3D-gedrucktes Betonhaus im Erdbebentest – wie stabil ist es?
Britische Forschende testen ein 3D-gedrucktes Haus auf einem Rütteltisch. Ziel: Erdbebensicherheit bewerten und neue Bauvorschriften vorbereiten.

Größter Rütteltisch Großbritanniens: An der Universität Bristol wurde ein 3D-gedrucktes Betonelement einem künstlich erzeugten Erdbeben ausgesetzt.
Foto: Universität Bristol
Wie gut hält ein 3D-gedrucktes Haus einem Erdbeben stand? Genau das wollten Forschende der Universität Bristol herausfinden. Sie bauten ein vollständiges Bauelement aus Beton – Schicht für Schicht gedruckt – und setzten es anschließend künstlichen Erschütterungen aus. Dafür kam der größte Rütteltisch Großbritanniens zum Einsatz.
Das Ziel: herausfinden, ob 3D-gedruckte Bauwerke den wachsenden Anforderungen in erdbebengefährdeten Regionen gerecht werden können. Denn obwohl die additive Fertigung im Bauwesen zunehmend an Bedeutung gewinnt, fehlen bislang klare Daten zur Erdbebensicherheit solcher Konstruktionen.
Inhaltsverzeichnis
Warum 3D-gedruckter Beton anders reagiert
Bei klassischen Betonkonstruktionen sind das Materialverhalten und die Belastbarkeit unter seismischer Einwirkung gut dokumentiert. Ganz anders sieht es bei 3D-gedrucktem Beton aus. Hier kommen neue Faktoren ins Spiel – etwa Schichtverbindungen, spezielle Materialeigenschaften oder ungewohnte Geometrien, die beim Schicht-für-Schicht-Aufbau entstehen.
„Dieses Experiment soll die Wissenslücke hinsichtlich der dynamischen Reaktion von 3D-gedruckten Einheiten schließen“, sagt Projektleiter Prof. Anastasios Sextos. Gemeinsam mit Dr. Raffaele De Risi leitete er die Versuche. Ziel sei es, die typischen Schwächen, Stärken und Versagensmechanismen dieser neuen Bauweise zu identifizieren.
Aufbau des Experiments
Für den Versuch fertigte das Team eine Betoneinheit im 3D-Druckverfahren an. Dabei kam ein robotergestütztes System zum Einsatz, das eine exakte Ablage des Materials ermöglichte. In das Bauteil wurden verschiedene Sensoren integriert: unter anderem Beschleunigungsmesser und Wegaufnehmer. So ließen sich selbst kleinste Bewegungen während des Tests exakt erfassen.
Anschließend kam das Bauteil auf den Rütteltisch – eine Anlage, die Vibrationen und Bodenbewegungen realer Erdbeben simulieren kann. Der Tisch trägt bis zu 50 Tonnen und kann komplexe seismische Muster nachbilden.
Die Forschenden begannen mit schwachen Erschütterungen und steigerten die Intensität schrittweise. Sie wollten genau beobachten, wie sich das Bauteil verhält, wo es Risse bildet, wie sich Verformungen ausbreiten und ob es strukturelle Schwächen zeigt.
Ziel: Richtlinien für erdbebensicheren 3D-Druck
Die gewonnenen Daten sollen helfen, das Verhalten 3D-gedruckter Bauelemente unter Erdbebenlast besser zu verstehen. Die Erkenntnisse fließen in digitale Simulationsmodelle ein, die künftig verlässliche Vorhersagen zum Verhalten solcher Konstruktionen ermöglichen sollen.
Dr. De Risi erklärt: „Die Ergebnisse werden Designparameter definieren, die die Erdbebenleistung optimieren – etwa durch bessere Schichtverbindungen oder durch gezielte Verstärkungen.“ Ziel sei es, herauszufinden, ob 3D-gedruckter Beton die aktuellen Sicherheitsstandards für erdbebengefährdete Gebiete erfüllen kann. Langfristig könnte dies in neue Bauvorschriften münden, die speziell auf additive Bauverfahren zugeschnitten sind.
Perspektiven für die Bauindustrie
Neben der Forschung hat das Projekt auch praktische Bedeutung. Denn 3D-gedruckter Beton gilt als schnell, flexibel und ressourcenschonend. Vor allem im Katastrophenschutz – etwa beim Bau von Notunterkünften – könnten damit schnell Strukturen errichtet werden, die zugleich stabil und anpassbar sind.
Auch für entlegene Regionen oder Gebiete mit häufigen Naturkatastrophen ist die Technologie interessant. Der 3D-Druck erlaubt es, Bauwerke zu errichten, die auf lokale Anforderungen zugeschnitten sind – sowohl gestalterisch als auch strukturell.
Dr. De Risi fasst zusammen: „Mit der ersten Prüfung der Erdbebensicherheit von 3D-gedrucktem Beton erforschen wir nicht nur die Zukunft des Bauwesens, sondern tragen auch dazu bei, eine sicherere, intelligentere und anpassungsfähigere gebaute Umwelt zu gestalten.“
Ein Beitrag von: