Drohnen made in Berlin 16.10.2025, 07:09 Uhr

Bundeswehr soll mit Kamikazedrohnen in Serie

Stark Defence will tausende Kamikazedrohnen für die Bundeswehr liefern. Was hinter dem Projekt steckt – und wie KI die Kriegsführung verändert.

Kamikazedrohne

Das Rüstungsunternehmen Stark Defence will die Bundeswehr mit Kamikazedrohnen ausrüsten. Auch Drohnenabwehr ist ein Thema.

Foto: picture alliance/dpa | Friso Gentsch

Der neue Chef des Berliner Rüstungsunternehmens Stark Defence, Uwe Horstmann, will die Bundeswehr rasch mit modernen Drohnen ausstatten. „Innerhalb eines Jahres können wir tausende komplett zertifizierte Systeme mit Gefechtskopf liefern. Die Ambition ist, zehntausende Systeme zu liefern“, sagte der 39-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.

Das Ziel: Deutschland und die NATO sollen über einheitliche, serienreife Systeme verfügen, die sich schnell einsetzen und in großer Stückzahl herstellen lassen. Stark Defence hat sich auf unbemannte Systeme spezialisiert – also Roboter und Drohnen, die an Land, auf See oder in der Luft operieren können.

Erprobung läuft: Bundeswehr testet das System „Virtus“

Die Bundeswehr erprobt derzeit die Kamikazedrohne „Virtus“, die bereits im Krieg in der Ukraine eingesetzt wird. Sie gehört zur Kategorie der sogenannten Loitering Munition – also Waffen, die nach dem Start über einem Gebiet kreisen, Ziele selbstständig aufspüren und auf Befehl angreifen können.

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Diese Technik hat das Kampfgeschehen in der Ukraine deutlich verändert. Solche Drohnen sind klein, schwer zu orten und können selbst auf bewegliche Ziele präzise ansetzen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Marschflugkörpern können sie bei Bedarf den Angriff auch abbrechen und erneut ansetzen.

Virtus wurde gemeinsam mit den ukrainischen Streitkräften entwickelt. Die Drohne trägt einen fünf Kilogramm schweren Gefechtskopf und erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometern pro Stunde. Sie bleibt bis zu eine Stunde in der Luft und kann eine Reichweite von rund 100 Kilometern abdecken.

KI hilft, der Mensch entscheidet

Die Systeme stützen sich auf Künstliche Intelligenz (KI), um Flugbahnen zu optimieren und Zielinformationen zu verarbeiten. Doch den letzten Befehl gibt weiterhin ein Mensch. „Der Bediener gibt den finalen Befehl zum Angriff“, betont das Unternehmen.

Horstmann erklärt das Ziel klar: Die Bundeswehr soll über unbemannte, kosteneffiziente und softwaregetriebene Systeme verfügen, die zur Abschreckung beitragen. „Ziel für Deutschland und die Nato ist eine wirksame Abschreckung und ein Beitrag, dass Deutschland hoffentlich nie in eine Kriegssituation kommt“, sagt er.

Um das zu erreichen, müsse Europa in der Lage sein, Systeme „in Massen zu produzieren“. Horstmann: „Wir müssen in der Lage sein, in der Produktion von tausenden Systemen auf Hunderttausende zu kommen – mit einer gewissen Vorlaufzeit.“

Technologie aus Berlin: Das System „Minerva“

Stark Defence arbeitet an einer umfassenden Systemarchitektur. Das KI-gestützte Missionsführungssystem „Minerva“ soll Drohnen, Boote und Bodeneinheiten miteinander vernetzen. So lassen sich Einsätze koordinieren, bei denen mehrere unbemannte Systeme gleichzeitig agieren.

Auf einer NATO-Übung in Portugal – der Übung Repmus – präsentierte Stark Defence auch unbemannte Boote aus der Systemfamilie Vanta. Sie sollen mit Minerva verknüpft werden können. Damit wäre es erstmals möglich, dass Drohnen in der Luft, Boote auf dem Wasser und Roboter am Boden gemeinsam Missionen durchführen.

Unterstützung durch die NATO

Finanziell steht hinter Stark Defence ein starkes Netzwerk. Zu den Investor*innen gehört der NATO Innovation Fund, ein von mehr als 20 NATO-Staaten getragener Risikokapitalfonds. Dieser Fonds bescheinigt dem Berliner Unternehmen „wegweisende Lösungen“, die die Sicherheit des Bündnisses stärken.

Horstmann selbst ist Reserveoffizier. Vor seiner Zeit bei Stark Defence war er in der Start-up-Welt aktiv – unter anderem als Mitgründer von Project A, einem bekannten Risikokapitalfonds, und als Manager bei Rocket Internet. Nun soll er Stark Defence in eine Wachstumsphase führen. Dazu gehören der Ausbau der Produktionskapazitäten, die Entwicklung von Drohnen mit größerer Reichweite und neue internationale Partnerschaften.

Tempo der Innovation: kaum Zeit zum Atemholen

Horstmann beschreibt den Markt als extrem dynamisch. „Wir bekommen das Feedback, dass Virtus in der absoluten Top-Klasse mit dabei ist. Aber das bedeutet auch: Ich muss mich da quasi monatlich oder wöchentlich weiterentwickeln, sonst geht das auch ganz schnell wieder vorbei.“

Die Herausforderung besteht darin, Innovationszyklen zu verkürzen, ohne die Sicherheit aus den Augen zu verlieren. Dabei wird auch klar: Deutschland ist kein einfacher Standort für solche Tests. Denn wer Drohnen unter realistischen Bedingungen ausprobieren will, braucht Gebiete, in denen auch elektronische Störmaßnahmen simuliert werden können. Doch solche Zonen sind rar, da sie den zivilen Flugverkehr beeinträchtigen können.

Auch die Drohnenabwehr im Blick

Stark Defence arbeitet nicht nur an Angriffs-, sondern auch an Abwehrsystemen gegen Drohnen. Die öffentliche Diskussion darüber hat in den vergangenen Wochen zugenommen – wegen mehrerer Vorfälle mit Luftraumverletzungen über NATO-Gebiet.

Horstmann kündigt an, bald mehr über diese Schutzsysteme zu sagen. Nur so viel verrät er: „Das Drohnen-Spektrum ist extrem weit. Vom privaten Drohnenüberflug bis zur anfliegenden Shahed-Alternative.“ Und er ergänzt: „Ich glaube nicht, dass es rein mit Störung gehen wird, sondern ich glaube, es wird auch mit kinetischer Bekämpfung funktionieren müssen.“ Mit anderen Worten: Auch Abschuss oder mechanische Neutralisierung könnten Teil der Verteidigung werden. (mit Material der dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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