Autonome Systeme im Härtetest 07.08.2025, 10:34 Uhr

Roboter im Reaktor: So hart ist Europas gefährlichster Hackathon

Im AKW Zwentendorf testen Teams ihre Roboter unter Extrembedingungen – mit echter Strahlung und null Funkempfang.

Robotics Hackathon 2025

Ein besonderer Schwerpunkt lag bei der EnRicH 2025 auf der Zusammenarbeit von Drohnen und Robotern – so auch in der Kategorie »Search & Rescue«.

Foto: Fraunhofer FKIE/Fabian Vogl

Anfang Juli 2025 wurde das nie in Betrieb genommene Atomkraftwerk Zwentendorf bei Wien zur Kulisse für eines der forderndsten Robotik-Events Europas: den European Robotics Hackathon – kurz EnRicH. Mehr als 120 Robotikexperten aus Europa und Kanada kamen zusammen, um ihre autonomen Systeme unter extrem realitätsnahen Bedingungen zu testen.

Katastrophenszenario als Testumgebung

Was passiert, wenn es im Reaktorbereich eines Atomkraftwerks zu einer Explosion kommt? Wie sieht es im Inneren aus? Droht Einsturzgefahr? Ist Strahlung ausgetreten? Für Menschen wäre der Zugang in solchen Fällen lebensgefährlich – sie scheiden als Ersthelfer*innen aus. Nur Roboter können in diesen Situationen klären, wie es weitergeht. Doch sind heutige Systeme tatsächlich schon weit genug entwickelt, um in Echtzeit und unter Stress zu funktionieren?

Genau das ist die Leitfrage des European Robotics Hackathon (EnRicH). Forschungseinrichtungen, Universitäten, Unternehmen und Behörden testen dort regelmäßig den Stand der Technik – in einem Szenario, das jederzeit Realität werden kann. Denn trotz jahrzehntelanger Betriebserfahrung, Sicherheitsvorkehrungen und Notfallplänen sind Atomkraftwerke nie risikofrei: Die Katastrophen von Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) haben das auf dramatische Weise gezeigt.

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Unterstützung bei Rückbau und Stilllegung alter Anlagen

Doch nicht nur Super-GAUs, sondern auch die geordnete Stilllegung alter Anlagen oder der Rückbau von Zwischenlagern erfordern robotische Unterstützung. „Die Einsatzszenarien für robotische Systeme im Bereich CBRNE sind sehr real, trotzdem wird bislang erstaunlich wenig konkret in diese Richtung geforscht“, sagt Dr. Frank E. Schneider, stellvertretender Leiter der Abteilung »Kognitive Mobile Systeme« am Fraunhofer FKIE und EnRicH-Organisator.

Deshalb hat Schneider gemeinsam mit dem österreichischen Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) den Wettbewerb 2017 ins Leben gerufen. Seitdem findet er alle zwei Jahre im AKW Zwentendorf statt. Die Anlage entspricht dem gleichen Reaktortyp wie der Unglücksreaktor in Fukushima, wurde aber 1978 nach einer Volksabstimmung nie in Betrieb genommen – und ist heute ein realistisches Testlabor für den Ernstfall. General Michael Janisch, Leiter des ARWT, betont: „EnRicH ist der einzige Wettbewerb in Europa, bei dem mit echter Strahlung geübt wird. Hier zeigt sich, was die europäische Robotik im Fall der Fälle leisten kann.“

Roboter trifft Realität

Die Teilnehmenden traten mit ihren Bodenrobotern (UGVs) und Drohnen (UAVs) in drei Kategorien an: Search & Rescue, Mapping und Manipulation. Das Ziel: Strahlungsquellen finden, Umgebungen kartieren, Puppen bergen – und das in einer Umgebung, die Funkverbindungen stört und Orientierung nahezu unmöglich macht. Das stillgelegte AKW bietet meterdicke Betonwände, verwinkelte Gänge, kaum Licht und steile Treppen. GPS-Signale sind nutzlos, Funkverbindungen reißen ständig ab.

Das ARWT stellte fünf echte radioaktive Quellen zur Verfügung. Wo diese versteckt waren, wussten die Teams nicht. Jedes hatte pro Durchgang 30 Minuten Zeit, um sich in den über zwei Etagen verteilten Räumen zurechtzufinden.

