Produktion soll 2026 beginnen 19.11.2025, 07:00 Uhr

Agile Robots trainiert KI-Modell für humanoide Roboter in Bayern

Bisher hat sich der bayerische Roboterhersteller Agile Robots beim Thema humanoide Roboter zurückgehalten. Das ändert sich jetzt. Anfang 2026 soll bereits die Produktion starten.

humanoider Roboter von AgileRobots

So sollen die humanoiden Roboter von Agile Robots künftig in der eigenen Produktion eingesetzt werden. Die Produktion soll bereits Anfang 2026 beginnen.

Foto: Agile Robots SE

Vor wenigen Monaten, als ein Wettbewerber auf der Branchenmesse Automatica in München seinen neuen humanoiden Roboter vorstellte, hielten sich die Chefs von Agile Robots am Stand nebenan noch bedeckt. Doch jetzt ist es offiziell. Das Unternehmen hat einen eigenen humanoiden Roboter entwickelt und will Anfang 2026 bereits mit der Produktion beginnen. Im Fokus sollen industrielle Anwendungen stehen.

Zhaopeng Chen, CEO und Gründer von Agile Robots, zeigt sich überzeugt davon, dass die nächste industrielle Revolution durch „Physical AI“ (physische KI) geprägt wird. Dazu zählen für ihn „intelligente, autonome und flexible Roboter, die die physische Welt wahrnehmen, verstehen und darin handeln können“.  Der neue Humanoide „Agile ONE“ verkörpere diese Vision.

Feinfühliger Roboter mit Beinen, aber ohne Mund

Erste Bilder und Videos des Roboters zeigen ein durchdachtes Konzept mit feinfühligen Händen. Im Video greift der Roboter beispielsweise Schrauben und montiert Roboterarme. Einen Mund hat der Roboter nicht. Dafür wirken seine Augen freundlich. Leuchtende Ringe um die zwei Kameralinsen dienen zur visuellen Kommunikation. Die Interaktion mit dem Menschen erfolgt über Sprache. Vorne wie hinten sind zur Orientierung und Navigation mehrere Kamerasystem zu erkennen. Ein externes Kabel für die Energieversorgung ist nicht zu sehen.

Über konkrete Produktionszahlen möchten momentan weder der Gründer Zhaopeng Chen noch sein Management-Kollege Rory Sexton sprechen. Fest steht: Die Produktion soll im Raum München erfolgen, aber nicht im Agile-Robots-Werk in Kaufbeuren. Das sei dafür inzwischen zu klein. Zum Preis für den Humanoiden sagt Sextron in einer exklusiven Online-Präsentation lediglich, dass der konkurrenzfähig sein soll. Statt auf Vorbestellungen konzentriere sich das Unternehmen nun aber zunächst auf die Weiterentwicklungen zusammen mit Partnern.

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Partner Telekom: Training des KI-Modells für den Humanoiden erfolgt in Deutschland

Zhaopeng Chen kennt die Bedenken deutscher Unternehmen gegenüber chinesischen Tech-Konzernen gut. Das Unternehmen produziert in Deutschland und China. Zudem hat es zahlreiche internationale Investoren. So überrascht es nicht, dass Chen auf die Frage der VDI nachrichten zum Training der KI ohne Zögern antwortet: „Das Training des Roboter-Foundation-Modells findet hauptsächlich in München statt.“

Er verweist auf die Anfang November mit der Deutschen Telekom und Nvidia geschlossene Partnerschaft. Demnach trainiert Agile Robots das KI-Grundmodell für seine KI-gestützten Robotiklösungen ab 2026 auf der europäischen Cloud-Infrastruktur der Deutschen Telekom und von Nvidia. Genutzt werden sollen dort echte Produktionsdaten. Agile Robots sei damit Ankerkunde der neuen „Industrial AI Cloud“.

„Mit der Industrial AI Cloud können wir unser Grundmodell mit der Rechenleistung trainieren, die wir für die nächste Generation intelligenter Robotik benötigen“, verdeutlicht Chen. Denn anders als klassische Industrieroboter, die für jede neue Aufgabe aufwendig umprogrammiert werden müssten, lernten die KI-gestützten Systeme von Agile Robots durch umfangreiche Trainingsdaten. Durch die leistungsfähige Infrastruktur dauere das Training nur noch Stunden statt Wochen.

„Während viele Wettbewerber im Industriekontext ausschließlich auf synthetische oder generische Daten angewiesen sind, trainiert Agile Robots seine Modelle mit echten Daten aus eigener Produktion“, heißt es dazu vom Unternehmen. Hier kommt das Münchner Headquarter ins Spiel. Es fungiert als zentrales Forschungs- und Entwicklungszentrum. Laut Agile Robots laufen dort die Fäden des Forschungs- und Entwicklungsteams mit über 1000 Robotik- und KI-Experten zusammen.

