Verheerender Brand im Chempark 02.08.2021, 09:05 Uhr

Explosion im Chempark Leverkusen: Giftstoffe bleiben für immer in der Umwelt

31 Menschen wurden verletzt, fünf Personen starben bei der verheerenden Explosion im Chempark Leverkusen. Jetzt ist klar: Die gigantische schwarze Rauchwolke transportierte Giftstoffe ins Umland.

Nach der Explosion im Chempark in Leverkusen war eine gewaltige schwarze Rauchwolke in den Himmel gestiegen und hat u.a. Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen transportiert. Foto/Symbolbild: panthermedia.net/pedro2009

Nach der Explosion im Chempark in Leverkusen war eine gewaltige schwarze Rauchwolke in den Himmel gestiegen und hat u.a. Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen transportiert. Foto/Symbolbild: panthermedia.net/pedro2009

Das Wichtigste zur Explosion in Leverkusen in Kürze:

  • 31 Menschen wurden bei einer Explosion in einer Sondermüll-Verbrennungsanlage in Leverkusen-Bürrig verletzt, drei weitere Personen wurden tot geborgen. Damit erhöht sich die Zahl der Todesopfer auf fünf.
  • Eine schwarze Rauchwolke stieg hunderte Meter in die Luft. Zusammensetzung war zunächst unklar, Warnstufe „Extreme Gefahr“ blieb vorerst bestehen
  • Anwohnern wurde vorerst geraten, Türen und Fenster weiterhin geschlossen zu halten
  • Nach der Entwarnung gibt es nun erste Hinweise über die Zusammensetzung der Rauchwolke: Offenbar wurden Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen in die umliegenden Wohngebiete getragen, wie das Landesumweltamt mitteilte. Die Konzentration in den Rußpartikeln sei eher gering, hieß es nach einer ersten Einschätzung. Die Analysen laufen aber weiter, Bewohner der Region sollten weiterhin kein Obst und Gemüse aus dem Garten verzehren.
  • Dioxin-, PCB- und Furanverbindungen gelten als hoch gesundheitsgefährdend. Die Chlorverbindung PCB etwa gilt zwar als bedingt akut gefährlich, kann aber Langzeitschäden verursachen und gilt unter anderem als krebserregend. Der Stoff reichert sich zudem in der Umwelt an und wird so gut wie nicht abgebaut – einmal in der Umwelt, bleibt er für immer.
  • In dem Abfalltanklager der Explosion von Leverkusen haben sich nach Angaben der Kölner Bezirksregierung „flüssige Reststoffe aus der Produktion von Chemikalien für die Landwirtschaft“ befunden. Der Hauptbestandteil dieser Abfälle seien „phosphor- und schwefelhaltige Chemikalien“.
  • Die Analyse der Zusammensetzung nach einem solchen Brand sei eine hoch komplexe Angelegenheit und werde wohl eine gewisse Zeit dauern, so Störfall-Experte und Chemiker Christian Jochum im Gespräch mit ingenieur.de (Nach Explosion in Leverkusen: Warum wir mit einer tickenden Zeitbombe leben). Letztlich komme es vor allem auf die Konzentration der Giftstoffe an.
  • NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) forderte eine genaue Aufklärung der Geschehnisse: „Jetzt müssen vor allem die Ursachen genau aufgeklärt und aufgearbeitet werden. Schnellstmöglich sind alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, damit sich künftig ein derartig schlimmes Unglück nicht wiederholt“. Nach Angaben des Umweltministeriums wurde „für die Analytik der Brandrückstände“ eine „Task Force vereinbart“.
  • Die Suche nach den nach wie vor Vermissten dauert an. Die Werksfeuerwehr setzt für den Einsatz unter anderem Drohnen ein, wenngleich die Hoffnung schwindet: „Wir gehen davon aus, dass wir sie nicht mehr lebend finden“, so Frank Hyldmar, Geschäftsführer des Chempark-Betreibers Currenta.
  • Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen Unbekannt. Die Ursache für die Explosion und den verheerenden Brand im Chempark in Leverkusen ist derzeit noch unklar. Um zu klären, ob menschliche Fehler zu dem Unglück führten, wurde eine Ermittlungsgruppe bei der Polizei eingerichtet.