Kein Durchkommen für „Nomad“

Mitten im grauen Flur steht „Nomad“. Der Roboter des polnischen Teams KoNaR leuchtet, bewegt sich aber nicht. Teamleiter Patryk Dudziński versucht mehrfach, das System neu zu starten. „Wir können den Roboter anpingen und erhalten auch eine Antwort“, erklärt er. „Doch wenn wir mehr von ihm wollen, streikt er. Das Problem ist die Kommunikation: Wir bekommen hier einfach keine stabile Funkverbindung hin.“

Ein Schicksal, das KoNaR mit vielen anderen Teams teilt. Trotz Hightech versagen viele Systeme im realitätsnahen Umfeld. Wer auf Standardlösungen vertraute, musste improvisieren – oder scheiterte. Funkwellen prallen an den Wänden ab, Signale verschwinden im Nichts.

Militär, Wissenschaft und ein Ziel: Lernen

Die Teams kamen aus unterschiedlichen Kontexten: Schulen, Universitäten, Forschungsinstitute, Industrie. Insgesamt 15 Teams waren am Start. Die Jury – bestehend aus Fachleuten für Robotik, Strahlenschutz, Militärtechnik und Cybersicherheit – bewertete nicht nur die Technologie, sondern auch Taktik, Teamwork und Problemlösungskompetenz.

„Der Wert solcher Hackathons liegt auch darin, dass sich über die Veranstaltung eine Lernkurve bei den Teams ergibt“, erklärt Thilo Behrendt von der Cyberagentur. Was in der heimischen Werkstatt funktioniert, versagt im Katastrophenszenario oft komplett. Entscheidend ist laut Behrendt, dass Teams schnell umdenken und sich flexibel auf neue Lagen einstellen können.

Auch Dr. Schneider weiß um die Herausforderung: „Die Forderung nach Kooperation von fliegenden und fahrenden Systemen und ein unbekanntes, dabei sehr großes und über zwei Ebenen verteiltes Einsatzszenario sind eine höchst anspruchsvolle Aufgabenstellung.“ Der tatsächliche Nutzen solcher hybriden Systeme müsse in der Praxis noch weiterentwickelt werden.

Nachtsitzungen und Plan B

Viele Teams arbeiteten bis spät in die Nacht an neuen Codezeilen, Steuerungen, Strategien. Besonders gefordert waren alle dort, wo UAVs und UGVs zusammenarbeiten sollten. Ein Beispiel ist das junge Team CJT-Robotics mit dem Schüler Noah Heckel aus der Nähe von Nürnberg. Trotz Erfahrung bei RoboCups war EnRicH eine neue Dimension.

„Eine stabile Verbindung zum Netzwerk herzustellen war deutlich schwieriger als gedacht“, sagt Heckel. Nach mehreren Nachtsitzungen stand das System. Die Jury würdigte die Leistung mit dem Young Scientist Award und lobte die „kreative, lösungsorientierte Herangehensweise“.

Kreativität gefragt – bei Hardware und Software

Einige Teams verließen sich nicht auf Funk, sondern griffen zu Alternativen. So nutzte das Team Husarion aus Polen Glasfaserkabel, um die Verbindung zu ihrem Roboter „Lynx“ aufrechtzuerhalten – selbst in abgelegenen Bereichen des Kraftwerks. „Ein sehr cleverer Ansatz“, lobt Schneider. Auch beim 3D-Mapping über mehrere Stockwerke hinweg überzeugten manche Teams mit neuen Ideen.

Herausfordernd war zudem der Wechsel vom Robot Operating System ROS 1 auf ROS 2. Viele Softwaremodule mussten neu entwickelt oder angepasst werden – ein Aufwand, der manche Teams in ihrer Vorbereitung stark belastete. Dennoch zeigt sich Schneider beeindruckt: „Trotz dieser zusätzlichen Hürde gab es viele innovative Lösungsansätze.“

Nächste Runde: noch realistischer, noch härter

Der EnRicH-Hackathon ist längst mehr als ein Wettbewerb – er ist ein Sicherheitslabor für den Ernstfall. Die nächste Ausgabe ist für 2027 geplant. Schon jetzt kündigt Dr. Schneider Neuerungen an: „Wir werden bewährte Bestandteile aus diesem Jahr weiterentwickeln und darauf aufbauen.“

Welche Szenarien dann auf die Teams warten, bleibt offen. Sicher ist: Wer hier bestehen will, braucht nicht nur technische Exzellenz – sondern auch Improvisationstalent und die Fähigkeit, mit dem Unerwarteten umzugehen.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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