar in Berlin deutlich wurde. KI hilft den Betreibern, ihre Netze angesichts der Energiewende optimaler zu steuern und zu planen. Dabei wertet die KI historische Wetterdaten aus, um die volatile Erzeugung von Solar- und Windstrom besser vorhersagen zu können. So kann der Energiefluss in Echtzeit besser gesteuert werden.
Solarparks vermarkten sich besser mit KI
Die Kölner RheinEnergie AG setzt KI ein, um Solarparks in Kombination mit Batteriespeichern wirtschaftlicher zu betreiben. KI hilft dabei, die Erzeugungsprognose mit der Strompreisprognose automatisiert und viertelstundengenau für jeden Tag der kommenden Woche abzugleichen.
„Stromvermarktung ist unser Tagesgeschäft“, sagt Dirk Franken, Leiter Steuerung und Modellierung bei RheinEnergie Trading. „Aber die optimale Vermarktung aus einem Batteriespeicher ist für uns Neuland. Dafür muss man den Strommarkt sehr genau kennen. Man muss wissen, wann man Strom einspeichern und wann man ihn aus dem Speicher vermarkten muss“, so Franken.
Wohin mit dem Solarpark? KI weiß es
Weit verbreitet ist der Einsatz von KI bei der Planung großer Solaranlagen, sei es über eine Auslegungssoftware oder über die sogenannte Geo-KI. Darunter versteht man die maschinengestützte Auswertung von Luft- und Satellitenbildern. Geo-KI kann von Planern genutzt werden, um geeignete Flächen zu identifizieren. Auf diese Weise können auch 3D-Bilder der geplanten Anlage maschinell erstellt werden – eine Hilfe auch für Verkaufsgespräche.
Auch bei der Wartung, Instandhaltung und Überwachung von Solaranlagen kann KI einen wichtigen Beitrag leisten. Im Bereich der Predictive Maintenance wertet KI Drohnenaufnahmen von Solaranlagen aus und untersucht diese auf Fehlfunktionen, beispielsweise durch Verschmutzungen auf den Modulen. So können notwendige Wartungsarbeiten erkannt werden, bevor die Leistung der Anlage beeinträchtigt wird.
KI überwacht Giga-Solarparks
Bei der Anlagenüberwachung übernimmt KI wichtige Aufgaben, die bisher zeitaufwendig von O&M-Fachkräften (Operation & Maintenance: Betrieb und Wartung) manuell durchgeführt werden mussten. Dabei gleicht der Algorithmus große Datenmengen miteinander ab und untersucht sie auf kleinste Veränderungen, die die Funktion einer Anlage beeinträchtigen. So kann sich das O&M-Personal auf die wesentliche Kontrolle des Betriebsablaufs konzentrieren.
„Vor zehn Jahren war die Überwachung großer Solarkraftwerke noch ein Albtraum“, sagte Susannah Wood, Vice President Public Affairs and Sustainability bei Statkraft, auf einem Fachpanel des „Solarpower Summit“ Ende März in Brüssel. Der Einsatz von KI habe sich hier sehr bewährt, allein für den Solarbereich beschäftige man mittlerweile sieben Datenspezialisten.
Generative KI könnte Automatisierungsgrad der solaren Wertschöpfung deutlich erhöhen
Gamechanger für die Solarbranche werden generative KI-Technologien sein, so sieht es David Moser, Managing Director des italienischen Bequerel Institute. Dabei handelt es sich um Systeme, die neue Inhalte, Designs oder Lösungen erstellen können. „Diese Technologien ermöglichen grundlegend andere Ansätze der Automatisierung, die über regelbasierte Systeme oder traditionelles maschinelles Lernen hinausgehen“, so Moser. KI und Robotik würden die Photovoltaikbranche in Zukunft grundlegend verändern.
Moser rechnet damit, dass der Automatisierungsgrad entlang der solaren Wertschöpfungskette mindestens bei rund 60 % liegen wird und in der O&M-Phase 85 % erreichen wird. Durch den Einsatz von generativer KI und Robotik sieht er ab 2030 Kostensenkungen in der O&M von Solarparks in Höhe von 3000 €/MW/Jahr bis 4000 €/MW/Jahr.
Einen Vortrag vom David Moser zum Thema finden Sie hier:
Die Zahl der benötigten O&M-Arbeitskräfte dürfte sich durch KI-Einsatz von heute 0,5 bis 0,7 pro MW auf 0,05 bis 0,1 pro MW installierter Nennleistung verringern. Die Leistungssteigerung wird auf 3 % bis 4 % geschätzt. Wegen der erheblichen Auswirkungen auf die Belegschaften müsse die Industrie dringend in die Weiterbildung der bestehenden Mitarbeitenden investieren, fordert Moser. Seiner Ansicht nach ist und bleibt für die Branche die Fachkräftegewinnung ein Topthema.
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