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Hier die Ereignisse zum Nachlesen:

In Leverkusen hat es am Dienstagmorgen gegen 9.30 Uhr in der Sondermüll-Verbrennungsanlage des Chempark-Betreibers Currenta im Stadtteil Bürrig eine heftige Explosion gegeben. Die Detonation war bis in 20 Kilometer entfernte Orte noch zu hören. Augenzeugenberichten zufolge gab es Erschütterungen bis in den Kölner Norden und nach Bergisch Gladbach, Fensterscheiben vibrierten. Mehrere Stationen des Geologischen Dienstes NRW Westfalen hatten die Explosion gemessen, so ein Seismologe. Unter anderem sei die Detonation auch an einer Station im Hespertal registriert worden – diese liegt fast 40 Kilometer nördlich von Leverkusen.

Nach der Explosion, die sich in einem Tanklager ereignete, kam es zu starker Rauchentwicklung: Erst stieg weißer, dann schwarzer Rauch hunderte Meter in die Höhe auf.

31 Menschen wurden bei der Explosion verletzt, vier davon schwer. Fünf Personen starben. Weitere Menschen werden noch vermisst. „Wir sind tief betroffen über diesen tragischen Unfall und den Tod eines Mitarbeiters. Unser besonderes Mitgefühl gilt vor allem den Angehörigen, aber auch den Kollegen, die mit ihm zusammengearbeitet haben“, erklärte der Chempark-Leiter Lars Friedrich.

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Explosion in Leverkusen: Riesige Rauchwolke zieht über den Himmel

Die Behörden hatten die Warnstufe „Extreme Gefahr“ ausgegeben und warnten zwischenzeitlich eindringlich: Anwohner sollen sich in Innenräume begeben und Türen und Fenster dringend geschlossen halten. Die Warnapp Nina schlug ebenfalls Alarm: Demnach zog die Rauchwolke nach Osten in Richtung Burscheid und Leichlingen beziehungsweise in Richtung Bergisches Land.

Welche Substanzen in der Rauchwolke enthalten sind, ist zur Zeit noch nicht klar. Inzwischen gibt es eine erste vorsichtige Entwarnung, erste Luftmessungen der Umweltschutzeinheiten im Kölner Norden ergaben laut Feuerwehr, dass wahrscheinlich vorerst keine Gefahr für die Bevölkerung bestehe. Die Messungen würden fortgesetzt, hieß es vonseiten der Feuerwehr. Anwohner sollten aber möglichst weiterhin in Innenräumen bleiben, auch Autofahrer sollten Fenster geschlossen halten und Lüftungen deaktivieren. Die Behörden raten ferner, Obst und Gemüse etwa aus Gärten nicht zu verzehren oder sehr gut zu waschen.

Mehr zum Thema

Für die Bevölkerung wurde eine Hotline eingerichtet, die unter folgender Telefonnummer zu erreichen ist: Leverkusen 0214-2605 99333.

Explosion in Sondermüll-Verbrennungsanlage: Autobahnen gesperrt

Die Ursache für die Explosion ist derzeit noch unklar. Genauere Informationen konnten die Einsatzkräfte zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht geben, man sichte die Lage, so eine Sprecherin der Feuerwehr Leverkusen auf Nachfrage. Inzwischen ist klar: Die Einsatzkräfte konnten den Brand auf dem Gelände des Chemparks löschen. Aktuell wird weiter mit Hochdruck nach vermissten Mitarbeitern gesucht.

Lesen Sie auch: Innovativer Katastrophenschutz: Sensoren übernehmen persönliche Warnung

Derweil kursierten Meldungen über eine mögliche zweite Explosion. Demnach drohte das Feuer auf ein weiteres Tanklager überzugreifen. Die Polizei Leverkusen erklärte auf Nachfrage von ingenieur.de, dass es zurzeit keine Warnung von offizieller Seite gebe. Man prüfe aber entsprechende Hinweise.

