Rheinland würde verstrahlt 28.10.2016, 10:24 Uhr

Bei Atomunfall in Tihange würde Aachen unbewohnbar

Eine ganze Region läuft Sturm gegen das belgische Atomkraftwerk Tihange mit seinen Tausenden von Rissen. Eine neue Studie aus Wien dürfte den Protest nun noch anfeuern: Aachen würde bei einem Reaktorunglück unbewohnbar. Köln, Düsseldorf und das Ruhrgebiet würden verstrahlt.

Protest gegen die Kernkraftwerke Tihange und Doel: Eine neue Risikoanalyse aus Wien zeigt, dass die Folgen eines Atomunglücks im Kernkraftwerk Tihange bei Lüttich für Aachen, das Rheinland und das Ruhrgebiet erheblich wären. Meist herrscht in der Region Westwind, die Radioaktivität würde Richtung Deutschland verbreitet.

Protest gegen die Kernkraftwerke Tihange und Doel: Eine neue Risikoanalyse aus Wien zeigt, dass die Folgen eines Atomunglücks im Kernkraftwerk Tihange bei Lüttich für Aachen, das Rheinland und das Ruhrgebiet erheblich wären. Meist herrscht in der Region Westwind, die Radioaktivität würde Richtung Deutschland verbreitet.

Foto: Olivier Hoslet/dpa

So viel Einigkeit gibt es fast nie: Städte und Gemeinden, Politiker quer durch die Parteien, Wirtschaft, Behörden und Experten betrachten das belgische Atomkraftwerk Tihange als echte Gefahr. Mit Rheinland-Pfalz hat sich zuletzt sogar ein ganzes Bundesland der Klage gegen das Kraftwerk angeschlossen. Anders sehen das nur die Belgier selbst. Deren Atomaufsicht hält den beschädigten Reaktorblock 2 in Tihange wie auch den ebenfalls kritisch beäugten Block 3 im AKW Doel für sicher.

Die Schäden in Doel, das bei Antwerpen an der Nordseeküste und damit denkbar weit entfernt von Deutschland liegt, regen hier zu Lande nicht so sehr auf. Tihange in der Nähe von Lüttich ist aber nur 70 km von der Grenzstadt Aachen mit ihren knapp 250.000 Einwohnern entfernt. 2014 wurde Tihange abgeschaltet, nachdem tausende  Risse im Reaktordruckbehälter festgestellt wurden.

Top Stellenangebote

Zur Jobbörse
Airbus Helicopters-Firmenlogo
#ET7A Electrical System Engineer - Airplane Doors (d/f/m) Airbus Helicopters
Donauwörth Zum Job 
IMS Messsysteme GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/i) optische und radiometrische Messsysteme IMS Messsysteme GmbH
Heiligenhaus Zum Job 
Propan Rheingas GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Ingenieur Sicherheitstechnik (m/w/d) Propan Rheingas GmbH & Co. KG
Jungheinrich-Firmenlogo
Head of Development Automated Driving (m/w/d) Jungheinrich
Lüneburg Zum Job 
G + S Planungsgesellschaft mbH-Firmenlogo
Bauingenieur (m/w/d) für die Bereiche Tragwerksplanung und bautechnische Prüfung G + S Planungsgesellschaft mbH
Hamburg Zum Job 
Kromberg & Schubert Automotive GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Ingenieur als Supplier Quality Manager (m/w/d) Kromberg & Schubert Automotive GmbH & Co. KG
Abensberg bei Regensburg Zum Job 
Munich Consulting Group-Firmenlogo
Senior Consultant Industrial Engineering (m/w/d) Munich Consulting Group
München Zum Job 
LEONHARD WEISS GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Bauingenieur / Bautechniker Digitalisierung (m/w/d) LEONHARD WEISS GmbH & Co. KG
Satteldorf Zum Job 
Munich Consulting Group-Firmenlogo
Junior Consultant Industrial Engineering (m/w/d) Munich Consulting Group
München Zum Job 
Saale Energie GmbH-Firmenlogo
Elektroingenieur / Ingenieur Elektrotechnik (w/d/m) Saale Energie GmbH
Schkopau Zum Job 
Munich Consulting Group-Firmenlogo
Consultant Industrial Engineering (m/w/d) Munich Consulting Group
München Zum Job 
NewTec-Firmenlogo
Software-Entwickler (m/w/d) Embedded Applikationen NewTec
Freiburg im Breisgau Zum Job 
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Bauingenieur:in Bebauungsplan (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
SWM Services GmbH-Firmenlogo
CAE Administrator*in (m/w/d) SWM Services GmbH
München Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur Bauwerkserhaltung (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Ingenieur:in Elektrotechnik - Betriebsführung (VEFK) und Planung (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Projektleitung Starkregenrisikomanagement (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Ingenieur:in Wartungsplanung (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Projektleiter:in für kleine und mittelgroße Investitionsprojekte in Wasserwerken (Werke) (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
Berliner Wasserbetriebe-Firmenlogo
Ingenieur:in Instandhaltungsmanagement / Werke (w/m/d) Berliner Wasserbetriebe
Der Druckbehälter im Atomkraftwerk Tihange ist mit 3249 Rissen übersäht. Ähnliche Druckbehälter stehen auch in überwiegend noch aktiven Atomkraftwerken in den Niederlanden, der Schweiz, Spanien, Deutschland und Schweden. 