Robuster humanoider Roboter für den industriellen Einsatz

Zu seinem humanoiden Roboter schreibt das Unternehmen: „Agile One wurde für eine Vielzahl industrieller Aufgaben konzipiert, darunter der Transport von Material, Pick-and-Place-Vorgänge, die Bedienung von Maschinen, die Nutzung von Werkzeugen sowie präzise Manipulationsaufgaben.“ Der Humanoide ergänze damit das Portfolio von KI-gesteuerten Robotiksystemen von Agile Robots.

Dazu gehören unter anderem die Agile Hand, der kraftsensitive Roboterarm FR3, der Roboterarm Diana 7 und die Thor-Serie sowie diverse autonome mobile Roboter (AMRs) und automatisierte fahrerlose Transportsysteme (AGVs). Die nahtlose Integration all dieser Systeme zu einer Gesamtlösung erfolge über die selbst entwickelte KI-gesteuerte Softwareplattform AgileCore.

„Der wahre Mehrwert für unsere Industriekunden liegt nicht in einem einzelnen intelligenten Humanoiden, sondern in einem vollständig vernetzten und intelligenten Produktionssystem“, zeigt sich Chen überzeugt. Er ergänzt: „Wir sehen Agile One als Teil einer perfekt abgestimmten Automatisierungslösung, wobei jedes System miteinander verbunden ist und voneinander lernt.“

Der Roboter Agile One wurde nach Unternehmensangaben als stabiler, flexibler, taktiler und kommunikativer Humanoid konzipiert. Zunächst konzentriert sich das Unternehmen dabei auf Anwendungen im strukturierten industriellen Umfeld. Anwendungen bei Endverbrauchern schließt weder Chen noch Sexton aus. Sicherheitsthematiken ließen sich lösen. Während das bei vielen Herstellern humanoider Roboter vernachlässigt werde, habe man in dem Bereich bereits beispielsweise durch die sensitiven Roboter der Tochter Franka Robotics viel Erfahrung.

Feinfühlige Hände und KI-Training mit realen Daten sind Differenzierungsmerkmale

Zu den wichtigsten Differenzierungsmerkmalen des Agile One zählt das Unternehmen darüber hinaus die präzisen Hände. Sie ahmen die menschliche Geschicklichkeit nach. Mit Fingerspitzensensoren und Kraft-Drehmoment-Sensoren in jedem Gelenk könne der Roboter sowohl empfindliche als auch kraftvolle Aufgaben mit unvergleichlicher Präzision und Anpassungsfähigkeit meistern.

Als eines der wesentlichen Differenzierungsmerkmale zu anderen Humanoiden Robotern  sieht Agile Robots die feinfühligen Hände.<br />Foto: Agile Robots SE

Als eines der wesentlichen Differenzierungsmerkmale zu anderen humanoiden Robotern  sieht Agile Robots die feinfühligen Hände.

Foto: Agile Robots SE

Auch das KI-Training auf Basis realer Daten heben die Münchener hervor: „Das KI-Modell von Agile Robots basiert auf einem der größten industriellen Datensätze Europas sowie auf simulierten und menschlich erfassten Daten.“ Dadurch werde die Fähigkeit des Humanoiden gestärkt, komplexe Aufgaben in realen Arbeitsumgebungen zu bewältigen.

Darüber hinaus verfolge Agile Robots mit seiner umfassende KI-Architektur einen innovativen Ansatz für humanoide Intelligenz. Dafür hat das Unternehmen eine mehrschichtigen KI-Architektur aufgebaut. Jede Schicht ist dabei auf eine spezifische Ebene von Kognition und Steuerung spezialisiert. Dazu zählen strategisches Denken und Aufgabenplanung, schnelle Reaktionsfähigkeit und feinmotorische Präzision. Damit soll der Roboter hochgradig anpassungsfähig sein und kognitive Tiefe mit taktilem Feingefühl vereinen.

Agile-Robots-Gründer Chen zur Regulierung in Deutschland

Obwohl derzeit wohl kein Land so experimentierfreudig in der Entwicklung humanoider Roboter ist wie China, fokussiert sich das Unternehmen auf die Entwicklung im verhältnismäßig stark regulierten Deutschland. Dabei hat Agile Robots auch einen  Produktionsstandort in China. Chen sagt dazu. „Wir konzentrieren uns derzeit auf das, was wir tun können.“ Der Bereich wachse schnell. Er habe bezüglich des Standortes bis jetzt nicht viele Bedenken. Trotzdem merkt er an: „Aber es wäre besser, wenn wir tatsächlich ein viel freundlicheres Umfeld hätten.“

Ein Beitrag von:

  • Martin Ciupek

    Martin Ciupek ist Ingenieur und Technikjournalist mit den Schwerpunkten Maschinenbau, Robotik und Automatisierungstechnik.

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