Unterdessen hatte die Polizei das Autobahnkreuz Leverkusen-West komplett gesperrt. Auch die A1 war zwischen dem Kreuz Leverkusen und Köln-Nord, die A59 ab Kreuz Monheim-Süd bis Leverkusen-West und die A3 zwischen Leverkusener Kreuz und Kreuz Langenfeld mehrere Stunden lang gesperrt. Außerdem war der Westring in Leverkusen nicht befahrbar – die Straße führt direkt an der brennenden Sondermüll-Verbrennungsanlage vorbei. Ist das im Sinne eines Risikomanagements vernünftig?

„Wenn man unterstellt, dass die betroffene Anlage der Störfall-VO unterliegt (das hängt von den dort vorhandenen Stoffen und ihrer Menge ab), soll zu „sensibler Nachbarschaft“ (zum Beispiel Wohnbebauung, stark befahrene Autobahnen – nicht aber anderen Industrieanlagen, wie Klärwerken) ein „angemessener Sicherheitsabstand“ eingehalten werden. Dieser Abstand wird nach Vorgaben des Leitfadens KAS-18 bestimmt. Wenn reine Lösungsmittel gebrannt hätten, würden circa 200 m ausreichen. Bei den für Abfallverbrennungsanlagen typischen Stoffgemischen ist die Berechnung kompliziert und es könnten deutlich höhere Abstände resultieren. Ob dies für die Situation in Leverkusen relevant ist, kann so nicht beurteilt werden. Diese Vorschrift gilt seit 2000. Schon vorher bestehende „Gemengelagen“ genießen Bestandschutz, so lange sie unverändert bleiben“, klärt Christian Jochum, der Sicherheitsabstände zwischen Störfallstandorten und ihrer Nachbarschaft beurteilt, auf.

Sicherheit von Tanklagern immer wieder in der Diskussion

Leverkusen und umliegende Gemeinden wie Leichlingen haben derweil noch mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe zu kämpfen. In dem Gebiet an der Wupper gab es teils schwere Schäden.

Wie genau es zu dem Brand im Tanklager und der Explosion kommen konnte, ist derzeit noch unklar. Die Sicherheit von Tanklagern ist immer wieder Thema – spätestens seit dem verheerenden Brand im Tanklager Buncefield in Großbritannien im Dezember 2005. Damals war es nach der Überfüllung eines Lagertanks über eine Pipeline, bei der 300 Tonnen Benzin freigesetzt worden waren, zu einer gewaltigen Explosion gekommen. Die Folge: Eine fatale Kettenreaktion. Weitere Tanks wurden durch die Explosion beschädigt und noch mehr Benzin geriet in Brand. Die Explosion gilt als Europas größte Feuerkatastrophe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Sind seitdem Sicherheitsauflagen verschärft worden? Wie ist Deutschland im internationalen Vergleich aufgestellt? Und wer regelt die Vorschriften? Bund oder Länder? Diese Fragen beantwortet uns Christian Jochum, Unternehmensberater für das Sicherheits- und Krisenmanagement in Chemie- und Industrieparks:

„Die Kommission für Anlagensicherheit (KAS), die die Bundesregierung in Fragen der Anlagensicherheit berät, hatte Buncefield detailliert aufgearbeitet (KAS-13), damals übrigens unter meiner Leitung. Im Ergebnis ist Deutschland auf dem gleichen Niveau wie vergleichbare Industriestaaten. Es wurden daher seinerzeit keine strengeren Vorschriften vorgeschlagen, aber eine Verschärfung des Bewusstseins für diese erheblichen Risiken. Das vergleichbare Sicherheitsniveau hängt auch damit zusammen, dass grundlegende Anforderungen auf EU – Richtlinien beruhen. Diese werden im Wesentlichen in Vorschriften des Bundes umgesetzt (insbesondere Betriebssicherheits-VO, teilweise Störfall-VO). Die Umsetzung erfolgt durch die Länder. Hier gibt es durchaus Unterschiede in den Zuständigkeiten und damit in der Fachkompetenz“, sagt er.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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