Der Druckbehälter im Atomkraftwerk Tihange ist mit 3249 Rissen übersäht. Ähnliche Druckbehälter stehen auch in überwiegend noch aktiven Atomkraftwerken in den Niederlanden, der Schweiz, Spanien, Deutschland und Schweden.

Quelle: Electrabel

Inzwischen ist Tihange 2 längst wieder am Netz. Aber wenn die Hülle dieses Behälters birst, dann könnte dies einen Unfall in der Größenordnung von Fukushima bedeuten.

Feuer oder Explosionen könnten Folgen verschärfen

Was das für die Menschen in Aachen heißen könnte, haben nun Experten des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften in Wien im Auftrag der Städteregion Aachen untersucht. Sie nahmen sich vor allem tausende Wetterdaten vor, um zu ermitteln, welche Ausbreitung von Strahlung in welche Richtung am wahrscheinlichsten ist.

Ihr Fazit: Wenn es zu dem angenommenen Unfall komme, bestehe ein Risiko von zehn Prozent, dass Aachen völlig unbewohnbar werde. Die radioaktive Belastung der Stadt sei dann vergleichbar mit der in der 20-Kilometer-Sperrzone um Fukushima, so der Kernkraftexperte Prof. Wolfgang Renneberg, Diplom-Physiker am Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften in Wien.

Das Kernkraft Tihange in der Nähe von Lüttich liegt nur 70 km von Aachen und 130 km von Köln und Düsseldorf entfernt. Die Region wäre von einem Reaktorunglück stark betroffen, so eine Studie.

Das Kernkraft Tihange in der Nähe von Lüttich liegt nur 70 km von Aachen und 130 km von Köln und Düsseldorf entfernt. Die Region wäre von einem Reaktorunglück stark betroffen, so eine Studie.

Quelle: Oliver Berg/dpa

Dies allerdings, so räumen die Experten ein, sei nur bei einer extrem ungünstigen Wetterlage zu erwarten. Als wahrscheinlicher gilt demnach, dass die Strahlung das 25-Fache der ohnehin bestehenden durchschnittlichen Belastung jedes Menschen pro Jahr erreiche – das aber ist auch schon ein Wert, ab dem eine Region evakuiert werden müsse.

Außerdem ist der Untersuchung zufolge durchaus damit zu rechnen, dass weite Teile Nordrhein-Westfalens verstrahlt werden, beispielsweise auch das Ruhrgebiet mit seinen fünf Millionen Einwohnern oder Städte am Rhein wie Köln und Düsseldorf, die Luftlinie nur 130 km von Tihange entfernt sind. Zumal eines gilt: Wenn – wie in Fukushima – verstärkende Umstände wie Feuer oder Explosionen hinzukommen, kann das die Verbreitung der Radioaktivität noch massiv erhöhen.

Weite Teile Nordrhein-Westfalens könnten verstrahlt werden

„Bis auf die Hälfte seiner Dicke ist ein Reaktordruckbehälter mit Rissen durchzogen. Das ist ein Sicherheitsrisiko, das man nicht dulden kann“, sagte Prof. Renneberg bei der Vorstellung der Studie in Aachen. Für den Chef der Aachener Städteregion, Helmut Etschenberg, ist die Konsequenz aus der Studie klar: Weil nun der seriöse Nachweis vorliege, dass die Region sehr wahrscheinlich von einem Unfall in Tihange betroffen sein werde, sei der weitere Betrieb der Reaktoren dort nicht hinnehmbar.

Das Kernkraftwerk Tihange liegt in der Nähe der Großstadt Lüttich direkt an der Maas. Das Kraftwerk schreibt wegen zahlreicher Störfälle seit Jahren Schlagzeilen. Ein Reaktordruckbehälter ist von Rissen übersäht.

Das Kernkraftwerk Tihange liegt in der Nähe der Großstadt Lüttich direkt an der Maas. Das Kraftwerk schreibt wegen zahlreicher Störfälle seit Jahren Schlagzeilen. Ein Reaktordruckbehälter ist von Rissen übersäht.

Quelle: Oliver Berg/dpa

Der CDU-Politiker kündigte deshalb eine zweite Klage gegen den Betrieb der Anlage vor einem belgischen Zivilgericht an, nachdem bereits im Februar vor dem höchsten Verwaltungsgericht des Landes geklagt worden war. Wie konkret für die Verantwortlichen in der Region die Gefahr durch Tihange ist, zeigt im Übrigen die aktuelle Aktion: Demnächst werden an alle Bürger Jodtabletten ausgeteilt. Die Kosten der Verteilung übernimmt das Land NRW.

Mehr zum Thema Kernenergie lesen Sie hier.

 

Ein Beitrag von:

  • Werner Grosch

    Werner Grosch ist Journalist und schreibt vor allem über Technik. Seine Fachgebiete sind unter anderem Elektromobilität, Energie, Robotik und Raumfahrt.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.